Die Ampel ist kaputt. Der Schritt wurde von der FDP akribisch geplant – obwohl sie das zuvor energisch abgestritten hatte. Übrig bleiben SPD und Grüne, deren „Fressen“ Christian Lindner nicht mehr sehen kann. Was bedeutet das für das politische Miteinander und letztlich auch die Bundestagswahl 2025?
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Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Bruno Hönel erklärt, wie er den Zwist mit der FDP und die Chancen auf ein politisches Miteinander wahrnimmt.
Grünen-Politiker: „Mit politischer Verantwortung zockt man nicht“
Unsere Redaktion trifft Bruno Hönel auf dem Grünen-Parteitag. Der 28-Jährige erzählt, was ihm dabei besonders wichtig ist. „Wir haben einen Antrag, da geht es um soziale Gerechtigkeit, auch Verteilungsgerechtigkeit. Also darum, wie wir die Vermögensungleichheit in Deutschland bekämpfen können.“ Das ist für Hönel, der mit Steuerpolitik und Haushaltspolitik befasst ist, ein wichtiges Thema.
„Es geht auch darum, die Schuldenbremse zu reformieren, also mehr Investitionen zu ermöglichen.“ Außerdem möchte er „die große Breite an Menschen auch steuerlich deutlich entlasten und dafür die Superreichen stärker in die Verantwortung nehmen.“ Diese Forderungen waren in der Ampel vor allem mit der FDP nicht umzusetzen. Am Streit um die Investitionen zerbrach die Ampel schließlich.
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Die „ZEIT“ schockierte am Abend des ersten Tages der Grünen-Delegiertenkonferenz mit einem Enthüllungsbericht über das Taktieren der FDP. Diese habe nicht nur das Scheitern der Ampel kalkuliert, sondern es mit mehreren Treffen, einem Zeitstrahl und einer PowerPoint-Präsentation geplant.
Hönels Meinung dazu ist klar: „Ich finde das bestürzend. Mit staatspolitischer Verantwortung zockt man einfach nicht. Hier schien es ja so zu sein, dass die Interessen des Landes, auch in so einer herausfordernden Zeit, aus parteipolitischen Gründen hinten angestellt wurden. Das deckt sich überhaupt nicht mit dem Anspruch, den ich an Politik habe.“
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Bittere Vorwürfe gegen Christian Lindner
„Im Grunde wurde damit bewiesen, dass Christian Lindner der Öffentlichkeit immer wieder ins Gesicht gelogen hat. Die FDP hat gesagt, sie wollen diese Koalition nicht verlassen, sondern nur die Wirtschaft ankurbeln. Humbug. Wir konnten jetzt lesen, was Sache ist und wie diskutiert wurde. Von wegen, man könne unsere Fressen nicht mehr sehen. Lindner hat sich jetzt, wie 2017, wieder aus der Verantwortung gestohlen. Dieser Mann und diese Partei sind nicht bereit, Verantwortung in Deutschland zu tragen.“
Nicht nur die Grünen sind bestürzt über die Rhetorik der FDP rund um ihren Ampel-Ausstieg. Dieser lief unter dem Stichwort „D-Day“ – so wie der Tag, an dem die Alliierten in der Normandie landeten, um das Nazi-Regime zu stürzen. Was sagt der Grüne Hönel dazu?
Grüne und SPD im Nazi-Vergleich
„Das ist so grotesk, dass man es schon fast nicht mehr ernst nehmen kann. Ich will der FDP wirklich nicht unterstellen, dass sie so einen Nazi-Vergleich da wirklich bewusst intendiert, so habe ich sie auch in der Zusammenarbeit nicht erlebt. Das zeigt aber schon, dass da eben auch kein Gefühl dafür ist, was Sprache macht.“
Trotz, oder gerade wegen des Ampelbruchs, sind die Grünen motiviert für den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025. Würde Hönel nach dem Ampel-Desaster nochmal mit der FDP in Koalitionsverhandlungen gehen?
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„Ich bin überhaupt nicht dafür, Gespräche mit demokratischen Parteien auszuschließen. Dann kriegt man keine stabilen Verhältnisse, und es wird umso schwieriger, demokratische Mehrheiten zu bilden. Aber ich kann aus voller Überzeugung sagen: Nach der Ampel wünscht sich wirklich niemand eine erneute Koalition von FDP und Grünen.“