Harter Tobak bei „Hart aber fair“ in der ARD! In der Talkrunde wurde am Montagabend über das Thema „Abgehängt und unverstanden: Wie tief ist die Kluft zwischen Stadt und Land?“ gesprochen. Werde Politik nur für Städter gemacht? Moderator Frank Plasberg hatte dazu unter anderem Jamila Schäfer, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen, geladen.
„Hart aber fair“ (ARD): Die Grünen haben die Menschen auf dem Dorf nicht abgeholt
Ein Gast bei „Hart aber fair“ ist Marco Scheel, gebürtig kommt er von der Insel Rügen, hat in Berlin sein Studium zum Wirtschaftsingenieur abgeschlossen und will nun im 400-Seelen-Dorf Züsow in Mecklenburg-Vorpommern in einer alten Scheune ein Start-up gründen, das Wolle neu verarbeitet. Aus dem Rohstoff sollen Schuhe entstehen.
Doch vor welch einem Bürokratie-Wahnsinn aus DDR-Zeiten er steht, verdeutlicht ein Einspieler vom NDR. Sein Dorf sei im Außenbereich angesiedelt und da gebe es nun mal keine Baugenehmigung. Die Vorschriften, um ein Unternehmen aufzubauen, seien immens. Den Wahnsinn macht er in einem Beispiel deutlich: Es gebe in den alten Bundesländern Garagen, die für Trabis ausgelegt wurden. Nun gibt es aber das kultige DDR-Auto nicht mehr, dort soll dann ein Golf parken, der breiter ist. Doch die Erlaubnis, die Garage zehn Zentimeter breiter zu bauen, gebe es schlichtweg nicht.
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„Hart aber fair“ – das sind die Gäste:
- Juli Zeh – Bestsellerautorin „Über Menschen“, „Unter Leuten“
- Simon Pearce – Schauspieler und Comedian
- Marco Scheel, Unternehmer aus Mecklenburg-Vorpommern
- Jamila Schäfer, stellv. Bundesvorsitzende Bündnis 90/ Die Grünen
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Er wird wütend: „Wir können nicht alle mit einem Macbook und einem Chai-Latte im Co-Working-Space in Berlin sitzen und die zehnte Dating-App erfinden. Es gibt auch ein paar Leute, die irgendwas anfassen müssen und sich die Hände schmutzig machen. Ansonsten geht’s halt nicht!“
Auch wird unter anderem mit der Politik der grünen Partei in der Talkrunde hart ins Gericht gegangen. Diese habe im Wahltag den ländlichen Raum nicht mitgenommen. Das sagte auch schon der Grünen-Politiker Cem Özdemir. Dem kann die stellvertretende Bundesvorsitzende Schäfer im Großen und Ganzen nur zustimmen. „Je weiter man vom Stadtkern entfernt ist, desto größer werden leider auch die Ängste“, gibt sie zu.
Scheel sei auf Rügen selbst Mitglied bei der grünen Jugend gewesen. Heute sagt er frei heraus: Die Ideen haben „keinen Wert fürs Land.“ Das Lastenfahrrad beispielsweise, womit die Grünen für die Verkehrswende warben, sei eine „typisch urbane Idee“. Denn bei ihm auf dem Land gebe es Kopfsteinpflaster, sagt er lachend. „Da würde alles durchgeschüttelt werden“, sagt er spöttisch.
Und zieht eine bittere Bilanz: In seiner Gemeindevertretung gebe es niemanden, der Mitglied der Grünen sei. „Ich lehne mich jetzt sogar so weit aus dem Fenster und sage: „Niemand sympathisiert mit den Grünen.“ „Im Gegenteil: Die haben Angst“, grätscht Buchautorin Juli Zeh dazwischen.
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Auch Comedian Simon Pearce stimmt ihm da zu: „Meine Eltern auf dem Dorf finden das Lastenfahrrad auch lächerlich. Das sind dann die einzigen Programmpunkte, die hängen bleiben.“
Scheel findet die Entwicklung selbst „super schade, weil es nicht mit dem Inhalt zu tun hat, sondern weil es um Vokabular geht, das auf Unverständnis trifft.“ Damit deutet er jedoch nicht die Semantik an, sondern dass kein Verständnis für Diskussionen da sei, wie beispielsweise übers Gendern zu sprechen. Ob es nun Fußgänger oder Fußgehende heißen müsste.
Autorin Juli Zeh spricht Probleme zwischen Stadt und Land an
Juli Zeh wohnt selbst auf dem Land und skizzierte 2016 in ihrem Roman „Unter Leuten“ in der gleichnamigen fiktiven Gemeinde in Brandenburg jene gesellschaftlichen Probleme, die Bewohner eines Dorfes spalten und was passieren kann, wenn plötzlich Windräder an dem Grundstücksrändern gebaut werden sollen. In der kompletten Sendung von „Hart aber fair“, die du in der ARD-Mediathek hier anschauen kannst, erfährst du, was sie zu der Spaltung der Stadtbevölkerung und den Dorfbewohnern sagt. (js)