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Israel, Iran und Libanon: „Es ist vielleicht der letzte Versuch, die Eskalation noch zu verhindern“

Israel, Iran und Libanon rücken immer näher an eine Eskalation. Vermittlungsversuche laufen auf Hochtouren, doch die Skepsis bleibt groß.

Nach neuen Angriffen in Gaza wächst die Angst vor einer großflächigen Eskalation im Nahen Osten. Experten sehen wenig Hoffnung auf Frieden.
© IMAGO/UPI Photo

Gallant: Israel könnte Libanon in "Steinzeit" versetzen

Israel will nach Angaben von Verteidigungsminister Yoav Gallant keinen Krieg im Libanon. Die Hisbollah wisse allerdings sehr gut, "dass wir im Libanon massiven Schaden anrichten können, wenn ein Krieg ausbricht", fuhr er fort. Die israelische Armee könnte das Nachbarland "in die Steinzeit zurückversetzen, aber wir wollen das nicht".

Die Lage im Nahen Osten spitzt sich zu. Unlängst ist neben Israel und Iran auch der Libanon in den Konflikt verwickelt. Die Fronten zwischen Israel, Hamas und Hisbollah verhärten sich. Es ist mit einer weiteren Eskalation zwischen den Parteien zu rechnen, die auch für die Menschen im Libanon bedrohlich wird.

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Das erklärte Markus Schneider, Leiter des Regionalprojekts für Frieden und Sicherheit im Mittleren Osten der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung am Samstagmorgen (10. August) im Deutschlandfunk.

Der Nahost-Konflikt spitzt sich zu

Bis vor Kurzem hat Schneider noch in Beirut gelebt. Die meisten Deutschen haben den Libanon mittlerweile verlassen, die Libanesen verlassen die größeren Städte und die Grenze zu Israel und ziehen sich in die Berge zurück. Man bereitet sich vor. Schneider warnt davor, dass eine weitere Eskalation bevorsteht. „Die meisten Experten und die meisten Regierungen stellen sich darauf ein, dass etwas kommt. Die Frage ist eben, ob das heute geschieht, morgen oder in zwei Wochen.“

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Am Samstagmorgen hatte Israel eine Schule in Gaza bombardiert. „Nichts Neues“, kommentiert Schneider. Laut Informationen des israelischen Militärs habe es sich dabei um einen Unterschlupf der Hamas gehandelt. Laut den Aussagen aus Gaza wäre die Schule zum Zufluchtsort für durch den Krieg Wohnungslose geworden. Etwa 100 Menschen sollen dabei verbrannt sein. Diese Informationen lassen sich nicht unabhängig prüfen, tragen aber dazu bei, dass sich die Situation zwischen Israel, Iran und auch Libanon verschärft.

Auch das ist nicht neu. Schneider erklärt: „Wir erleben, dass eigentlich alle Kräfte in der Region an der Eskalationsspirale fleißig mitdrehen. Die Situation in Gaza ist eben indiskutabel. Wir erleben da teilweise auch Kriegsverbrechen.“ Das trage nicht dazu bei, dass sich die Lage entspanne.

Der Schlüssel zur Deeskalation und für friedliche Verhandlungen sei dabei Gaza: „Ein Waffenstillstand in Gaza würde alle anderen Fronten beruhigen und auch an der israelisch-libanesischen Grenze für mehr Ruhe sorgen.“ Das sei aus dem Iran und von dem libanesischen Hisbollah-Führer Nasrallah so ausgedrückt worden. Die USA, Ägypten und auch Katar arbeiten momentan mit Hochdruck an einer friedlichen Lösung des Konflikts.

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Israel, Iran und Libanon: „Letzter Versuch“

Schneider kommentiert: „Am 15.08. wollen sich alle Parteien treffen. Ich glaube aber trotzdem, dass man skeptisch sein muss, denn das Problem ist, dass die Hamas mit Yahya Sinwar jemanden am Ruder hat, der ein Extremist erster Güte ist und der da sehr weitgehende Forderungen stellt, die eigentlich für Israel indiskutabel sind. Auf der anderen Seite haben wir in Israel mit Netanjahu auch jemanden, der, das muss man auch sehen, jede diplomatische Lösung hintertreibt. Also von daher bin ich leider etwas skeptisch, dass das gelingt.“


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Schneider hofft, dass zumindest bis zum Verhandlungstermin der Parteien am 15.08. keine weitere Eskalation geschehe. Die Amerikaner, die maßgeblich als Vermittler eingreifen wollen, nennt er „Zweckoptimisten“. „Es ist vielleicht der letzte Versuch, diese große Eskalation noch zu verhindern. Dieser Zweckoptimismus ist auch bei den moderaten Arabern vorhanden“, Schneider glaube aber, es seien alle sehr realistisch, dass die Chance, dass es zu einem langfristigen Waffenstillstand kommt, gering ist.