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Parteichefs kürzen sich selbst das Gehalt – und machen damit alles richtig

Sie kürzen sich selbst freiwillig die Hälfte des Gehalts: Die neuen Chef der Linkspartei. Und das ist ziemlich clever! Ein Kommentar.

Weniger Gehalt für die Chefs der Linkspartei
© IMAGO/Mike Schmidt

Unter Deutschen: Brutto-Netto-Vergleich zwischen Deutschland und der Türkei

In dieser Folge von Unter Deutschen erklärt Chefreporter Metin Gülmen, ob man in Deutschland oder der Türkei netto mehr Geld im Portemonnaie hat.

Keine Frage: Spitzenpolitiker in Berlin zu sein, ist ein stressiger Job. Gremiums-Sitzungen, TV-Interviews, Umfrage-Druck, Hasskommentare im Netz… Und dann erst der kommende Bundestagswahlkampf mit einem Termin-Marathon durch ganz Deutschland. Hätte man da nicht ein hohes Gehalt verdient? Ein Kommentar.

+++ Auch interessant: Nächster Linke-Chef van Aken im Interview – Wähler sagten: „Bei Asyl habt ihr ’ne Meise“ +++

Eine Aufwandsentschädigung für Vorstandsposten gibt es in allen großen Parteien. Bei der SPD erhalten die Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil beispielsweise 9.000 Euro brutto – zusätzlich zu ihren Einkommen als Bundestagsabgeordnete (das gefällt nicht allen an der Basis – hier mehr)!

Linke kürzen sich das Einkommen: Das Sein bestimmt das Bewusstsein

Den neuen Linken-Chefs Ines Schwerdtner und Jan van Aken würden laut Satzung ihrer Partei eine ähnlich hohe Aufwandsentschädigung zustehen: 8.162,50 Euro brutto. Doch sie kürzen ihr Gehalt freiwillig. Netto wollen sie nur 2.850 Euro ausgezahlt bekommen. So hoch ist das durchschnittliche Gehalt in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt. Zusatzeinnahmen als Abgeordnete haben sie nicht.

Ist das billige Wähleranbiederung? Zunächst mal ist es clever: Der Partei, die um 3 Prozent in den Umfragen steht, sind Schlagzeilen sicher – wie auch dieser Kommentar. Ein erstes Ausrufezeichen des neuen Spitzen-Duos. Darüber hinaus steckt hinter der Aktion durchaus eine linke Logik.

Das Sein bestimmt das Bewusstsein – davon geht man in der Weltanschauung des Marxismus aus. Mit anderen Worten: Wenn du Gutverdiener bist, tickst du anders als jemand, der für Mindestlohn arbeitet. Der Perspektive verändert sich. Jan van Aken drückt es so aus: „Wir sind der Überzeugung, dass abgehobene Gehälter auch zu einer abgehobenen Politik führen.“

Alles über die 2.850 Euro netto hinaus wollen die Parteichefs darum in einen Solidaritätsfonds spenden. Damit folgt die neue Führung der Linkspartei dem Vorbild der österreichischen KPÖ. Vor allem aber könnten Schwerdtner und van Aken damit Pluspunkte sammeln in ihrem Stammklientel.

Berliner Polit-Blase: Eigentlich egal, wie hoch die Preise im Supermarkt sind

Bürgergeld-Bezieher, Armutsrentner, Geringverdiener – van Aken und Schwerdtner wollen für diese Menschen nahbar bleiben. Dazu passt auch, dass Schwerdtner in der Parteizentrale Sozialsprechstunden für Anliegen der kleinen Leute anbieten will.


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Wird das reichen, um ausreichend viele Menschen, die in prekären Lebenslagen gefangen sind, wieder als Wähler für die Linkspartei zu gewinnen? Ungewiss. Klar ist jedenfalls: Die neuen Parteichefs werden authentischer als andere Spitzenpolitiker der Berliner Blase die Sorgen von normalen Leuten nachempfinden können. Beispielsweise, dass die Höhe der Preise im Supermarkt nicht belanglos ist.

Damit wendet sich die Linken-Spitze auch gegen Konkurrentin Sahra Wagenknecht, der van Aken im Interview mit dieser Redaktion unterstellte, in einer „Millionärsblase“ zu leben.