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Fehlstart als Kanzlerkandidat: Wenn Merz so weitermacht, kann das nur schiefgehen

Es läuft nicht rund für Kanzlerkandidat Friedrich Merz. In den ersten Wochen in seiner neuen Rolle gab es schon einige Flops.

Kanzlerkandidatur-Fehlstart von Friedrich Merz.
© IMAGO/Revierfoto

Scholz nennt Merz eine "Mimose"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) vorgeworfen, auszuteilen, aber nicht einzustecken. Er sei eine "Mimose", sagte Scholz im Bundestag.

Jetzt ist er (fast) am Ziel angekommen: Friedrich Merz ist Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Doch so richtig rund läuft sein Vor-Wahlkampf noch nicht, es gibt direkt einige Flops. Mittlerweile kann man sogar von einem Fehlstart sprechen. Der macht sich nun auch in frischen Umfragen schon etwas bemerkbar.

+++ Interessant: Annäherung an Merkel? Diese Szene wird Merz noch auf die Füße fallen +++

In frischen Umfragen geht es leicht bergab für Merz und die CDU

Im jüngsten ZDF-Politbarometer ging es für CDU/CSU zwei Prozentpunkte nach unten (31 Prozent), während die SPD immerhin einen Prozentpunkt auf nun 16 Prozent aufholen konnte. Obwohl die Ampel momentan in ihrer tiefsten Krise steckt, wünschen sich weiterhin 37 Prozent der Befragten Olaf Scholz als Kanzler, Merz kommt mit 43 Prozent nur auf ein wenig mehr Zustimmung.

Im neuen RTL/ntv-Trendbarometer von Forsa bestätigt sich dieser Trend. Die SPD steigt hier auf 17 Prozent (+2), die Union fällt auf 31 Prozent (-1). Bei der Kanzlerpräferenz gewinnt der SPD-Amtsinhaber gegenüber der Vorwoche zwei Prozentpunkte hinzu, während Merz einen Punkt einbüßt. Der CDU-Politiker führt damit nur noch hauchdünn mit 27 zu 26 Prozent. Die Verkündung der Kanzlerkandidatur des Sauerländers sorgt nicht für ein Umfrage-Hoch der Union – im Gegenteil. Viele wollen weder Merz, noch Scholz.

1. Flop: Prompt die Wahlpleite in Brandenburg

Schauen wir uns nun die Flops für Merz in den vergangenen Tagen und Wochen an. Es beginnt mit der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September. Noch im Sommer sieht es so aus, als könnte die CDU erstmals seit 1990 den Ministerpräsidenten in Brandenburg stellen. Doch SPD-Mann Dietmar Woidke zieht dann doch mit einem Anti-AfD-Wahlkampf davon und gewinnt mit 30,9 Prozent. Die Union kommt auf lediglich 12,1 Prozent, ist nun die kleinste Fraktion im Landtag. Es ist das drittschlechteste Ergebnis der CDU bei einer Landtagswahl aller Zeiten – ein herber Dämpfer für Merz.

2. Flop: „Kinderbuchautor“ Habeck

Eine Attacke bei einer Rede auf dem Parteitag der NRW-CDU gegen Robert Habeck wird zum Eigentor. Merz sagt, dass er als Jurist und auch Habeck als „Kinderbuchautor“ keine Ahnung von Forschung hätten. Doch ist Habeck „nur“ ein Autor von Kinderbüchern? Anders als der Unions-Kanzlerkandidat kann der Grüne schon jahrelange Regierungserfahrung in Schleswig-Holstein und in der Bundesregierung vorweisen, ist Vizekanzler, hat einen Doktortitel und hat zahlreiche Romane zusammen mit seiner Frau verfasst. Ihn als „Kinderbuchautor“ klein zu machen, ist ein beliebter rhetorischer Trick auch von Rechten (hier mehr dazu: Kinderbuchautor Habeck: Warum das richtig ist – aber trotzdem eine Beleidigung).

3. Flop: Als Mann habe Merz „ein anderes Selbstbewusstsein“

Bei Frauen hat es Merz sowieso schon schwerer – mit einer neuen Aussage hat er seine Chancen bei Wählerinnen nicht gerade verbessert. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ spricht Merz über eine Taxi-Fahrt von Ricarda Lang nach ihrer Hochzeitsfeier. Auf Aufnahmen war zu sehen, dass sie in ein Auto mit einem Fahrer mit Palästinensertuch gestiegen war. Ob er das auch machen würde, fragt die „BamS“ – und Merz vergaloppiert sich völlig. „Als Mann wahrscheinlich ja, als Frau wahrscheinlich nicht.“ Schließlich habe er als Mann „ein anderes Selbstbewusstsein“ und könne „vielleicht einen anderen Respekt in Anspruch“ nehmen.

Ähnlich wie beim „Kinderbuchautor“ sorgt Merz mit diesem Zitat für Wirbel bei den Grünen und darüber hinaus. Ricarda Lang zeigt sich ziemlich irritiert: „Ich habe das notwendige Selbstbewusstsein, um in ein Taxi zu steigen.“ Auch wenn es Merz überraschen mag, so die Noch-Parteichefin der Grünen: „Frauen können sich ganz gut Respekt verschaffen. Willkommen im 21. Jahrhundert!“

4. Flop: Söder macht Ansage aus München

Welche Machtoptionen hat Friedrich Merz bei einem Wahlsieg 2025? Offenbar nur noch Schwarz-Rot oder eine Deutschland-Koalition mit SPD und FDP, will er nicht mit AfD oder BSW ein Bündnis eingehen.

Markus Söder macht nach der Kanzlerkandidaten-Kür direkt klar, dass er weiter von München aus den Kurs der Union bestimmen will. Schwarz-Grün? Wird es mit seiner CSU „nicht geben“, so Söder. Damit schränkt er die Optionen von Merz und auch seinen Verhandlungsspielraum in Koalitionsgesprächen mit der SPD erheblich ein (mehr dazu hier: Grüne werden schwärzer – Söder sabotiert trotzdem weiter den Merz-Wahlkampf!)

5. Flop: Merz will mehr Respekt für Besserverdiener

Im Interview mit der „Bild am Sonntag“ fordert Friedrich Merz am 29. September, dass es eine andere Mentalität in Deutschland brauche. Er fordert mehr Respekt für Besserverdiener: „Wirtschaftlicher Erfolg gehört dazu, den darf man auch – man muss nicht protzen – zeigen.“

Die „Bild“ selber hinterfragt diese Merz-These kurz darauf kritisch. Eine junge Bäckerei-Verkäuferin reagiert in einem Artikel so darauf: „Ich stehe häufig um 4.30 Uhr auf und finde, dass man in meinem Beruf in der Bäckerei mehr Respekt zollen sollte. Viele Menschen begegnen uns nicht gerade mit Respekt, darüber sollten sich Politiker gerne mal Gedanken machen – und nicht um die Besserverdienenden.“ Eine Rentnerin wirft Merz in dem Artikel vor, „realitätsfremd“ zu sprechen. Die kleinen Leute würden auf der Strecke bleiben und vergessen werden – nicht die Besserverdienenden.


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Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund greift das Thema umgehend auf. Alle Beschäftigten, die fleißig arbeiten, würden Respekt verdienen, meint der DBG. Nicht nur die Top-Verdiener.

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Somit liefert Friedrich Merz prompt so einige Steilvorlagen für die politische Konkurrenz. Geht das so munter weiter, könnte das dazu führen, dass Grüne und SPD ihre Wählerschaft besser mobilisieren können – vor allem das Milieu, das sowieso schon Vorbehalte gegenüber Merz pflegt.

Zwar ist der Umfrage-Vorsprung der Union noch komfortabel, allzu sicher sollte man sich im Konrad-Adenauer-Haus aber noch nicht sein, dass das Kanzleramt wieder von der Union zurückerobert wird.