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Palästina-Trikot sorgt für Eklat: Fünftklässler leidet unter „Angststörung“

Ein Junge wird anscheinend gezwungen, sein Palästina-Trikot vor der Klasse auszuziehen. Die Situation eskaliert, der Lehrer wird angezeigt.

Palästina-Eklat an einer Schule in Remscheid.
© FUNKE Foto Services

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Der Krieg in Israel, die Massenflucht und das Leid der Zivilbevölkerung treibt auch in Deutschland viele emotional um. An der Albert-Schweitzer-Realschule in Remscheid kommt es jetzt zu einem Eklat. Leidtragender ist ein zehnjähriger Junge. Von seinem Palästina-Trikot soll sich ein Lehrer derart provoziert gefühlt haben, dass er den Fünftklässler vor versammelter Klasse verbal angreift. Die Familie wendet sich an Anwalt Yalçın Tekinoğlu, inzwischen wurde Anzeige erstattet.

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Der Vorfall ereignete sich am 19. September: Ein zehnjähriger Realschüler, seines Zeichens leidenschaftlicher Trikot-Sammler, geht mit einem Fußballtrikot der palästinensischen Nationalmannschaft zum Unterricht an der Albert-Schweitzer-Schule in Remscheid. Das Trikot trägt die Aufschrift „Free Palestine“. Der Tag läuft wie immer ab – bis zur fünften Stunde.

„Der betroffene Lehrer unterrichtet Nebenfächer. Als er das Kind mit dem Trikot gesehen hat, ist er nach Auskunft des Kindes und auch nach Auskunft mehrerer Mitschüler ausgeflippt und hat das Kind angeschrien. Dabei soll er gesagt haben, dass das Tragen des Fußballtrikots deutschlandweit verboten sei“, schildert Rechtsanwalt Tekinoğlu die Situation im Interview mit unserer Redaktion. Die Familie hat uns gebeten, in Kontakt mit dem Anwalt zu treten, da ihr die Situation „über den Kopf wächst“.

Streit um Palästina-Trikot könnte zu Strafanzeige führen

Der Lehrer soll den Schüler aufgefordert haben, sein Palästina-Trikot auszuziehen. Dass der Fünftklässler darunter nackt gewesen sei, habe ihn nicht interessiert. „Es ist mir scheiß egal, ob du dann nackt oder halb-nackt im Unterricht sitzt“, soll er gesagt haben. Mitschüler sollen dem Jungen eine Strickjacke geliehen haben, welche er unter Tränen über das Trikot gezogen haben soll. Der Ausruf „Free Palestine“ ist in Deutschland weder verboten noch strafbar. Alle Familienmitglieder seien deutsche Staatsbürger, einen Palästina-Hintergrund gebe es nicht. Das Trikot sei ein Geschenk gewesen.


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Das Kind soll derart verängstigt gewesen sein, dass es seiner Mutter nichts von dem Vorfall erzählte. Die Mutter eines Mitschülers habe sie aufgeklärt. Da weder seitens der Schulleitung noch des Lehrers ein klärendes Gespräch gesucht worden sein soll, wandte sich die Mutter an Yalçın Tekinoğlu. Auch auf das Schreiben des Anwalts gab es bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Rückmeldung. Inzwischen hat die Bezirksregierung in Düsseldorf das Verfahren übernommen.

„Der Vorwurf, der im Raum steht, ist, dass der Lehrer zu dem Kind gesagt haben soll, dass wenn er ein solches Trikot trägt, er ein Antisemit ist. Das könnte eine Beleidigung darstellen. Das könnte, sofern man davon ausgeht, dass etwas Antisemitisches etwas Strafbares darstellt, eine falsche Verdächtigung darstellen. Die Aufforderung, sich nackt auszuziehen, könnte eine Nötigung darstellen. Sie könnte vielleicht sogar eine Misshandlung von Schutzbefohlenen darstellen. Aus diesen Gründen prüfen wir, ob wir eine Strafanzeige stellen.“

Yalçın Tekinoğlu im Interview mit unserer Redaktion

Auch wir haben um eine Stellungnahme der Schule gebeten, bis zur genannten Frist am Montagmorgen (30. September) erhielten wir jedoch keine Rückmeldung. Die Bezirksregierung Düsseldorf ließ uns folgendes Statement zukommen: „Die Bezirksregierung Düsseldorf nimmt die Vorwürfe ernst. Gemeinsam mit der Schulleitung arbeitet sie zurzeit an der umfassenden Aufklärung des Sachverhalts. Erst nach dem Ende dieser Prüfung kann darüber entschieden werden, ob und wenn ja welche Maßnahmen zum Wohl aller Beteiligten ergriffen werden müssen“.

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Etwaige Maßnahmen erhofft sich vor allem die Familie des betroffenen Kindes, denn dem Jungen gehe es „gar nicht gut“. Die Kinderärztin habe „eine Belastungsreaktion und Angststörungen festgestellt“, so Tekinoğlu. Man habe die Schule darum gebeten, dass der Lehrer die betroffene Klasse bis zur Klärung des Falls nicht mehr unterrichten darf. Ansonsten sehe man eine Gefahr für das betroffene Kind, aber auch für die Klassenkameraden, welche der Vorfall ebenfalls verängstigt haben soll. Nach Angaben des Rechtsanwalts war dieses Bestreben erfolgreich – bestätigen wollte uns die Bezirksregierung dies jedoch nicht.

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Auf den Lehrer könnten nach Auskunft des Anwalts, sofern er verbeamtet ist, disziplinarische Maßnahmen zukommen. Auch eine Versetzung in den Innendienst bis hin zu Gehaltskürzungen ist denkbar. Ohne Beamtenstatus wäre auch eine Kündigung nicht ausgeschlossen.