Nina Poppel ist freie Journalistin und berichtet über Politik. Das tut sie meistens auf Social Media – auf Instagram und TikTok verfolgen über 300.000 Follower ihre Videos. In diesen erklärt Poppel Innen- und Außenpolitik, Feminismus und manchmal lässt sie in ihren Videos auch Experten zu Wort kommen. Man könnte sagen, sie ist Politik-Influencerin, eine Person, deren Inhalte viele Menschen regelmäßig konsumieren. Sie weiß auch, wie die AfD ihre Chance im Netz nutzt – und was andere Parteien falsch machen.
Mit ihren Zuschauer-Zahlen macht „Nini erklärt Politik“, wie sie sich im Netz nennt, so mancher Zeitung Konkurrenz. Tatsächlich sind die Zahlen der verkauften Tageszeitungen laut Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger in Deutschland von 1991 bis 2023 über die Hälfte gesunken. Unsere Redaktion will von Nina Poppel wissen, wie sich Menschen auf den sozialen Netzwerken informieren und warum.
TikTok statt Tageszeitung?
Frau Poppel, die Zahlen der Printmedien gehen seit Jahren zurück. Nehmen Sie eine Verschiebung des Medienkonsums in die sozialen Netzwerke wahr?
„Auf jeden Fall! Auch, wenn ich mich recht klassisch informiere und zumindest Artikel auf den Seiten direkt lese und nicht die Zusammenfassungen auf Instagram oder Nachrichtensendungen in den Mediatheken anschaue statt auf YouTube. Ich muss allerdings natürlich durch meinen Job sehr informiert sein. Ich glaube schon, dass vielen Menschen auch kurze Nachrichtenposts in den sozialen Netzwerken reichen. So beobachte ich es auch im Freundeskreis. Ich selbst hatte noch nie eine Tageszeitung im Abo, zu unpraktisch, da ich die letzten Jahre viel unterwegs war. Über ein Wochenmagazin-Abo hinaus ist es nicht gekommen. Und ich kenne auch leider niemanden in meinem Umfeld mit einem Zeitungsabo, zumindest nicht in gedruckter Form.“
Sie informieren auf Social Media über das Politische Geschehen. Wie kamen Sie dazu? Welche Lücke füllen Sie damit?
„Während meines Masters an der Uni Stuttgart in, wie könnte es anders sein: Politikwissenschaft, hat ein Professor mich dermaßen angefixt, als er uns erklärt hat, wie ‚Demokratien sterben‘ können. Das war Anfang 2020 und Donald Trump war noch Präsident in den USA, die Corona-Krise ging gerade los und Fake News hatten Hochkonjunktur. Da ich selbst auch im näheren Umfeld Menschen hatte, die Verschwörungstheorien aufgelaufen sind, dachte ich, dass ich einen Beitrag leisten kann, indem ich jungen Menschen politische Basics im Internet erkläre. Und nirgends waren mehr junge Menschen damals zu finden als auf TikTok. Da ich neben meines Studiums auch immer im Journalismus gearbeitet habe, bot sich das an.“
Das Ausspielen politischen Contents auf Social Media im Vergleich zu herkömmlichen Zeitungen, habe aber auch Vorteile, erklärt Poppel. „Man hat die Chance, dass man Menschen außerhalb der eigenen ‚Bubble‘ erreichen kann.“
Politiker verpassen große Chance
Glauben Sie, dass Generation-Z und Millennials genauso gut über Politik informiert sind wie die Generationen vor ihnen?
„Die Frage stelle ich mir selbst ganz oft und muss offen sagen, dass ich natürlich nicht weiß, wie es früher war. Mein Gefühl ist, dass diese Generationen besser informiert sind, weil heutzutage jede/ und jeder eine Meinung zu großen Themen haben muss, weil man auf Social Media damit konfrontiert wird. Man denke an den Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, der sich anfangs täglich live auf TikTok abspielte oder auch an den 7. Oktober, der Terrorangriff der Hamas auf Israel, der breit in den sozialen Netzwerken thematisiert wurde.“
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Wie nehmen Sie die Medienkompetenz der amtierenden Politiker der demokratischen Parteien wahr? Nutzen sie Social Media genug zur Kommunikation?
„Die meisten sind zu glatt, zeigen sich zu wenig menschlich aus Angst, Fehler zu machen und einen Shitstorm zu kassieren. Also ganz kurz: Nein, sie nutzen Social Media nicht genug. Nicht umsonst hat die AfD quasi TikTok gekapert.“
Welche Rolle spielt die AfD im Netz?
„Eine sehr große Rolle. Die AfD hat die meisten Followerinnen und Follower von den im Bundestag vertretenen Parteien auf den großen Social-Media-Plattformen. Mit populistischen Parolen lässt sich Interaktion auch einfach generieren.“
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