Ist die Gegenoffensive der Ukraine in der russischen Grenzregion Kursk ein Geniestreich – oder wird sie sich als schwerer Fehler erweisen? Eines hat sie bislang erbracht: Die Ukraine zeigt, dass sie noch in der Lage ist, sich gegen Russland zu wehren. Darüber hinaus ist eine weitere von Putin gezogenen rote Linie ohne Konsequenzen überschritten worden. Obwohl ukrainische Truppen in russisches Territorium besetzen, reagiert der Kreml nicht mit atomarer Vergeltung.
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Doch ein wichtiges erhofftes Resultat der Offensive für die Ukraine ist bislang ausgeblieben. Zudem könnte sich etwas in Moskau zusammenbrauen.
Putin zieht Truppen nicht ab – keine Entlastung in Ostukraine
„Welt“-Chefreporter und Ukraine-Insider Ibrahim Naber ordnet im Podcast „Das bringt der Tag“ (Ausgabe vom 21. August) die Lage ein. Zu Beginn der Kursk-Offensive habe die Ukraine einen „Moment der Überraschung“ nutzen können, um bis zu 20 Kilometer tief in russisches Gebiet einzudringen. Nun jedoch erfolge der weitere Vorstoß schleppender.
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Jedoch, so der Kriegsreporter Naber im „Welt“-Podcast, sei der Gegenschlag auf jeden Fall ein „Moral-Boost“ für die ukrainischen Soldaten. „Dass man jetzt wieder in der Offensive ist, tut diesen Soldaten enorm gut.“ Das habe er auch von ukrainischen Truppen an den Verteidigungslinien im Donbass gehört.
Jedoch hat sich eine Hoffnung von Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht erfüllt. Putins Russland hat bislang scheinbar noch keine Truppen aus dem Donbass in die Region Kursk verlagert. Es gibt somit noch keine Erleichterung für die Verteidiger im Osten der Ukraine gegen die russische Übermacht dort. „Bislang ist von dieser Entlastung nichts zu spüren“, so Naber im Podcast. Der Druck der Russen habe keineswegs nachgelassen.
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Zu dieser Einschätzung passt, dass die russische Armee jetzt die Einnahme des Ortes New York in der Region Donezk meldet. Die Truppen hätten „eine der größten Ansiedlungen in der Umgebung von Torezk, das strategisch wichtige Logistikzentrum Nowgorodskoje“ unter ihre Kontrolle gebracht, teilte das Moskauer Verteidigungsministerium unter Verwendung des zu Sowjetzeiten eingeführten Namens mit. Der Ort befindet sich etwa sechs Kilometer südlich von Torezk. Die 30.000-Einwohner-Stadt ist seit Wochen Ziel russischer Angriffe.
Vorwand für eine Mobilmachung?
Somit bleibt der Osten der Ukraine der Hauptschauplatz der Kämpfe. Putin strebt weiterhin die Eroberung des gesamten Donbass als oberstes Kriegsziel an. Das umfasst die Regionen Donezk und Luhansk. Für die Kursk-Offensive hat die Ukraine wiederum Truppen verlegt, die zur Verteidigung andernorts ebenfalls dringend gebraucht würden.
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Darüber hinaus gibt es nun neue Spekulationen über eine Generalmobilmachung in Russland. Putin könnte die ukrainische Offensive als Vorwand für diese unbeliebte Maßnahme benutzen. Schließlich passt sie zu seiner Propaganda-Erzählung, dass Russland von der Ukraine und westlichen Mächten bedroht werde.
Wie die „Bild“ berichtet, plant der Kreml aktuell mit höheren Prämien weitaus mehr Soldaten für den Kriegsdienst zu gewinnen. Doch in der Szene der Kriegsblogger im Netz würden sich die Rufe nach einer erweiterten Mobilmachung mehren.