Das Rentensystem ist gefährdet – um die Altersvorsorge vieler Bürger steht es schlecht. Während es in Deutschland immer mehr Rentner gibt, gibt es gleichzeitig immer weniger Beitragszahler. Der demographische Wandel macht Deutschland schon lange zu schaffen. Die Beiträge der Arbeitnehmer genügen also nicht mehr, um die Rente der älteren Generation zu stemmen.
Dieses Loch muss gestopft werden. Doch gelingt das auch mit der Aktienrente? Diese und weitere wichtige Fragen beantwortet Norbert Kuhn, stellvertretender Leiter Fachbereich Kapitalmärkte und Leiter Unternehmensfinanzierung des Deutschen Aktieninstituts, im Gespräch mit dieser Redaktion.
Rente: Was bringt das Generationenkapital?
„Die Aktienrente war ja ein Vorschlag der FDP, die Aktienrücklage hingegen ist ein politischer Kompromiss. Trotzdem ist es aber auf jeden Fall gut, einen Einstieg in eine aktienorientierte gesetzliche Rente zu schaffen“, betont Norbert Kuhn. Wie der Leiter Unternehmensfinanzierung des Deutschen Aktieninstituts erklärt, zieht der Gesetzgeber entsprechende Haltelinien für die Rente ein, die zum einen vorgeben, dass die Beiträge nicht steigen dürften und zum anderen, dass das Rentenniveau nicht sinken dürfe.
Deshalb „entsteht ein riesiges Defizit in der gesetzlichen Rente, wenn immer weniger Beitragszahler für immer mehr Rentner aufkommen müssen.“ Um dieses Defizit auszugleichen müssten die Steuermittel also weiter steigen. In diesem Zusammenhang kommt die von der Ampel geplante Aktienrente ins Spiel: „Die Erträge aus der Aktienrücklage sollen dafür genutzt werden, das Defizit zu stopfen“, betont Kuhn gegenüber dieser Redaktion. Inwieweit sich die Aktienrente auf den Renteneintritt auswirke, sei schwer zu sagen.
Aktienrente: „Zehn Milliarden reichen nicht aus“
Finanzminister Christian Lindner will das deutsche Rentensystem stabilisieren, es brauche ein Update, Nichtstun sei keine Option, erklärte Lindner bei der Vorstellung des Generationenkapital. Dafür will der FDP-Politiker zehn Milliarden Euro als Startkapital nutzen. „Die zehn Milliarden reichen nicht aus“, mahnt Kuhn, „wir brauchen mindestens zehn Milliarden jährlich.“
Mit einer einmaligen Investition von zehn Milliarden komme man nicht weit. Aber: „Über jährliches Einzahlen und den Zinses-Zins-Effekt kann man eine hohe Summe erwirtschaften.“ Das Deutsche Aktieninstitut hat das in einem Rendite-Dreieck für den Deutschen Aktienindex (DAX) berechnet. „Wer Monat für Monat einen bestimmten Betrag in die großen börsennotierten Unternehmen in Deutschland angelegt hat, konnte einen Ertrag von jährlich zwischen acht und neun Prozent erwirtschaften“, so Kuhn. Selbst im schlechtesten Fall konnte man laut Berechnungen bei einem zwanzigjährigen Anlagebetrag eine Rendite von 4,7 Prozent erwirtschaften.
Was die Aktienrente bringt, hänge natürlich stark davon ab, was man einzahle. Gerade innerhalb der SPD oder der Grünen gebe es Äußerungen darüber, dass man es bei zehn Milliarden belassen möchte – „das bringt dann gar nichts“, mahnt der 50-jährige. Laut Kuhn muss man sich jetzt darauf einigen, zehn Milliarden oder mehr jährlich einzuzahlen und das Geld länger liegen zu lassen. Denn: „Es braucht seine Zeit, bis ein nennenswerter Kapitalstock aufgebaut ist, aus dem Erträge entnommen werden können.“
Wer profitiert von der Aktienrente?
Aber noch besser wäre es, „zwei Prozentpunkte der aktuellen Beiträge zu gesetzlichen Rente, was aktuell jährlich knapp 30 Milliarden entspricht, in Aktien anzulegen. Das entspräche dann dem FDP Vorschlag zur Aktienrente“, so Kuhn. Auch sei eine „reine Aktienrente“, die über Beiträge und nicht über Steuermittel und Schulden finanziert werde, die bessere Lösung. Wenn man den ursprünglichen Vorschlag der FDP zur Aktienrente umgesetzt hätte, würden die Einzahlenden später individuell von höheren Renten profitieren, meint der stellvertretender Leiter Fachbereich Kapitalmärkte.
Doch wer profitiert überhaupt von der Aktienrente? „Wenn es darum geht, den Steuerzuschuss zu reduzieren, profitieren alle Steuerzahler“, betont Kuhn. Um das Loch im Umlageverfahren des Rentensystems zu stopfen, braucht es Steuermittel. Die Aktienrente soll hierbei Abhilfe schaffen. „Tendenziell profitieren die jüngeren Generationen, wenn künftig die benötigten Steuermittel sinken.“ Aber auch Rentner, „weil sie aus der Umlage weiterhin genügend Geld bekommen und die Arbeitnehmenden, deren Beiträge hoffentlich stabil bleiben.“
Doch das Deutsche Aktieninstitut kritisiert, dass es bei der Aktienrente einen indirekten Effekt gebe, es individuell schlecht zurechenbar sei. „Es wird aus einem allgemeinen Topf entnommen und fließt auch wieder in einen allgemeinen Topf“, erklärt Kuhn. Wenn man das über Beiträge machen würden, würde derjenige profitieren, der diese Beiträge geleistet habe.
Das musst du für eine sichere Rente tun
Um später eine sichere Rente zu erhalten, rät Norbert Kuhn, bezogen auf die Aktienanlage, „so früh wie möglich anfangen zu sparen“. Wenn man mit Mitte 20 damit anfange, könne man mit Mitte 60 ein nennenswertes Vermögen erwirtschaften.
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Auch wichtig sei die Kontinuität: „Jährlich oder monatlich einen bestimmten Betrag in Aktien anlegen – und das breit gestreut, also nicht nur Aktien eines Unternehmens kaufen, sondern Aktien aus unterschiedlichen Regionen und Branchen.“ Im Hinblick auf das Generationenkapital bedeutet das: „Langfristig und gut diversifiziert anlegen: Das ist das, was man bei der Aktienrente vor hat und das ist genau das, was man machen sollte.“