Aus Sicht ihrer Kritiker, spricht Sahra Wagenknecht wie eine Kreml-Sprecherin. Ihre Partei führte sie mit ihrer neuesten Rede im Bundestag noch näher eine Spaltung. Am Dienstagabend sitzt die umstrittene Linkspartei-Politikerin in der ZDF-Sendung von Markus Lanz und bleibt unbeirrt bei ihrer Haltung zum Ukraine-Krieg und den Sanktionen gegen Putin.
Der TV-Moderator wirkt im Verlauf des Gesprächs immer aufgebrachter. Wagenknecht raubt ihm den letzten Nerv.
Wagenknecht will keine Sanktionen gegen Russland – und keine Waffen an die Ukraine
Die Lage sieht aus Sicht von Wagenknecht so aus: Durch die Wirtschaftssanktionen gegen Russland zerstöre die Bundesregierung die eigene Wirtschaft in Deutschland, während Putins Staat teilweise sogar profitiere. „Putin hat höhere Einnahmen als vorher, Gazprom macht Rekordgewinne“, so die Politikerin. Hinterher räumt sie ein, dass die russische Wirtschaft laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um sechs Prozent eingebrochen ist. Doch Putin würde längst neue Lieferketten erschließen und sein Öl nun nach Südostasien exportieren, wischt sie das schnell beiseite.
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Wagenknecht warnt in der ZDF-Sendung: Die Sanktionen würden letztlich die Menschen in Deutschland arm machen und den Mittelstand zerstören. „Wir helfen der Ukraine doch nicht , indem wir unsere Wirtschaft und unsere Industrie ruinieren“, so Wagenknecht energisch.
Mehr über Sahra Wagenknecht:
- Die 53-Jährige wurde in Jena (DDR) geboren.
- Ihr Vater stammt aus dem Iran. Er gilt als verschollen.
- Ihr Vorname schrieb sich zunächst Sarah. Sie änderte ihn später in Sahra, entsprechend der persischen Schreibweise.
- 2004 zog sie erstmals ins Europaparlament sein, 2009 kam sie für Die Linke in den Bundestag.
- Sie ist in zweiter Ehe seit 2014 mit Oskar Lafontaine verheiratet.
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Aus Sicht von Wagenknecht seien die von der EU beschlossenen Wirtschaftssanktionen keine zwangsläufige Konsequenz auf dem Überfall der Ukraine gewesen. Bei anderen Kriegen reagierte man schließlich auch nicht so und einige EU-Länder springen auch aus der Reihe. Was sie außen vor lässt: Es ist der erste Krieg auf dem europäischen Kontinent seit den Balkan-Kriegen und er bedroht die Friedensordnung mit den feststehenden Grenzen seit 1945 bzw. nach Ende des Kalten Krieges. So fragt auch die Journalistin Kersin Münstermann („Rheinische Post“) an Wagenknecht gerichtet: „Aber schaden wir uns nicht so viel mehr, wenn wir Putin gewähren lassen?“
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Lanz empört sich über Wageknecht: „Sie drehen das immer um!“
Alternativen zur Sanktionspolitik zur Beendigung des Ukraine-Krieges kann Wagenknecht nicht nennen. Von Waffenlieferung hält sie jedenfalls gar nichts. Es sei zudem unrealistisch, wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sage, man verhandelt erst, wen der letzte Russe von der Krim verschwunden sei, so die Bundestagsabgeordnete. Hier empört sich Lanz zum ersten Mal richtig: „Sie drehen das immer um! Sie drehen das wirklich um! Jetzt geht der schwarze Peter zu dem Präsidenten dieses angegriffenen Landes, wenn der hier so komische, unrealistische Forderungen stellt. Ist doch kein Wunder, wenn der arme Putin nicht einschlägt.“
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Auch regt sich Lanz heftig über den Vorwurf von Wagenknecht auf, die Bundesregierung um Vizekanzler Robert Habeck habe einen Wirtschaftskrieg gegen Russland angezettelt. Das stelle den Krieg in der Ukraine damit gleich: „Das ist genau diese pazifistische Logik, nach dem Motto: Das, was die einen machen, ist schlimm. Aber was die anderen machen, ist genauso schlimm“, findet Lanz. Der Moderator wehrt sich dagegen, dass Wagenknecht versucht, Habeck für die Wirtschaftskrise verantwortlich zu machen: „Das ist eine krasse Umkehr von Logik. Es gibt nur einen Menschen, der Wohlstand und Zukunft zerstört und der sitzt im Kreml und heißt Wladimir Putin.“ Schließlich habe auch Moskau die Gaslieferungen gedrosselt.
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Lanz redet Wagenknecht ins Gewissen: „Ausgerechnet Sie sind Opfer russischer Propaganda“
Der Moderator geht Wagenknecht immer schärfer an: „Wenn Sie hören, dass die AfD klatscht, wenn Sie so reden im Bundestag. Wenn Sie mitkriegen, wie im Kreml die Sektkorken knallen, wenn Leute wie Sie so reden im Deutschen Bundestag, müssen Sie dann nicht sagen, es hat eine gewisse Tragik, dass das erste Opfer russischer Propaganda ausgerechnet eine kluge Frau wie Sie ist – und das zweite Opfer ist jemand wie Chrupalla [AfD-Vorsitzender].“
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Wagenknecht lässt diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen. Dies sei eine „ziemlich billige Polemik“ des ZDF-Moderators, entgegnet sie. Schließlich habe sie den Ukraine-Krieg im Bundestag als Verbrechen bezeichnet, das werde niemanden im Kreml gefallen haben, ist sie überzeugt.
Lauterbach als Lanz-Zuschauer fassungslos über Wagenknecht: „Eine Bankrotterklärung“
Einer, der das Studio von Markus Lanz auch gut von innen kennt, war diesmal als ZDF-Zuschauer fassungslos über den Wagenknecht-Auftritt: Karl Lauterbach.
Der Bundesminister twitterte: „Ich erkenne keinen Unterschied mehr zur ‚Haltung‘ der AfD. Moralisch ist das im Angesicht des Terrors Putins gegen alle Demokraten eine Bankrotterklärung.“