Die Ampel ist passé. In einem denkwürdigen Pressestatement entlud Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend (06. November) seinen gesamten Frust. Die Jahre des Zankens um den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie um den Bundeshaushalt resümierte der SPDler in knapp 15 Minuten, der Schuldige war mit Finanzminister Christian Lindner schon lange gefunden. Scholz‘ nächster Bärendienst für die SPD. Ein Kommentar.
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Mit Pauken und Trompeten verkündete Olaf Scholz am Mittwochabend, dass Christian Lindner nicht mehr im Amt ist. Eine unrühmliche Entlassung die zwingend notwendig gewesen sei, weil Lindner keinerlei Bereitschaft gezeigt hätte, für das Wohlergehen dieses Landes zu kämpfen. Scholz wolle „Schaden vom Land abwenden“ – ohne den FDP-Chef müsste das jetzt also möglich sein.
Olaf Scholz erweist SPD einen Bärendienst
Die Lücken im Bundeshaushalt und die Rezession hatten schon Wochen zuvor Zwietracht gesät. Dass Scholz und Habeck auf der einen und Lindner auf der anderen Seite anderer Auffassung über den perfekten Rettungsanker sind, liegt angesichts der Parteienzugehörigkeit in der Natur der Sache. Kanzler und Vizekanzler sägten unermüdlich an der Schuldenbremse – in dem Wissen, dass der FDPler diese niemals aussetzen wird. Mit einer Aussetzung hätte er seine eigene Partei verraten und nach eigenen Worten seinen Eid gebrochen. Dem war man sich im Kanzleramt bewusst.
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Scholz hat bewusst nicht von dieser Taktik abgelassen, um den Bruch mit der FDP zu provozieren. Geordnete Neuwahlen gemeinsam mit der FDP, wie es Lindner vorschlug, lehnte er ab. Mit der Entlassung ließ Scholz die Muskeln spielen, nur um dann doch auf Lindners Vorstoß zurückzugreifen und sich mit der Vertrauensfrage alibimäßig der Verantwortung nicht zu entziehen!
Dass die Rede von Olaf Scholz langer Hand geplant war, daran dürfte angesichts der Ausführlichkeit und der präzisen Seitenhiebe kein Zweifel bestehen. Selbst der beste PR-Berater braucht für eine solche Erörterung mindestens einen Tag Vorlaufzeit. Beschämender war nur noch der Auftritt von Scholz im Fraktionsausschuss, wo er von seiner Fraktion mit Standing Ovations empfangen wurde. Mehr Indizien für das Aufgehen eines langen Planes gibt es nicht.
SPD allein auf weiter Flur
Doof nur, dass außerhalb der SPD-Bubble die Nase gerümpft wird. Unabhängig von der politischen Leistung des ehemaligen Finanzministers: Die verbalen, persönlichen Anfeindungen des Abends waren eines Kanzlers nicht würdig. Auch das beständige Aufgreifen der Notwendigkeit, die Ukraine weiterhin zu unterstützen, sorgt(e) für Verwirrung. Dass die FDP die Unterstützungsleistung kürzen geschweige denn ganz kappen will, wäre der breiten Öffentlichkeit neu. Im Gegenteil: Sie plädiert auf eine Taurus-Lieferung und will das Ukraine-Paket dahingehend stark ausweiten. Vielmehr wirkt es so, als würde Scholz die Ukraine-Hilfe vorschieben, um eine neue Notlage beschließen zu können, dessen finanzielle Hilfsmittel er dann zur Lösung interner Probleme umlagern kann.
Für den Rauswurf feiert sich die SPD selbst, größer dürfte die Party jedoch nicht werden. Unterstützung für eine Minderheitsregierung wird es nicht geben. Den nötigen Respekt vor der Opposition, den Bundesbürgern aber auch vor seiner Partei würde Olaf Scholz zollen, indem er die Vertrauensfrage nicht bis 2025 aufschiebt.