Drei Monate vor der Bundestagswahl zweifelt die eigene Partei an ihrem Kanzler. In Umfragen gehört Olaf Scholz weiter zu den unpopulärsten Politikern des Landes. Die SPD kommt auf maximal 16 Prozent bei der Sonntagsfrage – und ist damit halb so stark wie die Union. Während die Grünen einen Neumitgliederboom erleben, gibt es in der SPD keinerlei Aufbruchsstimmung nach dem Ampel-Aus. Schlimmer kann die Ausgangslage kurz vor der Bundestagswahl 2025 nicht sein.
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Doch in Interviews mit ARD und ZDF gibt sich Olaf Scholz am Dienstag demonstrativ gelassen. Er scheint immer noch nicht verstehen zu wollen, wie dramatisch die Lage für ihn ist. Selbst wenn er sich am Ende gegen seinen Konkurrenten Boris Pistorius durchsetzen kann.
Olaf Scholz ignoriert den Ernst der Lage
Im Gespräch mit ARD-Journalist Markus Preiß spielt Scholz die Beratung der SPD-Spitze am Dienstagabend herunter. Das sei „ein Routinetreffen“ zur Wahlkampfvorbereitung. „Die SPD und ich wollen gemeinsam gewinnen“. Man habe „eine gute gemeinsame Zeit“ und viele Erfolge vorzuweisen, behauptet der Kanzler inmitten einer Wirtschaftskrise und nach dem vorzeitigen Bruch der Koalition.
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„Ich fühle mich klar unterstützt, ich fühle mich nicht alleine“, betont Scholz auch im ZDF-Interview mit Diana Zimmermann, mit Verweis auf Äußerungen aus der SPD-Spitze. Der Kanzler spricht von Geschlossenheit, obwohl es in der Breite der Partei längst ein Durcheinander der Stimmen zur Kanzlerkandidatur gibt.
Kanzler zu ZDF-Journalistin: „Machen Sie sich keine Hoffnungen“
Als Zimmermann direkt fragt, ob er sich darauf vorbereite, dass Parteichef Lars Klingbeil ihm doch verkünden könnte, die SPD wolle mit Pistorius in die Wahl gehen, entgegnete Scholz ungewöhnlich direkt: „Machen Sie sich keine Hoffnungen: Die SPD steht zusammen.“
Interessant wird es, als Scholz bei ARD und ZDF nach dem gefragt wird, was ihm von Pistorius unterscheidet. Direkt antwortet er darauf nicht, aber zwischen den Zeilen hört man heraus: Er stehe für einen besonnenen Ukraine-Krieg, darauf könnten sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen. Scholz also der Friedenskanzler und Pistorius der Hardliner, der im Zweifelsfall auch Taurus liefern würde?
Entscheidung vertagt – SPD-Debatte geht weiter
Wie verheerend das Außenbild ist, das die SPD abgibt und wie sehr der eigene Kanzler mit der Debatte demontiert wird, all das blendet Scholz in seinen Statements aus. Die Lage bleibt dramatisch, denn offenbar wurde eine Entscheidung vertagt. Bei dem Treffen am Dienstagabend fehlte nicht nur Olaf Scholz, auch Fraktionschef Rolf Mützenich gehörte nicht dazu.
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So wird die selbstzerstörerische Kanzlerkandidaten-Debatte auch in den nächsten Tagen weitergehen. Mit immer neuen Statements, Spekulationen und Gerüchten. Jeder Tag mehr ist für Scholz verheerend.