Deutschland befindet sich im politischen Krisenmodus. Seit dem Scheitern der Koalition und der Ankündigung der Vertrauensfrage bringen sich die noch-Regierungsparteien und die Opposition in Stellung. Vor allem die Union ist sicher, dass Olaf Scholz das Vertrauen entzogen wird. Doch plötzlich beginnt die Rechnerei, denn ein erster AfD-Abgeordneter will sich für den Kanzler einsetzen.
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Der Krieg in der Ukraine wird auch über den 23. Februar 2025, dem Tag der Neuwahlen, hinaus das dominierende Thema im Kanzleramt sein. Nach dem Bruch der Ampel stellt sich nur die Frage, wer die Geschicke des Landes dann leiten wird. Die Union ist zwar siegessicher, doch die Frage, ob es zu Neuwahlen kommt, ist noch gar nicht beantwortet.
Scholz-Aus: Taurus-Frage entscheidend
Bundespräsident Steinmeier könnte das Parlament erst dann auflösen, wenn das Parlament Scholz nicht das Vertrauen ausspricht. Bis dato schien ein solches Szenario mehr als realistisch, doch es mehren sich die pro-Scholz-Stimmen. Grund ist der Krieg in der Ukraine, genauer gesagt eine potentielle Taurus-Lieferung.
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Bundeskanzler Scholz lehnt eine Lieferung des Marschflugkörpers vehement ab und befürchtet, dass Deutschland so zur Kriegspartei werden würde. Bislang erhielt er Rückendeckung von seinem grünen Koalitionspartner. Doch Robert Habeck, der jüngst mit 96,5 Prozent zum Kanzlerkandidaten seiner Partei gewählt wurde, fällt seinem Regierungschef jetzt in den Rücken. Im ARD-Interview wurde er mit der Frage konfrontiert, ob er als Regierungschef die Taurus-Entscheidung von Kanzler Olaf Scholz revidieren würde. „Die Antwort auf diese Frage ist: Ja!“, so Habeck.
Einen ähnlichen Kurs fährt auch Scholz‘ zweiter Konkurrent, Friedrich Merz. Taurus ist mit einem eigenen Triebwerk sowie einem Navigationssystem ausgestattet, wodurch ein Tiefflug durch feindliches Gebiet ermöglicht wird. Das System kann von Kampfflugzeugen aus abgefeuert werden und bis zu 500 Kilometer entfernte Ziele sicher zerstören.
Eine Partei, die in der Taurus-Frage die Position von Kanzler Scholz vertritt, ist die AfD. „Die Taurus-Lieferung an die Ukraine wäre eine direkte Kriegsbeteiligung“, sagte Alice Weidel im Vorfeld einer Fraktionssitzung im März. Diesem Credo entsprechend stellen die Ankündigungen von Habeck und Merz ein Risiko dar – und dieses lässt erste Mitglieder auf die Seite des SPDlers rücken.
AfD-Abgeordneter wählt „kleineres Übel“
„Klar und offiziell möchte ich mitteilen, dass ich Herrn Merz unter keinen Umständen in verantwortungsvoller Position sehen möchte. (…) Ich muss und ich werde somit in der Vertrauensabstimmung für oder gegen Scholz, für Scholz, als das kleinere Übel stimmen“, zitiert „Politico“ den AfD-Abgeordneten Jürgen Pohl.
Ob sich noch weitere AfDler dem Begehren von Pohl anschließen oder sich bereits angeschlossen haben, ist nicht bekannt. Denkbar wäre es angesichts der AfD-Leitlinie allemal. Auch das BSW ist strikt gegen eine Taurus-Lieferung. Angenommen, alle Abgeordneten von AfD und BSW würden aus der Sorge heraus für Scholz stimmen, würde der Bundeskanzler 86 ungeplante Stimmen auf sich vereinen können. Dies würde seine Position stärken.