Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag wagte nun einen Vorstoß: Sie will ein Sexkaufverbot in Deutschland. Bordelle und Laufhäuser sollen dicht machen müssen. Wer als Freier Sexdienste in Anspruch nehmen will, würde sich strafbar machen (hier erfährst du mehr dazu). Es ist das sogenannte „Nordische Modell“, das in Deutschland umgesetzt werden soll.
Was halten Expertinnen, die das Rotlicht-Milieu im Hamburger Kiez als Sozialarbeiterinnen bestens kennen, von den Forderungen? Unsere Redaktion hat nachgefragt.
Rotlicht-Expertinnen kritisieren: Nur mehr Risiko für die Prostituierten?
Die kurze Antwort: Gar nichts! Dr. Korinna Heimann von der Frauensozialarbeit der Diakonie Hamburg macht sich keine Illusionen: „Ein Sexkaufverbot verlagert vom Hellfeld ins Dunkelfeld, in dem die Arbeitsbedingungen für Menschen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, deutlich schlechter sind!“ So ein Verbot wäre eine reine symbolische Maßnahme. „Es würde weder zu einem Verschwinden noch zu einem Rückgang der Prostitution führen, wie Studien aus Schweden und Irland belegen.“ In beiden Ländern wurde das „Nordische Modell“ eingeführt. Ursprünglich wurde es in Schweden entwickelt.
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Ein solches Verbot wäre aus Sicht von Heimann eine „rein symbolische Maßnahme“, die „weder zu einem Verschwinden noch zu einem Rückgang der Prostitution führen würde“. Dagegen könnte es mehr Frauen in Gefahr bringen: „Eine repressive Gesetzgebung drängt Prostituierte an schwer kontrollierbare Arbeitsorte. Dies reduziert die Möglichkeit für Schutzvorkehrungen, wie zum Beispiel Notfallknöpfe in Bordellen oder den Zusammenschluss mehrerer Sexarbeitender.“
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Genauso steige für die Sexarbeiterinnen das Risiko, sich eine Geschlechtskrankheit einzufangen, etwa weil niemand die Kondompflicht kontrollieren kann. Kunden könnten die Prostituierten in der Illegalität leichter unter Druck setzen, ungeschützen Verkehr auszuüben, befürchtet Heimann.
Bordelle und Laufhäuser verbieten? Das ist „bigott“, sagt Insiderin
Aus ihrer Sicht braucht es keine schärferen Gesetze, denn Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zuhälterei seien schon heute verboten. Vielmehr müssten diese Gesetze konsequenter durchgesetzt werden.
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Julia Staron gilt als „Kiez-Kümmerin“, die sich bestens in St. Pauli auskennt. Auch sie sieht die Idee der Union kritisch. „Will man nun ernsthaft Prostitution erneut kriminalisieren?“, fragt sie sich. Das würde die Frauen nicht schützen, sondern nur in den Untergrund drängen.
„Freier haben sich noch nie und von keinem Strafmaß abbringen lassen, sich ihre Bedürfnisse befriedigen“, sagt sie. Ein Sexkaufverbot sei „bigott“ und täusche über die wahren Probleme hinweg. „Mich – als überzeugte Feministin – macht diese Debatte geradezu wütend.“