So sind die Regeln für „Kampfhunde“ in Deutschland
Zwei tödliche Hundeangriffe binnen weniger Tage werfen Fragen auf. Wir zeigen, wie Deutschland mit gefährlichen Hunderassen umgeht.
Berlin.
Zwei tödliche Beißattacken von Hunden innerhalb kurzer Zeit sorgen in Deutschland für Aufsehen. Am Montag starb ein erst sieben Monate alter Säugling in Hessen, nachdem ihm ein Staffordshire-Mischling in den Kopf gebissen hatte. Nur fünf Tage zuvor hatte ein Hund in Hannover seine beiden Besitzer, eine 52 Jahre alte Frau und ihren 27-jährigen Sohn, getötet. Auch dabei handelte es sich um einen Staffordshire-Mix mit dem Namen „Chico“.
Handelte es sich bei den beiden Hunden um sogenannte Kampfhunde? Welche gesetzlichen Regelungen gibt es? Und wie häufig sind tödliche Beißattacken von Hunden in Deutschland? Ein Überblick:
• Welche Hunderassen gelten als „Kampfhunde“?
Der Begriff Kampfhund ist eigentlich falsch und vor allem bei Haltern sehr umstritten. Dennoch gibt es Hunderassen, die als gefährlich gelten.
Auf Bundesebene stuft das „Gesetz zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr gefährlicher Hundes in das Inland“ (HundVerbrEinfG) vier Rassen sowie alle Kreuzungen mit diesen Rassen als gefährlich ein: American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier. Diese Hunde dürfen in Deutschland laut Gesetz weder gezüchtet noch importiert oder exportiert werden.
Zudem führen die einzelnen deutschen Bundesländer teils eigene Rasselisten, die teilweise über die Bundesgesetzgebung hinaus gehen. So listet beispielsweise das Land Hamburg auch die Rassen Bullmastiff, Dogo Argentino, Dogue de Bordeaux, Fila Brasileiro, Kangal, Kaukasischer Owtscharka, Mastiff, Mastin Espanol, Mastino Napoletano, Rottweiler und Tosa Inu als gefährlich ein. Für sie können aber Freistellungen für die geltenden Regeln beantragt werden.
In Berlin wurden im Zuge des neuen Hundegesetzes von 2016 sieben Rassen von der Liste der als gefährlich geltenden Hunde gestrichen. Nach dem nordrhein-westfälischen Hundegesetz gelten auch Hunde, die mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität ausgebildet oder gezüchtet wurden, im Einzelfall als gefährlich.
• Welche Regelungen gibt es für Halter von als gefährlich geltenden Hunden?
Jedes Bundesland in Deutschland hat seine eigenen Gesetze und Verordnungen, die das Halten eines gefährlichen Hundes regeln. Einheitlich gilt lediglich, dass die Haltung eines solchen Tieres erlaubnispflichtig ist. In der Regel geht es bei der Erlaubnispflicht um das Alter des Halters sowie um den Nachweis von Zuverlässigkeit und Sachkunde.
Die Ausgestaltung weiterer Regeln wie Zuchtverbote, Maulkorb- oder Leinenpflicht liegt bei den Ländern. In Nordrhein-Westfalen dürfen gefährliche Hunde laut § 5 des Hundegesetzes etwa lediglich in speziellen Hundeauslaufbereichen von der Leine gelassen werden. Ab einem Alter von sechs Monaten müssen sie einen Maulkorb tragen. Die Maulkorbpflicht kann unter bestimmten Voraussetzungen aber ausgesetzt werden.
In Hamburg gelten Leinen- und Maulkorbpflicht im öffentlichen Raum hingegen ausnahmslos.
• Wie häufig sind Hundebisse?
Auch zu der Häufigkeit von Hundebissen und -angriffen gibt es keine bundeseinheitliche Statistik. Es liegt in der Verantwortung der Bundesländer, ob und in welcher Form eine Hundebeißstatistik geführt wird.
Das Land Berlin veröffentlicht beispielsweise auf seiner Internetseite die Beißstatistiken für die Jahre 2012 bis 2016. Demzufolge lag die Zahl der Vorfälle, bei denen Menschen von als gefährlich geltenden Hunden verletzt oder angesprungen wurden im Jahr 2016 bei 38.
Zwölf Angriffe gingen auf Pit Bull Terrier zurück, elf auf American Staffordshire Terrier, drei auf Bullterrier und zwölf auf Mischlinge, die eine als gefährlich eingestufte Rasse beinhalten. Im Erfassungsjahr 2016 galten in Berlin allerdings auch Tosa Inu, Bullmastiff, Dogo Argentino, Fila Brasileiro, Mastin Espanol, Mastino Napoletano und Mastiff zu den gefährlichen Hunderassen.
In der Statistik sind auch die 576 Angriffe der „normalen“ Hunde nach Rassen erfasst. Im Vorjahr wurden 32 Angriffe gefährlicher Hunderassen gemeldet, im Jahr 2014 waren es 31.
Auch Hamburg veröffentlicht seine Beißstatistik regelmäßig im Netz, die aktuelle Fassung beinhaltet Zahlen für das Jahr 2017. Von den 166 registrierten Hundebissen gingen dabei lediglich drei auf die in Hamburg als gefährlich geltenden Hunderassen zurück. 19 Hundebisse sind zudem nicht genauer definierten Mischlingen zuzuordnen.
• Wie häufig sind tödliche Hundeangriffe?
Das Bundesamt für Statistik führt eine Statistik über die Todesursachen in Deutschland. Die aktuellsten Zahlen liegen für das Jahr 2015 vor. Demnach starben in Deutschland damals fünf Menschen durch Bisse oder Gestoßenwerden durch Hunde. Im Jahr zuvor waren es vier, 2013 drei getötete Menschen. Das Statistische Bundesamt zählte von 1998 bis 2015 insgesamt 64 Todesopfer.
2009 starb niemand durch Angriffe durch Hunde. Den höchsten Stand innerhalb der vergangenen 20 Jahre gab es im Jahr 2010. Damals starben acht Menschen, davon fünf Männer und drei Frauen, durch Hundeangriffe.
Bundesweit Aufsehen erregte im Juni 2000 der Fall des kleinen Volkan. Zwei freilaufende American-Staffordshire-Mischlinge stürzten sich auf einem Schulhof in Hamburg auf das spielende Kind und zerfleischten den Sechsjährigen. Daraufhin wurden in den Bundesländern die Gesetze verschärft.