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Exodus bei der SPD im Bundestag: Prominente Abgeordnete schmeißen das Handtuch

Einige bekannte SPD-Politiker schmeißen hin, wollen bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten. Warum?

SPD-Politikerin Michelle Müntefering mit Mann Franz.
© imago stock&people

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Der SPD rennen die Leute weg! Neben Katrin Budde und Karamba Diaby, Sarah Janina Ryglewski sorgen vor allem die angekündigten Rückzuge der prominenten SPD-Politiker Michelle Müntefering, Niels Annen und Michael Roth für Aufsehen. Sie treten bei der kommenden Bundestagswahl nicht mehr an. Warum suchen sie das Weite?

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„Als Politiker muss man sich ohnehin alle vier Jahre fragen, ob man noch will, noch kann, noch darf. Und ich will nicht mehr“, sagt Michael Roth dem Magazin „Stern“ und weiter führt er aus: „Bis zur Bundestagswahl mache ich noch. Danach bin ich raus.“

SPD-Politiker Roth: „Hatte zuletzt den Eindruck, ich steige in einen Kühlschrank“

Rums! Damit verlässt einer der bekanntesten SPD-Politiker, aktuell Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, das politische Parkett. Ohne Zorn und ohne Enttäuschung“ würde er abtreten, aber er habe den Eindruck, „dass es jetzt Zeit wird zu gehen“, sagte Roth in einem auf X (früher Twitter) veröffentlichten Video.

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„Ich habe den Biss nicht mehr. Ich spüre eine innere Distanz zum Betrieb. Jetzt ist mal Schluss mit Politik. Das ist ein gutes Gefühl“ begründet Roth seinen Schritt. Und weiter: „Ich bin leidenschaftlicher Sozialdemokrat, wollte ja auch mal Vorsitzender der SPD werden. Aber im letzten Jahr habe ich gemerkt, dass ich mit unseren Sitzungen immer mehr fremdele, dass mich die Gremien stören, die Stimmung darin. Wenn die Tür zum Fraktionssaal aufging, hatte ich zuletzt den Eindruck, ich steige in einen Kühlschrank.“

Michelle Müntefering möchte mehr Zeit mit ihrem Mann Franz vebringen

Michelle Müntefering hingegen möchte mehr Zeit mit ihrem Mann Franz Müntefering, dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden, verbringen. „Das letzte Jahr, in dem mein Mann schwer krank war und zudem auch mein Vater sehr plötzlich verstorben ist, war ein einschneidendes für mich und meine ganze Familie“, sagte die SPD-Politikerin dem „Tagesspiegel“. Sie betont: „Gemeinsame Zeit kann man nicht nachholen, ich hoffe, dass noch einige gemeinsame Jahre bleiben.“

Und auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium und langjährige Hamburger SPD-Abgeordnete Niels Annen hört auf. „Ich schreibe Dir heute, weil ich mich entschieden habe, 2025 nicht mehr für den Deutschen Bundestag zu kandidieren“, ließ er den SPD-Kreisvorsitzenden von Hamburg-Eimsbüttel, Milan Pein, wissen. Bekannt wurde Annen als Juso-Bundesvorsitzender, seitdem ist er eine feste Größe in der Partei.

Zuletzt verkündete nun auch noch Sarah Janina Ryglewski ihren Rückzug. Die 41-Jährige ist seit 2015 Abgeordnete im Bundestag und seit 2021 Staatministerin für Bund-Länder-Beziehungen und nachhaltige Entwicklung im Kanzleramt. Sie ist also eine weitere prominente und einflussreiche Sozialdemokratin, die Berlin den Rücken kehren will. Konkrete Gründe nannte sie in einem Brief an SPD-Mitglieder sowie in einem Instagram-Beitrag an die Menschen in ihrem Bremer Wahlkreis nicht.

Zusammen mit Katrin Budde (seit 2017 im Bundestag, frühere Chefin und Spitzenkandidatin der SPD in Sachsen-Anhalt) und Karamba Diaby (seit 2013 im Parlament) sind es somit schon sechs bekannte SPD-Gesichter, die nicht mehr antreten wollen. Eine echte Zäsur für die SPD-Fraktion im Bundestag steht an.

Liegt es am Klima in der SPD-Fraktion?

Die Frage ist: Warum suchen diese prominenten SPD-Politiker – die noch voll im Leben stehen – das Weite? Verursacht der für seine Emotionslosigkeit bekannte SPD-Kanzler Scholz, die von Roth kritisierte Kühlschrank-Atmosphäre? Dass einzelne Abgeordnete aus nachvollziehbaren persönlichen Gründen aufhören, kann man verstehen, doch die Frage bleibt: Warum gleich so viele?