Lang ist sie, die Rede des Bundeskanzlers Olaf Scholz vor seiner Partei am SPD-Parteitag. Es geht um den Mindestlohn, um das Bürgergeld und um den Ukraine-Krieg. Als er zu den Waffenlieferungen an die Ukraine kommt, die er befürwortet, gibt es Unruhe im Saal.
SPD-Mitglieder, als Engel verkleidet, protestieren minutenlang während der Rede des Kanzlers gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine. Unsere Redaktion konnte mit den Protestierenden sprechen.
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SPD-Parteitag: Schwarze Engel gegen Scholz
Während der Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz halten plötzlich einige Demonstranten ein Banner hoch. Einige von ihnen tragen schwarze Flügel und einen schwarzen Heiligenschein. Todesengel gegen den Kanzler – und das aus der eigenen Partei. Auf dem Banner ist zu lesen: „Die Stärkung des Humanen – Anstelle der Förderung der Rohheit.“ Darunter steht, kleiner gedruckt: „Mehr Diplomatie wagen“. Mehr Diplomatie wagen: So heißt eine Gruppe in der SPD, die gegen die Waffenlieferung an die Ukraine ist – in Anlehnung an die legendäre Aussage „Mehr Demokratie wagen“ von SPD-Ikone Willy Brandt (1913-1992).
+++ SPD-Parteitag: Politiker mit klarer Ansage – „Definitiv eine rote Linie“ +++
Die Gruppe bildet sich aus Mitgliedern quer durch die SPD. Jusos und Angehörige der Arbeitsgemeinschaft SPD60 plus sind sich einig: Die Waffenlieferungen an die Ukraine müssen aufhören.
Zwei Aktivisten trifft unsere Redaktion kurz nach ihrem Protest im Saal des SPD-Parteitags an.
Jusos: Kritik am Kanzler
Lars André Kaufmann ist Student aus Hamburg und Juso. Er sei für eine Lösung des Ukraine-Konflikts ohne Waffenlieferungen aus Deutschland, berichtet er. In der Verantwortung sieht er seine eigene Partei. „Als die Partei, die zentral für diese Politik verantwortlich ist, muss sie sich bemühen, dass es eine friedliche Einigung zwischen Russland und der Ukraine gibt. Das tut die Parteispitze bislang nicht.“
Waffenlieferungen und Sozialdemokratie – das sieht Kaufmann als Widerspruch. „Die SPD hat eine lange Geschichte der Friedenspolitik, das sehe ich bei Olaf Scholz bislang nicht.“ Kaufmann findet, die SPD sollte „zu alten Werten zurückkehren“ und diese auch auf die Außenpolitik beziehen. „Deutschland ist kein Nebenakteur im Ukraine-Krieg. Waffenlieferungen aus Deutschland sind entscheidend!“
Widerspruch in der SPD
Mitstreiterin Thea Beyrich hofft, dass es durch den Protest von „Mehr Diplomatie wagen“ mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema innerhalb der Partei gibt. „Wir stehen eben nicht alle hinter Scholz´ Außenpolitik.“ Eine Lösung des Konflikts sehen die Juso-Demonstranten vor allem in der Völkerverständigung.
Diese finden die Studenten beispielsweise durch den Wissenschaftsdialog ermöglicht. Kaufmann dazu: „Meine Uni – so wie Unis im ganzen Land – hat die Kooperation mit russischen Hochschulen unterbrochen. Das halte ich für falsch, denn so ist kein Austausch mehr zwischen der deutschen und der russischen Bevölkerung möglich.“ Die Lösung sei die Kommunikation, nicht die Waffenpolitik von Olaf Scholz.