Die SPD eiert in der Kanzlerfrage rum, die Parteispitze stemmt sich gegen die eigene Wählerschaft. Bei diesem Credo ist es nur eine Frage der Zeit, bis das verbliebene Stimmvolk die Flucht ergreift. Der Rauswurf von Finanzminister Lindner bedeutete nicht nur das Scheitern der Ampel, sondern markierte auch den Startpunkt für den Wahlkampf. Bis zu den vorgezogenen Neuwahlen verbleiben weniger als 100 Tage, die Opposition und die Grünen haben sich bereits in Stellung gebracht. Ein Kommentar.
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Schon als der Ampel-Bruch noch in den Kinderschuhen steckte, brachte sich die Union für eine Machtübernahme 2025 in Stellung. Am 23. September kürten der CDU-Bundesvorstand und das Präsidium Friedrich Merz einstimmig zum Kanzlerkandidaten und somit zum Herausforderer von Olaf Scholz und seiner SPD.
SPD-Konkurrenten haben Klarheit geschaffen
Die FDP wird erneut mit Christian Lindner ins Rennen um das Kanzleramt gehen, bei der AfD wird aller Voraussicht nach Alice Weidel die Geschicke in die Hand nehmen. Seit Sonntag (17. November) ist zudem die Aufstellung der Grünen in Stein gemeißelt. Mit rekordverdächtigen 96,5 Prozent der Stimmen wurde Robert Habeck zum Spitzenkandidaten gewählt.
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Die Sozialdemokraten malen unterdessen eine heile Welt und lassen sich hinsichtlich einer offiziellen Nominierung nicht stressen. Eine Entscheidung in der K-Frage will man offiziell erst auf dem Parteitag am 11. Januar verkünden. Doch öffentlichkeitswirksam stellt sich die SPD-Parteispitze um Lars Klingbeil und Saskia Esken eindeutig hinter Olaf Scholz. „Es geht schon um Klarheit in der Sache, es geht um einen Weg, den wir jetzt bis zum Bundesparteitag gehen. Wir wollen mit Olaf Scholz in diesen Wahlkampf gehen“, bekräftigte Parteichef Klingbeil in der ARD-Sendung „Caren Miosga“.
Ignoranz der Parteiführung kostet kontinuierlich Stimmen
Das Begehren der Wähler, die ohnehin eine Entscheidung vor dem 11. Januar fordern, wird dabei gekonnt ignoriert. Der Missmut mit der Ampel machte sich in den zurückliegenden Monaten nämlich auch innerhalb des SPD-Wahlvolkes breit und äußerte sich in einer stetig wachsenden Unzufriedenheit mit Olaf Scholz. Das ganze mündet nun darin, dass 66 Prozent der SPD-Anhänger eine Kandidatur von Verteidigungsminister Boris Pistorius fordern. Die Zustimmung für Scholz nimmt stetig ab und liegt laut Forsa bei nur noch 18 Prozent.
Auch in Sachen Vertrauenswürdigkeit (65 zu 35 Prozent), Führungsstärke (64 zu 14 Prozent), Sympathie (63 zu 38 Prozent) und Repräsentation des Landes (62 zu 31 Prozent) spricht sich die Wählerschaft klar für Pistorius aus. Die Spitze weiß ob des Wunsches der Wähler, ignoriert ihn aber gekonnt. Angesichts der 16 Prozent, bei denen die SPD in der Sonntagsfrage steht (INSA, 16. November), ein riskantes Spiel. Schon jetzt hat die Ignoranz der Führungsriege erste Stimmen vergrault. Je länger dieses verworrene Spiel andauert, desto gravierender dürfte die SPD-Fluchtbewegung werden.