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Steuern runter für ausländische Fachkräfte – „Und ich muss schauen, wie ich über die Runden komme“

Die Ampel überlegt, Steuern für ausländische Fachkräfte zu senken Wie kommt dieser Plan bei Menschen in Berlin an. Wir haben uns umgehört.

Der Bundesfinanzminister setzt auf Steuererleichterungen, um Geflüchteten und ausländischen Fachkräften den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Doch nicht alle sind davon begeistert.
© IMAGO/Metodi Popow

Reden wir drüber: Steuern runter nur für ausländische Fachkräfte - ist das fair?

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sollen laut Ampelkoalition ausländiche Fachkräfte 3 Jahre lang weniger Steuern zahlen als ihre deutschen Kollegen. Ob das fair ist, wollten wir von zufällig Befragten wissen.

Brisanter Steuer-Plan! Das Kabinett hat Lindners Haushaltsentwurf für 2025 verabschiedet – jetzt soll der Bundestag darüber beraten. Die Ampel-Regierung will unter anderem dem Fachkräftemangel an den Kragen gehen. Dieses Ziel wollte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ursprünglich mit Steuererleichterungen für ausländische Fachkräfte erreichen.

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Um Geflüchteten den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern, will die Ampel-Regierung bürokratische Hürden senken. Eine weitere vieldiskutierte Idee: In den ersten drei Jahren nach der Einreise sollte es für ausländische Fachkräfte zudem Vorteile bei der Einkommensteuer geben.

Bis zu 30 Prozent weniger Steuern für ausländische Fachkräfte

Neu zugezogene Fachkräfte sollen, so ein Entwurf Lindners, künftig in den ersten drei Jahren 30, dann 20 und 10 Prozent ihres Bruttolohns steuerfrei stellen können. Bei dieser Freistellung soll zwar eine Ober- und eine Untergrenze für den Bruttolohn festgelegt werden, es kann aber einen deutlichen Unterschied beim Gehalt machen. Mit dieser Maßnahme wollte die Ampelregierung erreichen, dass mehr Fachkräfte nach Deutschland kommen, um dem hiesigen Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Ähnliche Projekte sind in einigen Ländern Skandinaviens bereits erfolgreich angelaufen. Doch die Maßnahme wird hierzulande von vielen als ungerecht empfunden und gilt als schwer umzusetzen. Als Reaktion auf den Unmut hat Lindner diese Pläne vorerst aus dem Bundeshaushaltsentwurf herausgenommen. Sie könnten nachträglich wieder hinzugefügt werden, wenn der Bundestag über den Haushalt berät. Unsere Redaktion hat nachgefragt, wie dieser Plan bei denjenigen ankommt, die schon in Deutschland arbeiten.

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Ein Student erzählt uns: „Für den Anfang ist es bestimmt erstmal ganz gut. Langfristig gesehen ist es für den Rest der Gesellschaft nicht ganz so fair.“ Eine andere Befragte findet es gut, dass ausländische Fachkräfte gefördert würden, denn so könnten sie sich schneller integrieren. So, „dass die Menschen hier einen guten Status kriegen.“ Beide geben zu Bedenken, dass es in Deutschland an Arbeitskräften „an allen Ecken“ fehlt.



„Besser in die Ausbildung investieren“

Es gibt jedoch auch Gegenstimmen zu der Bundeshaushaltsmaßnahme. Eine Befragte, die unsere Redaktion mit ihrem Kind antrifft, findet: „Es ist ein schwieriges Thema mit den ganzen Ausländern. Wenn es nur Frauen und Kinder wären, würde ich es ihnen auch gerne gönnen“. So wie die Steuererleichterung jetzt geplant ist, hält sie es aber nicht für fair. „Ich muss immer gucken, wie ich alleinerziehend über die Runden komme“. Für sich selbst würde sie sich mehr Unterstützung vom Staat wünschen.

Ein anderer gibt zu bedenken: „Wenn ich mir angucke, wie viele junge Leute gar keine Ausbildung mehr abschließen… Ich denke eher, dass man vielleicht das Geld ins Bildungssystem investieren sollte, um da das Potenzial, was schon da ist, auszuschöpfen.“


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Derek Rae, Fußballkommentator bei Fox und zuvor bei ESPN, berichtet unserer Redaktion, dass es in seiner Heimat Schottland auch an Fachkräften mangele. „Ich bin der Meinung, dass die Gesellschaft hier in Deutschland immer offen bleiben soll“. Wenn die Steuererleichterung für ausländische Fachkräfte „eine gute Devise in dieser Hinsicht ist, dann hat das große Vorteile für die Gesellschaft“. Ihn selbst würde das jedoch nicht betreffen.