Die Wahl in der Türkei entwickelt sich zu einem spannenden Krimi. Der amtierende türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schneidet besser ab, als viele zuvor erwarteten. Nach Auszählung fast aller im Land abgegebenen Stimmen liegt er aktuell vorn, muss sich aber einer Stichwahl stellen – und das zum ersten Mal in der Geschichte.
Laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) verfehlte Erdogan die absolute Mehrheit knapp. Er erhielt 49,51 Prozent, wie Behördenchef Ahmet Yener am Montag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu sagte. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu erhielt der Behörde zufolge 44,88 Prozent. Zu diesem knappen Rennen äußerte sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisch.
Rechtsruck nach Türkei-Wahl?
99 Prozent der Wahlurnen im Inland und 84 Prozent der aus dem Ausland seien bisher ausgezählt. Rund 64 Millionen Menschen wählten in der Türkei das Parlament und den Präsidenten. Sinan Oğan, der Kandidat eines ultranationalistischen Parteienbündnisses, kommt auf 5,17 Prozent. Da weder Erdogan noch Kilicdaroglu auf mehr als 50 Prozent der Stimmen kamen, gibt es in knapp zwei Wochen, am 28. Mai, eine Stichwahl. In Deutschland und in anderen Ländern können Menschen mit türkischem Pass dann zwischen dem 20. und 24. Mai ihre Stimme abgeben – insgesamt sind das rund 3,4 Millionen Wahlberechtigte.
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Politikwissenschaftler und Türkei-Experte Burak Copur twitterte dazu: „Mit Sinan Oğan als Königsmacher bei den möglichen Stichwahlen werden beide Präsidentschaftskandidaten auf diese Rechtsextremisten zugehen müssen.“ Der Gewinner der Wahl stehe fest: „Der türkische Nationalismus und politische Islam.“ Copur ist sich sicher: „Es wird zu einem Rechtsruck kommen.“
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Türkei-Wahl: Erdogan vs. Kilicdaroglu
Die Wahl galt als richtungsweisend. Es wird befürchtet, dass das Nato-Land weitere fünf Jahre unter Erdogan noch autokratischer werden könnte. Kilicdaroglu trat als Kandidat für ein breites Bündnis aus sechs Parteien an. Er verspricht die Rückkehr zu einem parlamentarischen System, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Noch in der Nacht trat er gemeinsam mit den anderen Parteichefs vor die Presse: „Erdogan hat trotz seiner Diffamierungen und Beleidigungen nicht das Ergebnis erreicht, das er sich erwartet hatte“, sagte der 74-jährige.
Der 69-jährige Amtsinhaber attackierte die Opposition scharf und beleidigte seinen Gegner etwa als „Säufer“ und „Terroristen“. Die Opposition hielt mit einer positiven Kampagne dagegen.
Türkei-Wahl: „Ergebnis gibt Stimmung wider“
Nach dem ersten Wahlgang sieht Bundesagrarminister Cem Özdemir die Türkei „zutiefst gespalten“. Dem Radiosender Bayern 2 sagte der Grünen-Politiker am Montag (15. Mai): „Selbst wenn der Herausforderer bei der Stichwahl gewinnen sollte, wird er ein zutiefst gespaltenes Land vorfinden“.
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Özdemir sagte, dass die Wahl für die Opposition nicht fair gewesen sei. „Fairness heißt auch, dass man Zugang hat zu den Medien. Davon konnte keine Rede sein.“ Ein Teil der Oppositionspolitiker und Journalisten sitze im Gefängnis oder sei im Exil. „Aber das Wahlergebnis selber dürfte schon die Stimmung widergeben. Da darf man sich nichts vormachen“, sagte Özdemir.