Während in Deutschland die Debatte um die Lieferungen schwerer Waffen emotional geführt wird, versucht Russland den Westen einzuschüchtern. Ein Putin-Vertrauter drohte den Nato-Ländern nun offen im Staatsfernsehen und der Kreml ließ eine neue gefährliche Rakete testen.
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News-Blog zum Ukraine-Krieg
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22. April 2022
20.57 Uhr: Kubicki nimmt Scholz gegen Kritik wegen Waffenlieferungen in Schutz
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegen Angriffe wegen seiner Haltung bei Waffenlieferungen an die Ukraine in Schutz genommen. „Ich glaube, dass das Bashing von Olaf Scholz mittlerweile ein Ausmaß erreicht hat, das nicht vertretbar ist“, sagte der Liberale am Freitagabend beim Ludwig-Erhard-Gipfel in Gmund am Tegernsee. Deutschland mache momentan das, was es leisten könne.
„Was wir machen können, ist: Wir können Geld geben. Und wir können alle Restriktionen, die wir immer noch haben für Waffenlieferungen in die Ukraine durch die Rüstungsindustrie aufheben.“ Die Bundeswehr selbst könne „nichts mehr, und zwar nichts Wesentliches mehr“ liefern. Der Bundestagsvizepräsident setzte sich damit in Gegensatz zu seiner Parteifreundin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags drängt auf die sofortige Lieferung schwerer Waffen auch durch Deutschland.
Eher humorig verteidigte der aus Schleswig-Holstein kommende Kubicki den vielfach als unklar kritisierten Kommunikationsstil von Scholz: „Er kommuniziert anders als sich Menschen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen das vorstellen. Er ist eben Hamburger, Hanseat, Norddeutscher – wir sind etwas sprachfaul, trotzdem konsequent.“
18.15 Uhr: Kremlchef Putin empfängt UN-Generalsekretär in Moskau
Nach rund zwei Monaten Krieg in der Ukraine wird Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag (26. April) nach Kremlangaben UN-Generalsekretär António Guterres in Moskau empfangen. Guterres werde sich auch zu Gesprächen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow treffen, teilte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag mit. Der UN-Chef hatte zuvor um ein Treffen mit Putin gebeten.
12.05 Uhr: Kanzler Scholz erklärt seine Politik in „Spiegel“-Interview – „Es darf keinen Atomkrieg geben“
Kanzler Olaf Scholz (SPD) begründet seine Zurückhaltung bei der Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen an die Ukraine mit der Gefahr eines Atomkriegs. „Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in einem am Freitag veröffentlichten Interview. „Es darf keinen Atomkrieg geben“, betonte Scholz.
Bei der Frage von Waffenlieferungen stehe für ihn nicht Angst im Vordergrund, erklärte Scholz, sondern seine „politische Verantwortung“. Der Sozialdemokrat fügte hinzu: „Ich habe einen Amtseid geschworen. Ich habe sehr früh gesagt, dass wir alles tun müssen, um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden.“
Zwar gebe es „kein Lehrbuch für diese Situation, in dem man nachlesen könnte, ab welchem Punkt wir als Kriegspartei wahrgenommen werden. Das Buch wird täglich neu geschrieben, manche Lektionen liegen noch vor uns.“ Aber nach seiner Einschätzung hätte schon die Einführung einer Flugverbotszone die Nato zur Kriegspartei gemacht, sagte der Kanzler.
12 Uhr: Frankreichs Präsident Macron warnt eindringlich vor Putin: „Willen zur Eskalation“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat zu massiven Anstrengungen aufgerufen, um eine weitere Eskalation des Ukraine-Kriegs zu verhindern. Es bestehe die Gefahr, dass Russland den Konflikt weiter eskaliere und sogar Chemie- oder Nuklearwaffen einsetze, sagte Macron in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe und weiteren europäischen Medien.
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Ein weiteres Eskalationspotenzial sei „die Bereitschaft von verbündeten Ländern oder anderen Mächten“, in den Krieg einzugreifen. „Unsere Verantwortung liegt darin, alles zu tun, um eine Feuersbrunst zu verhindern“, betonte Macron.
„Angesichts der Kriegsverbrechen, die Russland begangen hat, der Art und Weise seiner Kriegsführung im Donbass und in Mariupol, der atomaren Provokationen Ende Februar muss man ganz klar sagen: Russland hat einen Willen zur Eskalation“, sagte der französische Präsident. Den Test einer russischen Interkontinentalrakete am Mittwoch bezeichnete er als „sehr besorgniserregend“.
Macron warnte vor einer „Unterjochung“ Europas als Folge des russischen Kriegs in der Ukraine. Europa müsse neben seiner Politik des Drucks und der Sanktionen gegen Russland weiter mit seinen Partnern „am Persischen Golf, in Indien, in China“ im Gespräch bleiben und eine Vermittlerrolle einnehmen, sagte der Präsident. „Es darf nicht sein, dass nur die USA und Europa Russland die Stirn bieten, und der Rest macht sich einen schlanken Fuß.“
7.45 Uhr: Was russische Normalbürger hier sagen, ist schwer zu ertragen
Sie leben in einer anderen Informationswelt: Offenbar genießt Wladimir Putin in der russischen Bevölkerung weiterhin großen Rückkhalt. Jeder, der es wagt gegen den Kreml zu sprechen, wird von der Staatsmacht unterdrückt. Doch eine klare Mehrheit scheint Putins Kurs sowieso bereitwillig zu folgen.
Das zeigt zum einen eine repräsentative Umfrage des Lewada-Zentrums, des einzigen unabhängigen Meinungsforschungsinstituts in Russland. Demnach stehen 81 Prozent der Russen hinter dem Kreml. Dass dies durchaus der Realität entsprechen kann, unterstreicht auch eine Straßenumfrage des ARD im russischen Wolgograd.
Der Sender interviewte russische Normalbürger – das Stimmungsbild ist erschütternd. Viktor Schestel, ein Veteran des Zweiten Weltkrieges, sagt beispielsweise: „Überfallen wir etwa ein Land? Haben wir einen Angriff vorbereitet? Nein.“ Ein weiterer Befragter räumt ein, dass wohl jeder Russe von einer Wiedervereinigung mit der Ukraine wie in der Sowjetunion träume.
Eine andere Frau spricht vor der Kamera davon, dass dies kein Krieg, sondern eine „Spezialoperation“ sei, „um Militärtechnik zu zerstören“ und Nazis zu bekämpfen. Der Mann neben ihr, möglicherweise ihr Ehemann, ergänzt: „Das ist ein Krebsgeschwür, das muss man einfach rausschneiden!“
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Tatsächlich sind nach Angaben der UN bereits über fünf Millionen Menschen, vor allem Frauen, Kinder und Senioren, aus der Ukraine geflohen. Es gibt Belege für Kriegsverbrechen wie Gruppenvergewaltigungen und Erschießungen – und ganze Städte wie Mariupol und Charkiw sind zerstört.
Die erschreckenden Ansichten russischer Normalbürger, die der Kreml-Propaganda vertrauen, kannst du dir hier im Instagram-Beitrag des ARD-„Mittagsmagazins“ ansehen (nach rechts wischen).
21. April 2022
20.42 Uhr: Selenskyi vor Portugals Parlament – „Schäden wie im Zweiten Weltkrieg“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Videoansprache vor dem portugiesischen Parlament die Zerstörungen in seinem Land durch russische Truppen mit denen im Zweiten Weltkrieg verglichen. „Der Schaden, der der Ukraine jetzt zugefügt wird, ist ähnlich wie im Zweiten Weltkrieg“, sagte er laut Übersetzung in der auf Ukrainisch gehaltenen Rede. Sie wurde im TV-Sender RTP simultan ins Portugiesische übersetzt.
„Wir kämpfen nicht nur um unsere Unabhängigkeit, wir kämpfen um unser Überleben“, bekräftige er in der 15-minütigen Ansprache. Selenskyj dankte den Portugiesen für die bisher erwiesene Hilfe, forderte aber zugleich weitere Unterstützung, vor allem schwere Waffen und Sanktionen gegen Russland. Parlamentarier der kommunistischen Partei und der rechtspopulistischen Chega blieben der Sitzung fern.
16.45 Uhr: Bundesregierung bereitet Panzer-Deal vor – so soll er ablaufen
Ist das der Befreiungsschlag für die Bundesregierung, die in der Kritik steht, zu wenig für die Ukraine zu tun und keine schwere Waffen zu liefern? Offenbar bereitet Berlin einen Panzer-Deal mit Slowenien vor. Die Ukraine könnte umgehend davon profitieren.
So soll der Deal ablaufen: Nato-Partner Slowenien soll eine größere Stückzahl seiner alten Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und aus Deutschland dafür den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten. Slowenien hat unter der Bezeichnung M-84 noch eine jugoslawische Variante des auch von der Ukraine genutzten Kampfpanzers T-72 in den Beständen.
Druck macht nun ausgerechnet die bislang als zu behäbig kritisierte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht: „Die Situation in der Ukraine spitzt sich dramatisch zu. Und wir dürfen nicht zulassen, dass Putin, dass Russland diesen Angriffskrieg gewinnt. Es muss jetzt sehr, sehr schnell gehen.“
Die Aktion soll nach Angaben Lambrechts in den nächsten Tagen starten. „Alle Militärexperten sind sich sicher, dass die nächsten zwei Wochen entscheidende Wochen sind im Kampf der Ukraine gegen Russland“, sagte die SPD-Politikerin auf n-tv. „Und diesen Kampf müssen wir unterstützen, damit da bestanden werden kann.“
16.20 Uhr: Botschafter Melnyk vergleich Berlin mit Lage in Mariupol
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat die Lage in Berlin mit der völlig zerstörten ukrainischen Stadt Mariupol vergleichen. Nachdem Außenministerin Annalena Baerbock die Lage in Mariupol als „kaum zu ertragen“ bezeichnete, erwiderte Melnyk auf Twitter: „Lage in Berlin ist auch kaum zu ertragen“.
14.15 Uhr: Video von Putin aufgetaucht – Kreml-Herrscher gibt neue Schlacht-Anweisung
Der Kreml hat ein Video veröffentlicht, auf dem ein Gespräch zwischen Präsident Wladimir Putin und Verteidigungsminister Sergej Schoigu gezeigt wird. Schoigu berichtet, dass die Stadt Mariupol nun „befreit“ sei, was Putin als „Erfolg“ begrüßt.
Dann befiehlt Putin, die militärische Erstürmung des Stahlwerks, in dem sich noch rund 2000 letzte ukrainische Kämpfer und Zivilisten befinden sollen, abzubrechen. „Ich halte die geplante Erstürmung des Industriegebiets für unangebracht. Ich ordne an, sie abzubrechen.“ Er wolle nicht das Leben der Soldaten und Offiziere aufs Spiel.
Stattdessen soll das Stahlwerk blockiert werden, „damit nicht mal eine Fliege hinein kommt“. Die verbliebenen Kämpfer sollen sich ergeben, Russland würde ihnen das Leben garantieren, so Putin.
13.10 Uhr: Deutschland lieferte schon viel mehr Waffen – Militärexperte: „Gewaltige Hausnummer“
Diese Zahlen passen nicht ins Bild, das Deutschland angeblich fast keine Waffen an die Ukraine liefern würde. Ukrainische Regierungskreisen haben nun gegenüber der Deutschen Presse-Agentur Angaben gemacht, was die Ampel-Regierung bisher geliefert hat. Darunter sind:
- 16 Millionen Schuss Munition
- 100.000 Handgranaten
- 2500 Flugabwehrraketen
- 900 Panzerfäuste mit 3000 Schuss Munition
- 100 Maschinengewehre
- 2000 Fahrzeugminen
- 5300 Sprengladungen
Militärexperte Prof. Dr. Carlo Masala von der Bundeswehr-Uni München spricht auf Twitter bei den 16 Millionen Schuss Munition von einer „gewaltigen Hausnummer“. Das sei „beträchtlich“.
Nicht enthalten auf der Liste und schwere Waffen wie Panzer.
9.55 Uhr: In Putins TV wird Europa Krieg angedroht – „Es wird keine Gnade geben“
Putin-Lautsprecher und TV-Moderator Wladimir Solowjow bedroht Europa offen im Staatsfernsehen Rossija 1. Der 58-jährige Putin-Vertraute stellte in Frage, ob Europa und die Nato-Staaten überhaupt noch genug Waffen und Soldaten haben werden, um sich nach dem Ende des Ukraine-Krieges verteidigen zu können, den er natürlich weiterhin als Spezialoperation verkaufte. De facto führe man nun bereits einen Krieg gegen die Nato, man werde deren Kriegsmaschine „zermahlen“.
Nicht nur die Ukraine müsse „entnazifiziert“ werden, behauptete Solowjow. Dann fügte er hinzu: „Es wird keine Gnade geben“. Man müsse nun „härter“ agieren.
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Während jedoch bisher kein Nato-Soldat gefallen ist, werden die russischen Verluste auf bis zu 20.000 Mann geschätzt. Zudem konnten die Russen nach nach fast zwei Monaten keine größeren militärischen Erfolge in der Ukraine erzielen. Es erscheint daher fragwürdig, ob es Solowjow tatsächlich gelingen wird, den Westen mit diesen Worten einzuschüchtern.
9.05 Uhr: Russland testet neue Rakete – und droht erneut mit Nuklearwaffen-Potenzial
Russland hat inmitten seines Krieges in der Ukraine seine neue ballistische Interkontinentalrakete vom Typ Sarmat (Nato-Codename: SS-X-30 Satan 2) getestet. Die mit Atomsprengköpfen bestückbare Rakete stärke massiv das nukleare Potenzial Russlands, teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch in Moskau mit.
Keine Rakete auf der Welt könne Ziele in einer solchen Entfernung erreichen wie diese, hieß es. Die Sarmat hat eine Reichweite von 18.000 Kilometern. Zum Vergleich: Zwischen Moskau und Washington liegen rund 7.800 Kilometer Luftlinie.
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Der russische Präsident Wladimir Putin prahlte: „Das ist eine wirklich einzigartige Waffe, die das Kampfpotenzial unserer Streitkräfte stärken wird und verlässlich die Sicherheit Russlands schützt vor äußeren Bedrohungen.“