Emotionale Rede im Bundestag: Präsident Wolodimir Selenskyj appellierte am Donnerstagvormittag flammend an die deutsche Politik, seinem Land im Ukraine-Krieg beizustehen. Er bat verzweifelt: „Bitte helfen Sie uns, diesen Krieg zu stoppen!“
Vor und nach seiner Rede gab es stehenden Applaus vom ganzen Parlament. Doch kurz nach seiner Ansprache kam es plötzlich zu Buh-Rufen im Bundestag.
Ukraine-Krieg: Nach emotionaler Selenskyj-Rede gibt es auf einmal Buh-Rufe im Bundestag
Präsident Wolodimir Selenskyj machte der aktuellen Scholz-Bundesregierung, aber auch der früheren Kanzlerin Angela Merkel, mehrfach indirekt und auch offen Vorwürfe. Manche Schritte zur Unterstützung der Ukraine seien zu spät gekommen, einige Sanktionen gingen nicht weit genug. Russland nutze Deutschland weiterhin aus, um den Krieg zu finanzieren. Eine Anspielung darauf, dass Deutschland kein Energie-Embargo gegen Russland verhängen will, weiterhin Gas, Öl und Steinkohle importiert, um die eigene Wirtschaft nicht zu gefährden.
„Wir haben immer gesagt, Nord Stream 2 ist eine Waffe“, kritisierte Selenskyj. Die Antwort sei stets gewesen: „Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft!“ Immer wieder kritisierte Selenskyj, dass für Deutschland in den Abwägungen stets die Wirtschaft Vorrang gehabt habe.
Die Ukraine sei traurig darüber gewesen, dass man ihr in der Vergangenheit die NATO-Mitgliedschaft verwehrt habe. „Und auch jetzt zögern Sie mit dem Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union“, ärgerte sich Selenskyj in seiner in den Plenarsaal übertragenden Rede. Ein direkter Angriff auf Kanzler Olaf Scholz, der keine schnelle Aufnahme des Landes in die EU will.
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Ukraine-Krieg im Bundestag: Selenskyj attackiert Kanzler Scholz
Der Präsident wies auf Kriegsverbrechen Russlands hin, die „alles als Zielscheibe betrachten“, auch zivile Gebäude. „Sie zerstören alles, den ganzen Tag, 24 Stunden“, klagte der Präsident und sprach hierbei besonders die dramatische Lage in Mariupol an. Die Worte „Nie wieder“ würden im Gedenken an den Zweiten Weltkrieg in Reden stets wiederholt, doch sie seien nichts wert, wenn man nun zulasse, dass mitten in Europa ein Volk vernichtet werde.
„Ich wende mich an Sie im Namen unserer Soldaten, die unsere Werte verteidigen, über die wir hier oft sprechen in Europa“, erklärte der Ukrainer. Und weiter: „Ich wende mich an Sie im Namen der Ukrainer, der älteren Ukrainer, die den Krieg erlebt haben, die vor 80 Jahren auch die Besatzung erlebt haben.“
Putin wolle eine neue Mauer in Europa errichten. Nicht so wie die Berliner Mauer, „aber eine zwischen Freiheit und Unfreiheit“. Die Ablehnung von NATO- und EU-Mitgliedschaft für die Ukraine seien Steine in dieser Mauer.
An den Kanzler gerichtet beendete er seine Ansprache: „Herr Bundeskanzler Scholz, zerstören Sie diese Mauer. Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die es verdient. Damit Ihre Nachfahren stolz auf Sie sein werden!“
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Eklat nach Selenskyj-Rede im Bundestag: Sogar lauter Protest im Plenarsaal
Nach der Rede bedankte sich die Vize-Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) beim Präsidenten, der da schon nicht mehr zugeschaltet war. Sie versicherte den frei gewählten Abgeordneten in der Ukraine, dass sie die Solidarität des Bundestages genießen.
Dann aber kam es zu einem kleinen Eklat: Nach wenigen Sekunden des Schweigens, wollte Göring-Eckardt zum nächsten Tagesordnungspunkt überleiten. Eine Aussprache nach der Selenskyj-Rede war im Plan nicht vorgesehen, was besonders die Fraktion der CDU/CSU schon vorab als unwürdig kritisierte. Die Ampel-Fraktionen hielten dagegen, dass es dafür am Mittwoch bereits eine Aktuelle Stunde zum Ukraine-Krieg gab.
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„Meine Damen und Herren nachdem wir gestern bereits eine Reihe von Debatten hatten, will ich die Sitzung des heutigen Tages, unsere Parlamentssitzung, heute hier eröffnen“, so Göring-Eckardt. Da waren plötzlich einige Buh-Rufe und Unmutsäußerungen im Plenarsaal zu hören, offenbar insbesondere aus der Fraktion der Union. Es gab deutlich vernehmbaren Protest, das die Rede von Selenskyj unbeantwortet blieb.
Auch der Vize-Bundestagspräsidentin schien die Situation unangenehm zu sein, sie machte einen betroffenen Gesichtsausdruck, fuhr dann jedoch mit Gratulationen an zwei Abgeordnete fort, die am Donnerstag ihren Geburtstag feiern. Im Anschluss debattierte der Bundestag um die Corona-Impfpflicht.
„Beschämend“: Auch im Netz entlädt sich der Wut auf den Bundestag
„Es müsste jetzt jemand aus der Ampelkoalition aufstehen und sagen: So geht es nicht. Es gibt auch eine Würde des Parlaments. Wir haben uns verrannt“, zeigte sich „Welt“-Reporter Robin Alexander auf Twitter bestürzt darüber, dass der Bundestag im Anschluss einfach mit einem anderen Thema weitermachte.
„Es ist so absurd wie befürchtet“, empörte sich auch „Spiegel“-Journalist Marius Mestermann über das Schauspiel im Parlament. Es sei „sinnlos und beschämend“, dass der Bundestag nach der Rede über Impfpflicht debattiert, fand auch Markus Decker vom „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.