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Ukraine: Weil keiner an die Front will – jetzt greift Selenskyj zu drastischem Mittel

Der Ukraine fehlt es an Personal an der Front. Deswegen haben sie sich jetzt eine umstrittene Strategie der Russen abgeschaut!

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Baerbock fordert Stärkung der ukrainischen Luftabwehr

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei einem Besuch in der Ukraine eine schnellere militärische Hilfe für das Land zur Verteidigung im russischen Angriffskrieg angemahnt. Ihr ukrainischer Kollegee Dmytro Kuleba brachte eine Luftverteidigung für die Ukraine auch von Nato-Territorium aus ins Spiel.

Die Ukraine steht vor einer großen Herausforderung: Der seit mehr als zwei Jahren andauernde Krieg gegen Russland fordert immer mehr Soldaten. Deshalb hat sich die Ukraine nun eine Strategie von Russland abgeschaut: Man setzt verurteilte Straftäter aus dem Gefängnis an der Front ein!

Wenn sich die Häftlinge bereit erklären, an der Front zu kämpfen, werden sie auf Bewährung entlassen. Aber nicht alle Häftlinge dürfen bei dem Programm mitmachen.

Von der Strafkolonie zum Schlachtfeld

Die ukrainische Armee kämpft mit ernsten Personalproblemen. Die russischen Truppen verstärken sich in der Ostukraine und rücken immer weiter nach Westen vor. Auch Kommandeure an der Front geben offen zu, dass sie dringend mehr Truppen brauchen.

++ Auch spannend: Ukrainer sind beleidigt, wenn du ihr Land SO aussprichst ++

Deshalb hat die Regierung ein neues Programm eingeführt. Mehr als 3.000 Häftlinge wurden im Rahmen dieses neuen Programms bereits entlassen und militärischen Einheiten zugeteilt. Ermöglicht wurde dies durch ein umstrittenes Mobilisierungsgesetz vom Mai, wie die ukrainische Vize-Justizministerin Olena Wysozka der Nachrichtenagentur „AP“ sagte. Nach Schätzungen des Ministeriums könnten rund 27.000 verurteilte Straftäter für das Programm in Frage kommen!

Für viele dieser Männer bietet sich die Chance, lieber für ihr Land zu kämpfen, als ihre Strafe im Gefängnis abzusitzen. So erklärt Ernest Wolwatsch, 27 Jahre alt und wegen Raubes zu zwei Jahren in der Strafkolonie in der Region Dnipropetrowsk verurteilt, gegenüber „AP“: „Ich will lieber als Held aus dem Krieg nach Hause kommen, als aus dem Gefängnis.“

Strenge Auswahlkriterien: Wer darf an die Front?

Die Rekruten werden sorgfältig ausgesucht. Vor ihrer Entlassung werden sie befragt und medizinisch untersucht. Personen, die wegen Vergewaltigung, anderer sexueller Übergriffe, Mordes an zwei oder mehr Personen oder Verbrechen gegen die nationale Sicherheit verurteilt wurden, sind von dem Programm ausgeschlossen.

Die ukrainischen Behörden betonen, dass sich ihr Programm deutlich von der russischen Rekrutierungspraxis unterscheide, bei der Häftlinge für die berüchtigte Söldnergruppe Wagner rekrutiert werden. Diese Kämpfer werden oft in die gefährlichsten Kämpfe geschickt. Das ukrainische Programm hingegen ziele darauf ab, die Entlassenen in reguläre Einheiten an der Front zu integrieren.

Ein mutiger Schritt oder ein gefährliches Spiel?

Die Meinungen über das neue Rekrutierungsprogramm sind geteilt. Während einige die Möglichkeit einer zweiten Chance durch den Militärdienst positiv sehen, gibt es auch Bedenken hinsichtlich der moralischen und ethischen Implikationen. Kritiker warnen davor, dass die Freilassung von Häftlingen und ihre Integration in die Armee zu Sicherheitsrisiken führen könnte.



Doch die Ukraine steht unter enormem Druck, ihre militärischen Ressourcen auszubauen und neue Wege zu finden, um den russischen Vormarsch zu stoppen. Das unkonventionelle Rekrutierungsprogramm könnte genau das bringen, was die ukrainische Armee dringend braucht: mehr Soldaten an der Front. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, ob dieser Schritt langfristig den gewünschten Erfolg bringen wird.