Am 24. Februar 2022 hat der russische Präsident Wladimir Putin die Ukraine angegriffen. Der Krieg hat in diesem Monat also den ersten Jahrestag. Ein europaweites Recherchenetzwerk hat aufgedeckt, welche Unterwerfungspläne Putin als nächstes hegt.
Ein geleaktes Dokument zeigt, welches Land der russische Machthaber unter seine Kontrolle bringen will – und das bis zum Jahr 2030.
Ukraine-Krieg: Putin hegt weitere Unterwerfungspläne
Ein geheimes Dokument, das dem Recherchenetzwerk aus dem Kreml geleakt wurde, enthalte kurz-, mittel- und langfristige Ziele, um Belarus unter Moskaus Kontrolle zu bringen. Laut „Süddeutscher Zeitung“ trägt das vertrauliche Papier den Namen „Strategische Ziele der Russischen Föderation in Belarus“. Demnach wolle Putin in drei Etappen das Nachbarland zu einem von Russland beherrschten „Unionsstaat“ machen.
Der Kreml wolle sich eine souveräne und unabhängige europäischen Nation bis zum Jahr 2030 Stück für Stück einverleiben. Laut dem Netzwerk, unter anderem bestehend aus „Süddeutscher Zeitung“, dem WDR und der schwedischen Zeitung „Expressen“, stammt das Dokument aus dem Jahr 2021 – also noch vor Kriegsbeginn in der Ukraine.
Das Dokument soll aus der Präsidialdirektion für grenzüberschreitende Zusammenarbeit stammen. Die Recherchen des Netzwerkes können dies aber nicht zu 100 Prozent verifizieren. Aber: „In seiner äußeren Form ähnelt das Dokument einem Standarddokument der russischen Bürokratie oder politischen Verwaltung“, sagt Martin Kragh, stellvertretender Direktor des Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS).
Ukraine-Krieg: Das plant Putin für Belarus
Auch ein Geheimdienstmitarbeiter bestätigt der „Süddeutschen Zeitung“: „Der Inhalt des Dokuments ist absolut plausibel und entspricht dem, was wir auch wahrnehmen.“ Demnach müsse man den Inhalt des Papiers als Teil eines größeren Plans von Putin wahrnehmen: der Schaffung eines neuen großrussischen Reichs.
„Russlands Ziele in Belarus sind die gleichen wie in der Ukraine“, sagt Michael Carpenter, US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Moskau setze aber im Fall von Belarus eher auf Zwang als auf Krieg. Am Ende gehe es in beiden Fällen um die Wiederherstellung eines Großrusslands.
Dem Dokument zufolge will Russland das politisch-wirtschaftliche und militärische Leben seines Nachbarn diktieren. In den Bereichen Politik, Militär und Verteidigung, Handel und Wirtschaft sowie im gesellschaftlichen Sektor will der Kreml seine Ziele für die Annexion von Belarus bis 2030 vorantreiben. So wolle Putin beispielsweise alle belarussischen Frachttransporte zu russischen Häfen umlenken, eine gemeinsame Währung einführen, und eine „dominierende Stellung der russischen Sprache“ gegenüber der belarussischen erreichen.
Ukraine-Krieg: Plan von Unionsstaat nicht neu
Die Idee von einem „Unionsstaat“ sei laut Experten nicht neu. Bereits Ende der 1990er-Jahre unterzeichneten Russland und Belarus einen Vertrag über eine engere wirtschaftliche und militärische Verflechtung.
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Der Plan wurde allerdings bislang nicht umgesetzt. Das liegt auch daran, dass der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko immer wieder auf den Westen blickt. Doch seit 2020 gilt er nach einer von der OSZE eingeschätzt gefälschten Wahl als „Marionette des Kreml“. Ein westlicher Geheimdienstmitarbeiter ist sich aber sicher: „Russland ist sich durchaus bewusst, dass Belarus den Versuch unternehmen wird, die schleichende Annexion zu torpedieren.“