Der Krieg in der Ukraine nimmt kein Ende – vor allem das südliche Gebiet erlebt aktuell eine Katastrophe. Der Kachowka-Staudamm liegt teilweise in Trümmern. Überflutungen und Evakuierungen erschüttern die Ukraine.
Die Fluten ergossen sich in die Region Cherson und zwangen tausende Menschen zur Evakuierung. Russland und die Ukraine geben sich währenddessen gegenseitig die Schuld für die Zerstörung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer „neuen Dimension“ des Kriegs.
Ukraine: Tausende von Überflutung bedroht
Insgesamt seien 14 Orte und mehr als 22.000 Menschen von Überflutungen bedroht, erklärte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef der Region Cherson, Andrej Aleksejenko, am Dienstag (6. Juni).
So wurde die gesamte Stadt Nowa Kachowka am Staudamm nach russischen Angaben von den Wassermassen überflutet. Der Leiter der ukrainischen Militärverwaltung von Cherson, Oleksandr Prokudin, teilte in einem Onlinedienst mit, dass mehrere Dörfer „vollständig oder teilweise“ überflutet seien. Weiter erklärte er: „Etwa 16.000 Menschen befinden sich in der kritischen Zone am rechten Ufer“.
Der Wasserpegel sei nach Angaben der Rettungsdienste auf bis zu vier Meter angestiegen, erklärte auch der russische Verwaltungschef Aleksejenko über „Telegram“. Allerdings versicherte er, dass die Situation vollständig unter Kontrolle sei. Der von Moskau eingesetzte Bürgermeister der Stadt Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew, betonte: „Der Damm ist nicht zerstört, und das ist ein großes Glück.“ Er kündigte die Evakuierung von „etwa 300 Häusern“ an, die direkt am Ufer des Dnipro liegen. Wenige Stunden später meldete er dann: „Die Stadt ist überflutet.“
Ukraine: Wächst die nukleare Gefahr?
Im Zusammenhang mit der Zerstörung des Staudamms wächst international die Angst vor einer nuklearen Katastrophe. Denn: Das Wasser aus dem Fluss Dnipro, an dem der Staudamm liegt, wird für die Kühlung des Atomkraftwerks Saporischschja genutzt.
Die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sah zunächst „kein unmittelbares nukleares Risiko“. IAEA-Experten seien vor Ort und „beobachten die Situation“, teilte die Organisation mit. Und auch von russischer Seite kommt Entwarnung. Der von Russland eingesetzte Leiter des Akw, Juri Tschernitschuk, versicherte im Onlinedienst Telegram: „Der Wasserstand im Kühlbecken hat sich nicht verändert“.
Die ukrainische Führung sprach hingegen von einer „rapide wachsenden“ Gefahr. „Die Welt befindet sich wieder einmal am Rande einer nuklearen Katastrophe“, erklärte Präsidentenberater Podoljak. Dieser warf Russland auch vor, den Staudamm „gesprengt“ zu haben, um das Gebiet zu überfluten und so die geplante ukrainische Gegenoffensive zu behindern.
Russland und Ukraine geben sich gegenseitig Schuld
Russland hingegen meldete, dass der Staudamm „durch mehrere Angriffe“ der Ukraine teilweise zerstört worden sei. Der Kreml erklärte, es handele sich um „vorsätzliche Sabotage“ der Ukraine, um die Krim von der Wasserversorgung abzuschneiden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj berief nach der Explosion an dem Staudamm den Nationalen Sicherheitsrat ein. Selenskyjs Stabschef, Andrij Jermak, schrieb bei Telegram: „Wasserkraftwerk Kachowka. Ein weiteres Kriegsverbrechen, begangen von russischen Terroristen“.
Ukraine: Internationale Verurteilung
Die internationale Gemeinschaft verurteilte einhellig die Zerstörung des Kachowka-Staudamms. Bundeskanzler Scholz sprach von einer „neuen Dimension“ im Krieg, bezeichnete die Beschädigung als typisch für Putins Kriegsführung und betonte die Notwendigkeit, die Ukraine weiterhin zu unterstützen.
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NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisierte den Angriff scharf und bezeichnete ihn als Gefahr für tausende Zivilisten und die Umwelt. EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte: „Die Zerstörung ziviler Infrastruktur gilt klar als Kriegsverbrechen – und wir werden Russland und seine Stellvertreter zur Verantwortung ziehen.“ (mit AFP)