Die Grünen wollen einen fleischfreien Tag in Kantinen durchsetzen. Dieser Vorstoß ist weder Wahlkampf-Geplänkel im Sommerloch noch symbolische Politik für Minderheiten – sondern ein goldrichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ein Kommentar dafür.
Berlin.
Einen vegetarischen Tag in Kantinen wollen die Grünen durchsetzen, falls sie nach der Wahl im September mit regieren sollten. Mutet an wie Wahlkampfgeplänkel, Minderheiten-Streichelei oder ein Sommerloch-Thema. Der Vorstoß aber ist goldrichtig – und sollte ernst genommen werden.
Fleischfreie Ernährung ist gesund (wenn man’s richtig macht). Weniger Fleischproduktion kommt dem Klima zugute und verbessert die Chancen vernünftiger Tierhaltung. All das dürfte niemand ernsthaft bestreiten wollen. Und mehr: Große Kantinenbetreiber machen mit fleischlosem Essen gute Umsätze, „das vegetarische Gericht ist nicht mehr wegzudenken“, heißt es etwa bei Primus. Fleischlos essen ist demnach
gesund
umweltfreundlich
bietet Chancen auf ethische Fortschritte und ist
wirtschaftlich vertretbar.
Rationale Argumente gegen den Vorstoß fehlen demnach – die Debatte ist nur eine emotionale.
Es ist eher ein vermeintlicher Angriff auf den freien Willen, der Gegnern des Projekts Veggie-Tag Bauchschmerzen bereitet. Das Gefühl, jemand wolle ihnen das Schnitzel vom Teller nehmen. Übersehen wird (neben zahllosen Fleischskandalen) die Chance, den Horizont zu erweitern. Zu erkennen, dass fleischlose Kost (sogar vegane) nicht automatisch Zwangsernährung mit Tomaten-Gurken-Rohkost bedeutet. Hätten Sie gewusst, dass es fleischlosen Braten gibt (Rezept siehe hier)? Könnten Sie in Ihrer Kantine künftig kennenlernen. Ganz von selbst. Und nebenbei das eine oder andere Tofu-Klischee beerdigen. Oder auch nicht. Ausprobieren. Und schlimmstenfalls ein Wurstbrot einpacken, wenn’s denn wirklich gar nicht geht.
Aber nein: Der durchschnittliche deutsche Mann verspeist laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung etwa 160 Gramm Fleisch am Tag – und erwartet von seiner Kantine selbstverständlich Unterstützung. Ob’s nun gut ist oder nicht. Schließlich ist er ja ein freier Mensch.
Ginge es in der Debattte um die Einführung eines vegetarischen Tages in Schulkantinen oder bei der Verköstigung im Kindergarten – viele Eltern würden Beifall klatschen, garantiert auch Gegner des Grünen-Vorstoßes. Denn schließlich wollen wir für Kinder und Jugendliche immer nur das Beste.