Vier Wochen vor der Bundestagswahl debattiert ganz Deutschland wieder emotional über Asyl, Migration und Innere Sicherheit. Die Frage liegt nahe: Wird die AfD von Alice Weidel von der Bluttat von Aschaffenburg profitieren? Kann sie nun sogar stärkste Kraft bei der Bundestagswahl werden, weil sie besonders rigoros gegen Asylbewerber vorgehen will? Die Karten werden neu gemischt – Umfrage-Experten geben ihre Einschätzungen ab.
Zuletzt war die AfD beim Institut INSA für die „Bild“ schon auf 21,5 Prozent geklettert, bei anderen Meinungsinstituten wie Forsa und YouGov lag sie knapp unter 20 Prozent.
Merz macht AfD-Chefin Weidel zwei Wahlkampf-Geschenke
Auf Anfrage des Handelsblatts geht Forsa-Chef Manfred Güllner davon aus, dass die AfD „kurzfristig zulegen“ könnte. Er meint, die anderen Parteien würden einen Fehler machen, wenn man sich nun nur noch mit dem Thema Migration beschäftigt. Wenn das passiere, „dann hilft das nur der AfD“.
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INSA- Chef Hermann Binkert geht von einem maximalen Wählerpotenzial der AfD von gut 25 Prozent bei der Bundestagswahl aus. Das werde sich auch durch Ereignisse wie in Aschaffenburg „nicht gravierend ändern“, so seine Einschätzung.
Doch ausgerechnet Friedrich Merz macht Alice Weidel nun zwei Geschenke. Zum einen bietet er der AfD-Kanzlerkandidatin ein TV-Duell an, bei dem „die Fetzen fliegen“ sollen. RTL/ntv sowie Welt TV haben direkt mitgeteilt, dass sie die Sendung ausstrahlen wollen, Weidel hat das Angebot angenommen. Es wird also im Februar vor einem Millionenpublikum ein Duell auf Augenhöhe zwischen den beiden geben – und damit eine Chance für Weidel, sich mit dem Kanzlerkandidaten der Union in einem harten Duell messen zu können.
Wieso mehrere Monate warten, wenn Merz Notlage sieht?
Ein zweites Geschenk macht Merz ihr damit, dass er am Donnerstag verkündete, als Kanzler sofort die Grenzen für Menschen ohne gültige Papiere dichtzumachen. Doch mit welchem Koalitionspartner? SPD und Grüne haben europarechtlich große Bedenken, die AfD steht Gewehr bei Fuß – und will die Maßnahme nicht erst in Monaten, wenn Merz Kanzler werden könnte, sondern umgehend umsetzen. Weidel veröffentlichte wenige Stunden nach der Merz-Ankündigung einen offenen Brief und treibt den CDU-Mann damit vor sich her.
„Ihrer Stellungnahme zur Aschaffenburger Bluttat eines abgelehnten und vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Asylbewerbers entnehme ich, dass Sie diese Lagebeurteilung teilen“, schreibt Weidel. Und weiter: „In staatspolitischer Verantwortung appelliere ich daher an Sie: Lassen Sie uns ohne weiteres Zögern die erforderlichen Beschlüsse fassen, um in die Tat umzusetzen, was die Bürger jetzt mit Recht von der Politik erwarten. Die kommende Sitzungswoche im Deutschen Bundestag bietet dafür eine Gelegenheit, die nicht ungenutzt verstreichen darf.“
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Die Mehrheiten dafür seien abseits von Rot-Grün vorhanden, behauptet Weidel. Sie geht davon aus, dass auch fraktionslose ehemalige AfD-Abgeordnete sowie die FDP mit im Boot wären. Doch Merz will an der Brandmauer festhalten – was Weidel wiederum dann vor dem TV-Millionenpublikum die Chance bieten würde, ihn bei dieser Frage in die Enge zu treiben. Wenn Merz tatsächlich ein akutes Sicherheitsrisiko im Land sieht, sogar eine „nationale Notlage“, wie er es nach dem Anschlag von Solingen formulierte, die rechtfertigt die Grenzen dichtzumachen, wieso dann noch mehrere Monate warten?