Brüssel.
Bayern hat ein Schloss, NRW residiert in einem Bürohaus: Die Landesvertretungen der Bundesländer in Brüssel wollen Land und Leute repräsentieren. Da bietet man dann Kunst, Karneval oder eine „Schwarzwaldstube“.
Als erste Anlaufstelle vor Ort sehen alle Landesvertretungen sich als Ansprechpartnerin für Politik, Wirtschaft, Verbände und Kammern, Forschungseinrichtungen und Hochschulen sowie für Vereine und politisch interessierte Gruppen aus dem jeweiligen Bundesland, die sich über aktuelle Entwicklungen in Brüssel informieren oder sich auf europäischem Parkett präsentieren möchten.
NRW: Seit 1986 in Brüssel. 30 Mitarbeiter auf 2140 Quadratmetern. NRW hat mit 19 Abgeordneten die meisten Vertreter im Parlament. An Altweiber feiern die Jecken in der Repräsentanz des bevölkerungsreichsten Bundeslandes auch in Brüssel.
Niedersachsen: Die norddeutschen Länder richten im „Niedersachsenhaus“ häufig gemeinsame Veranstaltungen aus, etwa einen Deutschkurs für Kommissionsmitarbeiter. Neben 20 Mitarbeitern gibt es in der Vertretung (seit 1986 vor Ort) auch ein Harz- und Heide-Gästezimmer und Wattenmeerfotos an den Wänden.
Bayern: Seit 1987 in Brüssel. Das Gelände erstreckt sich über drei Gebäude, direkt neben dem Parlament. In dem Schloss, das von vielen neckisch als Schloss Neuwahnstein bezeichnet wird, arbeiten 30 Mitarbeiter.
Baden-Württemberg: Seit 1987 in Brüssel und derzeit 28 Personen stark. Das Gebäude liegt parallel zu den Kollegen aus NRW und Niedersachsen. Der große Betonklotz entfaltet seinen schwäbischen Charme im Innern: Marmorbüsten spiegeln sich im Leuchter-Licht auf dem hellen Boden. Hier ist auch der ehemalige Ministerpräsident und jetziger EU-Kommissar Günther Oettinger oft zu Gast. Das Schmuckstück des Hauses: Die Schwarzwaldstube.
Hessen: Die Vertretung hat sich seit ihrer Eröffnung 1992 stark vergrößert. Mittlerweile gibt es 25 Mitarbeiter. Ein Vorteil: Das Büro liegt in einem Mehr-Regionen-Haus, in dem drei weitere Vertretungen aus anderen Ländern residieren. Treten sie gemeinsam bei der Kommission auf, wird ihr Anliegen meist mehr gewichtet. Mit dem Finanzzentrum in Frankfurt hat die Vertretung ein besonderes Augenmerk auf den Europäischen Finanzmarkt
Berlin: Kam 1989 zunächst noch – wie die meisten – als Ein-Mann-Betrieb nach Brüssel. Bei der Berliner Runde treffen sich viele Ex-Berliner und jetzige Wahl-Brüsseler zu einem gemeinsamen Stammtisch in dem Büro. Die neun Mitarbeiter in dem schicken Brüsseler Bürgerhaus sehen ihre Arbeit als klassische Repräsentations- und Botschaftsfunktion.
Hamburg/Schleswig-Holstein: Das Hanse-Office wurde 1985 von Hamburg als erstes Regionalbüro überhaupt in Brüssel eröffnet und vertritt seit 1987 als gemeinsame Einrichtung der Länder Hamburg und Schlewsig-Holstein deren Interesse bei den EU-Institutionen. Die 15 Mitarbeiter sitzen in einem Bürgerhaus, das durch seine Verzierungen betört. Bunte, kirchenähnliche Glasfenster, Gemälde mit Schicksalsgöttinen gegenüber der Galerie, entlang des marmorierten Treppenhauses runden mit der schäfchenwolken-bemalten Himmelsdecke das sinnliche Bild des kleinen Hauses ab.
Bremen: Zog drei Jahre später, 1987 gleich neben dem Hanse-Office ein. Die neun Mitarbeiter kooperieren viel mit den anderen norddeutschen Landesvertretungen. Geschmückt mit Bremer Gemälden, nutzen sie ihre Räume auch als Kunstschaufenster für die Brüsseler Welt.
Rheinland-Pfalz: Im Garten des Altbaus aus dem Jahre 1908 wachsen heimische Weinreben. Natürlich gibt es auch einen Weinkeller und einen jährliches Weinfest. Auf zwei Etagen sitzen hier 13 Mitarbeiter. Die Landesvertretung gibt es seit 1987 in der Europahauptstadt.
Sachsen-Anhalt: Kam, wie alle ostdeutschen Länder, 1991 nach Brüssel und erwarb das ehemalige Botschaftsgebäude der DDR. In der Bauhausarchitektur findet sich noch gelebte deutsche Einheit, so die Mitarbeiter. Als Chemieland ist Sachsen-Anhalt auf Brüsseler Boden besonders an Industriepolitischen Themen interessiert. Mitarbeiter: elf.
Mecklenburg-Vorpommern: Seit 1991 ebenfalls im Gebäude der ehemaligen DDR-Botschaft ansässig. Das Büro hat die Koordinierung der EU-Ostseestrategie übernommen und versucht, den Ostseeraum stärker in den Fokus zu rücken. Da nicht direkt im Europa-Viertel gelegen, haben es die acht Mitarbeiter zu den EU-Institutionen etwas weiter.
Thüringen: Seit 1991 in Brüssel, 1993 aus der ehemaligen DDR-Botschaft in ein geräumiges Eckhaus nahe des Jubelparks gezogen. Markenzeichen sind Konzerte, die als Abbild der Thüringischen Kulturlandschaft dienen, sowie das Thüringer Frühlingsfest. Mitarbeiter: neun.
Brandenburg: Bei dem renovierten Gebäude in der Nähe der Kommission handelt es sich um einen Mischbau – hier sitzen auch andere Regionalbüros und Dienstleister. Die preußisch-funktionale Einrichtung wird mit Fotos von brandenburgischen Sehenswürdigkeiten geschmückt. Bei Veranstaltungen in der seit 1992 existierenden und elf Mann starken Vertretung kommen auch Spreewaldgurken auf den Tisch.
Sachsen: 14 Mitarbeiter. Die Landesvertretung gibt es seit 1991 in Brüssel, seit 2004 liegen die Büros in dem alten klassischen Gemäuer, das einst ein Holländisches Handelshaus war. Ein besonderes Highlight im Jahr ist der sächsische Weihnachtsmarkt, zu dem 3000 Besucher in die Vertretung strömen.
Saarland: Das kleinste Bundesland war das erste, das einen Beschluss zur Eröffnung eines Büros in Brüssel veröffentlicht hat – bezog den belgischen Sitz jedoch 1985 wenige Monate nach den Hamburgern. Die für das Saarland wichtige Steinkohle spielte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Rolle in der EU-Politik. Heute arbeiten sieben Personen in dem Jugendstilhaus, das direkt am Jubelpark im EU-Viertel gelegen ist.