Kreml-Herrscher Wladimir Putin denkt in langen, historischen Dimensionen. Seit seinem Amtsantritt vor über 20 Jahren strebt er einen Wiederaufbau Russlands zu alter Stärke an.
Dieses Großmacht-Denken aus dem 19. und 20. Jahrhundert wähnte man in der globalisierten Welt hinter sich gelassen zu haben. Mit Schrecken muss der Westen nun erkennen, dass Wladimir Putin aber in diesen Kategorien denkt und handelt. Dabei scheint er ein großes Vorbild aus eben jener Epoche des Nationalismus zu haben: Zar Alexander III.
Wladimir Putin: Ist Zar Alexander III. der wahre Grund dafür, warum er die Ukraine überfallen hat?
Zar Alexander III. regierte Russland bis zu seinem Tod im Jahr 1894. Das ist lange her – und doch lassen sich viele auffällige Gemeinsamkeiten zwischen Putins Vorgehen und der Herrschaft des Zaren finden.
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Das ist Wladimir Putin:
- Wladimir Wladimirowitsch Putin wurde am 7. Oktober 1952 in Leningrad geboren.
- Am 7. Mai 2000 wurde er erstmals zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt.
- Vorher war er Agent des KGB.
- Sein autoritäres Herrschaftssystem wird als „Putinismus“ oder „gelenkte Demokratie“ bezeichnet.
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Der Zar strebte eine „Epoche nationaler Wiedergeburt“ für Russland an – ebenso wie Putin jetzt. Genauso wie unter dem Zaren soll Russland wieder zu einer Weltmacht werden, nachdem US-Präsident Barack Obama Russland seinerzeit sogar nur noch als „Regionalmacht“ verspottete. Eine Schmach, die Putins Außenpolitik anzutreiben scheint, sei es in den Kriegen in Georgien, Syrien oder seit 2014 in der Ukraine.
Wladimir Putin hält das Andenken an Alexander III. hoch. Im Jahr 2018 weihte er ein Denkmal zu seinen Ehren auf der annektierten Krim ein. Auf dem Sockel des Denkmals steht ein Zitat, das dem Zar zugeschrieben wird, aber passgenau zur Gegenwart passt: „Russland hat nur zwei Verbündete – die Armee und die Flotte.“
Ukraine-Krieg: Ist Zar Alexander III. das große Vorbild für Wladimir Putin?
Tatsächlich hat sich Putins Russland international nach dem Überfall auf das Bruderland Ukraine isoliert, selbst China geht auf vorsichtige Distanz. Zum Westen wurden nach Kriegsbeginn politisch und wirtschaftlich alle Brücken abgebrochen. In der UN stehen nur noch Unrechtsregime wie Nordkorea und Syrien offen auf Putins Seite. Folgt der Russen-Präsident diesem Zitat des Zaren, dürfte ihm diese Isolation aber wenig ausmachen.
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Wie die „Welt“ berichtet, galt Zar Alexander III. lange als reaktionär im modernen Russland. Doch in den vergangenen Jahre habe sich das staatlich verbreitete Geschichtsbild auffällig gewandelt. In Schulbüchern werde er plötzlich als Vater des Vaterlandes beschrieben. Auch 2021 nahm Putin an einer Enthüllung eines weiteren Denkmals für Alexander III. teil, diesmal in Sankt Petersburg.
Der Zar unterdrückte die ukrainische Kultur – Blaupause für Wladimir Putin?
Mit Blick auf die Ukraine ist die historische Rolle des Zaren besonders brisant und aufschlussreich, wenn es um die wahren Absichten Putins geht: Der Adelige setzte auf eine kompromisslose Russifizierung der Ukrainer, die fortan zu „Kleinrussen“ erklärt wurden. Sogar der Gebrauch der ukrainischen Sprache in der Verwaltung wurde verboten. Putin hat den Ukrainern ebenfalls abgesprochen, eine eigenständige Nation zu sein – ganz in der Traditionslinie von Alexander III.
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Zar Alexander III. und Präsident Putin: Harte Hand gegen Systemkritiker
Zur Festigung seiner Herrschaft setzte der Zar auf das Militär, welches er ebenso modernisierte wie Putin in den vergangenen Jahren, und auf seine Geheimpolizei, die er zur Überwachung von Systemkritikern einsetzte. Putins Regime geht ebenfalls mit Gewalt gegen die Opposition vor. Seine anfänglich noch „gelenkte Demokratie“ wurde mit der Zeit immer autoritärer, die Pressezensur immer radikaler. Oppositionelle wie Alexei Nawalny wurden rigoros ausgeschaltet. Nun drohen Putin-Gegner sogar Geld- und Haftstrafen, wenn sie nur das Wort „Krieg“ in den Mund nehmen.
Zar Alexander III. pochte auf russische Werte, um die alte Größe seines Reiches wiederherzustellen: Autokratie, Gottgefälligkeit und schlichte Lebensführung. Gegenüber der Intelligenzija, also der aufgeklärt-gebildeten Gesellschaftsschicht, ging er auf Distanz, schreibt die „Welt“. Auch Putin beruft sich auf diese Traditionen, wertete während seiner Amtszeit die russisch-orthodoxe Kirche als staatstragende Institution wieder auf und verachtet westlich-liberale Werte, insbesondere die sexuelle Freiheiten. Westlich orientierte Kritiker seines Kurses bezeichnete er in seiner jüngsten TV-Ansprache als „Verräter“ und „Abschaum“, wettete auch gegen Künstler und Sportler, die luxuriös im Ausland leben und geistig „nicht bei unserem Volk, nicht bei Russland“ seien.
Die Politik des Zaren, insbesondere seine harte Hand gegen die Ukrainer, wirken wie eine Blaupause für Putins Vorgehen. Zwar behauptet er öffentlich, die Ukraine nicht erobern zu wollen, doch kann man seinen Aussagen noch trauen? Strebt Putin an, ein zweiter Alexander III. zu werden?
Offenbar will Putin als Architekt eines neuen Großrusslands in die Geschichtsbücher eingehen. Ob als Moskau-treuer Satellitenstaat mit einer Marionettenregierung, ähnlich wie Belarus, oder gar als Teil der Russischen Förderation: Bei seinen Großmachtsträumen nimmt Putin das Leid für die Ukrainer in Kauf.