Durch seinen Auftritt bei „Hart aber fair“ hat Thomas Wasilewski viel Aufmerksamkeit im Netz bekommen. Im ARD-Talk sind zwei Welten aufeinandergeprallt: Auf der einen Seite ein Bürgergeld-Empfänger und ihm gegenüber unter anderem CDU-Politiker Philip Amthor. Bei einem hitzigen Gespräch hat der 60-Jährige dem Politiker die Stirn geboten und stand mit aller Bestimmtheit für das Ansehen und die Rechte armutsbetroffener Menschen ein.
Nach der Ausstrahlung der Sendung gab es gemischte Reaktionen, vor allem aber viel Zustimmung. Tatsächlich war es aber nicht der erste TV-Auftritt des Bürgergeld-Empfängers. Wie er gegenüber DER WESTEN verraten hat, war da die Reaktion jedoch eine ganz andere.
Bürgergeld-Empfänger im Supermarkt übel angegangen
Nach einer großen Operation am Herzen im Jahr 2012 steht Thomas Wasilewski dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Seitdem ist er Frührentner und lebt vom Jobcenter. Seit dem 1. Januar 2024 liegt der Regelsatz für eine erwachsene Person bei 563 Euro, das sind umgerechnet knapp 19 Euro am Tag. Das muss für Essen, Haushaltsmittel, Kleidung und Körperpflege reichen.
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Im Vorjahr stellte sich die Opposition gegen die Erhöhung. Das Politikmagazin „Monitor“ ging deshalb im September 2023 der Behauptung auf den Grund, ob sich arbeiten von nun an nicht mehr lohne. Auch Thomas Wasilewski kam als Betroffener in der WDR-Sendung zu Wort. „Das Leben mit Bürgergeld ist sehr schwierig. Und am Ende des Monats, spätestens am 23., bin ich pleite“, stellt er klar und widerspricht damit deutlich der Behauptung.
Auch im Interview mit DER WESTEN unterstreicht Wasilewski seine Aussage nochmal: „Wenn das Geld weg ist, bleibt der Kühlschrank leer. Dann kann man noch Spaghetti mit Ketchup oder Toast machen und die Tage zählen, bis wieder Geld auf dem Konto ist.“ Außerdem verrät der Familienvater, dass er nach Ausstrahlung der Sendung im Supermarkt von einem Zuschauer übel angegangen worden sei. „Er meinte: ‚Pass mal auf. Ich habe gesehen, dass du mit dem Geld nicht auskommst. Dann würde ich mal hier den Schoko-Pudding rausnehmen, dann kommst du auch bis zum Ende des Monats klar. Ansonsten würde ich mal arbeiten gehen.‘ Das war natürlich hardcore.“
Der ewige Kampf gegen Vorurteile
Solch eine Reaktion schockiere ihn zwar nach wie vor, doch ein Einzelfall sei das nicht. Kürzlich sei der Mönchengladbacher einer Einladung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Köln gefolgt und habe ebenfalls üble Beschimpfungen über sich ergehen lassen müssen. Von seinem Hoodie mit der Aufschrift „Regelsatz rauf auf 813 Euro“ fühlten sich offenbar einige Passanten provoziert. „Dann begegnen die Leute einem und sagen ‚Nutzloser Fresser, geh arbeiten!‘ oder solche Sprüche wie: ‚Dein unwertes Leben sollte man beenden!‘ Das muss man sich dann gefallen lassen.“
Worte, die auch nach 12 Jahren noch weh tun, zumal Wasilewski und seine Familie schon auf jeglichen „Luxus“ im Leben verzichten würden. „Man kann sich nichts mehr leisten. Ich liege seit 12 Jahren auf derselben Matratze. Wir haben das Auto abgeschafft, wir können mit den Kindern nirgendwo mehr hinfahren. Den ersten Tag nach den Ferien sind sie lieber zuhause geblieben, weil sie sich den unangenehmen Fragen der Klassenkameraden nicht stellen wollten.“
„Genug zum Leben“
Um der Gesellschaft etwas zurückzugeben, engagiert sich der 60-Jährige ehrenamtlich und gibt jeden Samstag zusammen mit dem Verein „Suppentanten“ Essen an Obdachlose und andere armutsbetroffene Menschen raus. Zudem beliefert er regelmäßig die Tafel mit Lebensmitteln. „Ich könnte natürlich selbst auch zur Tafel gehen, aber ich habe das ein paar Mal gemacht und ich habe mich schrecklich gefühlt. Weil einem dann klar wird, dass man ganz unten angekommen ist. Für jemanden, der 30 Jahre gearbeitet hat, ist das schlimm. Das ist das letzte bisschen Stolz, was ich noch habe, weshalb ich das nicht möchte“, versucht der einstige Groß- und Außenhandelskaufmann verständlich zu machen.
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Thomas Wasilewski wünscht sich zwar eine Erhöhung des Bürgergeldes auf 813 Euro, doch er stehe nicht nur für Bürgergeld-Bezieher ein. Er plädiert auch für höhere Löhne, denn nur zu oft begegne er selbst bei den „Suppentanten“ Arbeitstätigen, die trotz Vollzeit nicht genug Geld am Monatsende für Lebensmittel hätten. Dass Arbeitnehmern mehr Geld zustünde als Arbeitslosen stehe für ihn außer Frage, es solle nur für alle „zum Leben reichen“.