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„Es ist, als ob du fliegen könntest“

„Es ist, als ob du fliegen könntest“

Mike Bartsch ist aufgeregt. Die Tante des Beachvolleyball-Olympiasiegers Julius Brink steht am Montag vor dem VIP-Terminal des Köln-Bonner Flughafens und hält ein Geschenk in der Hand.

Köln (dapd-nrw). Mike Bartsch ist aufgeregt. Die Tante des Beachvolleyball-Olympiasiegers Julius Brink steht am Montag vor dem VIP-Terminal des Köln-Bonner Flughafens und hält ein Geschenk in der Hand. „Die beiden Wimpel mit den Fotos von Julius und Jonas habe ich extra anfertigen lassen. Da ist sogar ein Kinderfoto von Julius drauf“, schwärmt die blonde Frau aus Münster. Auch Verwandtschaft von Julius‘ Spielpartner Jonas Reckermann ist nach Köln gekommen, allen voran die stolzen Eltern. Ihre Söhne haben Sportgeschichte geschrieben: Sie sind die ersten Europäer, die den olympischen Beachvolleyball-Wettbwerb gewinnen konnten.

Vater Klaus Brink genießt die Aufmerksamkeit. Die Londoner Olympia-Akkreditierung hängt noch um den Hals des Physiklehrers, die Hände hat er tief in den Taschen der kurzen Hose vergraben. Geduldig beantwortet er alle Fragen der Journalisten. Ruth Brink, die Mutter von Olympiasieger Julius, gibt derweil Fernsehinterviews. Ruhm ist teilbar und weil sich die beiden Sieger aus London verspäten, fällt jetzt auch ein wenig Glanz auf die Familie ab.

Wenige Schritte entfernt erzählt Elisabeth Reckermann, die Mutter von Beach-Boy Jonas, ihre Lieblingsgeschichte aus London. „Nach dem Finalsieg der beiden hatten wir unheimliches Glück. Ein netter Ordner hat uns durch eine Kontrolle gelassen und so konnten wir unseren Sohn umarmen und auch in der Nacht noch die Medaille anfassen“, erzählt sie begeistert. Auch Johannes Reckermann, der beruflich Sportlehrer ausbildet, schwärmt: „Es ist so, als ob du fliegen könntest und einfach nicht mehr runterkommst. Ein unbeschreibliches Gefühl.“ Die Eltern genießen den Moment des Triumphs ihres Sohnes Jonas immer wieder. „Ich habe vor der Abreise nach London alle Übertragungen programmiert. Beim ersten Anschauen haben wir die Aufnahme angehalten und erstmal Sekt geholt“, erinnert sich Vater Johannes.

Die Olympiasieger sind müde vom Feiern

Dann wird es laut. „So sehen Sieger aus“, skandiert eine Gruppe unter den rund 100 Fans, Freunden und Verwandten. In einem goldenen Kleinwagen rollen die beiden Olympiasieger aus Rheine und Münster heran. Sie durften die Maschine aus London durch einen Sonderausgang verlassen und ausnahmsweise direkt zum VIP-Terminal des Flughafens fahren. Müde sehen sie aus, die beiden Beachvolleyball-Spieler. Weil die Fotografen es so wollen, stellen sie sich auf die Sitze des kleinen Cabrios und zeigen die Goldmedaillen am violetten Band. „Das ist das Ding“, ruft Julius Brink und seine Stimme hört sich arg mitgenommen an. Irgendwer reicht überdimensionale Olympische Ringe aus Pappe, beide stecken ihre Köpfe hindurch und lachen.

„Wir haben im Flieger geschlafen“, erzählt Julius Brink, schließlich habe schon um 5.45 Uhr der Wecker geklingelt. Die Abschlussfeier der Olympischen Spiele sei ein Traum gewesen. „Ich habe mir während der Feier einen Ball über den Kopf gezogen, denn ich bin Karneval schon einmal als Beachvolleyball gegangen, aber das Kostüm hatte ich in London nicht dabei“, sagt Brink und grinst.

„Hallo, mein Schatz!“ hört derweil Jonas Reckermann und erkennt im Gedränge seine Mutter Elisabeth. Sekunden später fallen sie sich in die Arme. Cousine Maximiliane überreicht Julius Brink die Wimpel mit den Jugendfotos, die Tante Mike extra anfertigen ließ. Diese zieht es vor, die Szene zu fotografieren. „Es gibt nur zwei von den Wimpeln, keinen einzigen mehr. Die sind ja auch zu teuer“, sagt die Tante und strahlt.

„Mein Leben war vorher schon super, ich hoffe, das bleibt auch so“, sagt Jonas Reckermann. Journalisten wollen ein Fazit hören, eine Einordnung dessen, was da auf dem olympischen Sand in London geschah am 9. August. „Wir können das noch gar nicht richtig fassen“, sagt Julius Brink und fügt hinzu: „Schon bald werde ich wieder normal aus dem Flugzeug steigen und mit dem Bus zum Terminal fahren.“ Aber dies sei ein besonderer Tag.

Knapp zwei Stunden nach ihrer Ankunft in Köln steigen Julius Brink und Jonas Reckermann in zwei dunkelblaue S-Klasse-Fahrzeuge von Mercedes – auf den Kotflügeln je zwei Stander mit den deutschen Farben. Schon beim Losfahren ziehen die Sportler die schwarzen Jalousien an den Heckfenstern zu. Olympia hat viel Kraft gekostet, das Feiern offenbar auch.

dapd

2012-08-13 15:53:15.0