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Eschweiler: Feuerwehr-Chef schildert dramatische erste Minuten – Schreie, Flammen, Retter in Gefahr

Explosion, Flammen, Trümmer, 14 Bewohner und zwei Einsatzkräfte verletzt – der Eschweiler Feuerwehr-Chef schildert die ersten Minuten.

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© Stadt Eschweiler + picture alliance/dpa/Henning Kaiser

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Die Flutkatastrophe im Juli 2021 hat die Feuerwehr Eschweiler hart gefordert. Doch was die Einsatzkräfte in den ersten Minuten nach der verheerenden Explosion am Donnerstagabend (30. März) erleben, ist auf eine ganz andere Weise dramatisch. Einige Einsatzkräfte werden zu Helden, riskieren in den Flammen ihr eigenes Leben, um andere zu retten. Die Schilderungen des Feuerwehr-Chefs gehen unter die Haut.

Über Stunden berichten bereits die Medien – auch DER WESTEN – über die fürchterlichen Ereignisse in der Nacht vom 30. auf den 31. März, als am Freitagmittag der Leiter der Feuerwehr Eschweiler, Axel Johnen, zusammen mit Bürgermeisterin Nadine Leonhardt vor die Presse tritt. Die offiziellen, vergleichsweise sachlichen Schilderungen, die bis dahin vorliegen, füllt er auf bewegende Weise mit persönlichen Eindrücken und Einschätzungen.

Eschweiler: „Lage noch viel dramatischer als befürchtet“

Sogar in sieben Kilometern Entfernung, wo sich Johnen zum Zeitpunkt der Explosion um 21.15 Uhr befindet, habe er den Knall noch gehört, berichtet der Oberbrandrat. Augenblicke später gehen bei der Feuerwehr die ersten Notrufe ein – und dann immer mehr. Anrufer berichten von Feuer und von Menschen, die an den Fenstern stehen und rufen. Es sei daher sofort eine „hohe Alarmstufe“ ausgerufen worden, betont Johnen, ergänzt aber: „Als die ersten Einsatzkräfte eintrafen, war die Lage noch viel dramatischer als befürchtet.“

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Auf mehr als hundert Metern Länge gleichen die Neustraße und die Josefstraße in der Eschweiler Innenstadt einem Trümmerfeld. Rund 20 umliegende Gebäude sind durch die Druckwelle massiv beschädigt worden. Das Bekleidungsgeschäft im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftsgebäudes, in dem sich die Explosion ereignet hat, steht vollständig in Brand. Die Flammen schlagen nach vorne aus den Schaufenstern. Überall sind Schreie zu hören: aus dem Gebäude und von umstehenden Passanten und Anwohnern in der Fußgängerzone.

Axel Johnen: „Im ersten und im dritten Stock riefen Menschen an den Fenstern um Hilfe.“ Das gleiche Bild ergibt sich an der Rückseite des verschachtelten Gebäudekomplexes. Und dann weist eine Zeugin auch noch darauf hin, dass sich weitere Menschen im Gebäude befänden.

Retter laufen ins brennende Gebäude

Die zunächst nicht allzu vielen Einsatzkräfte der Eschweiler Hauptwache stehen unter einem enormen Druck – auch psychisch. Die ehrenamtlichen Kräfte der freiwilligen Löschzüge sind noch auf der Anfahrt. Johnen zufolge haben die Feuerwehrleute in den ersten Minuten daher gar nicht die Kapazitäten, sich um die Bekämpfung des Brandes zu kümmern.

Ausgerüstet mit Atemschutzgeräten laufen sie beherzt in das lichterloh brennende Gebäude und bringen sich dabei, wie der Feuerwehr-Chef berichtet, selbst in Gefahr. Innenminister Herbert Reul (70, CDU) wird ihnen dafür später seinen besonderen Dank aussprechen.

Mann, Frau und Säugling im verrauchten Treppenhaus

Schon auf dem Weg in den ersten Stock stoßen sie im verrauchten Treppenhaus auf einen Mann und eine Frau, die einen zwei Monate alten Säugling auf dem Arm tragen. Die Verletzten werden direkt nach draußen gebracht und mitten auf der Straße medizinisch versorgt. Einige Bewohner des Hauses erleiden massive Verbrennungen. In dieser ersten dramatischen Phase des Einsatzes verletzen sich auch zwei Feuerwehrleute – zum Glück nicht schwer.

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Zwischenzeitlich erhöht die Leitstelle das Einsatzstichwort auf „Massenanfall von Verletzten“ (ManV) und alarmiert nicht nur die gesamte Eschweiler Feuerwehr, sondern zahlreiche weitere Feuerwehr- und Rettungsdienst-Einheiten aus Aachen, Stolberg und umliegenden Städten, außerdem das Technische Hilfswerk. Des Weiteren eilt die Einsatzhundertschaft der Polizei Wuppertal nach Eschweiler.

Druckwelle hebt Geschossdecke von den Mauern

Um die Menschen aus den höheren Geschossen zu retten, werden zwei Drehleitern ausgefahren und zusätzlich tragbare Leitern herbeigebracht. Doch in den brennenden hinteren Gebäudeteil, in dem es wahrscheinlich zur Explosion gekommen ist, wagen sich die Einsatzkräfte nicht hinein. Wie Axel Johnen schildert, ist die Geschossdecke der früher als Backstube genutzten Räume durch die Druckwelle von den Grundmauern abgehoben und nach oben gedrückt worden, dann wieder nach unten gesackt. Es besteht akute Einsturzgefahr.

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Oberbrandrat Axel Johnen, Leiter der Feuerwehr Eschweile, und Bürgermeisterin Nadine Leonhardt während der Pressekonferenz. Foto: picture alliance/dpa | Henning Kaiser

40 Minuten nach dem ersten Notruf hat es die Feuerwehr geschafft, alle neun zunächst im Haus eingeschlossenen Menschen ins Freie zu retten. Insgesamt 14 Menschen sind verletzt, darunter ein zweijähriges Kind und der erwähnte zwei Monate alte Säugling. Am Morgen nach dem Brand ist zunächst von zwei lebensgefährlich verletzten Menschen die Rede, am Mittag muss Feuerwehr-Chef Axel Johnen die Zahl auf vier erhöhen. Unter diesen befinden sich auch das Baby und dessen Mutter.


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Die Flammen fressen sich durch das Gebäude, auch der Dachstuhl brennt letztlich aus. Der Feuerwehr gelingt es jedoch, ein Übergreifen auf direkt angrenzende Nachbargebäude zu verhindern. Erst um 2 Uhr am Freitagmorgen, fast fünf Stunden nach der Explosion, meldete Axel Johnen, dass der Brand zwar noch nicht völlig aus, aber unter Kontrolle ist. Das Ablöschen zahlreicher Glutnester zieht sich schließlich durch den ganzen Freitag, während Brandermittler und eine Mordkommission der Polizei ihre Untersuchungen zur Ursache der Explosion aufnehmen.

Insgesamt sind in der Nacht 125 Einsatzkräfte der Feuerwehr Eschweiler, 105 Kräfte von auswärtigen Wehren, 30 Rettungsdienst-Mitarbeiter, 40 Kräfte des Technischen Hilfswerks sowie zahlreiche weitere von Polizei und Stadtverwaltung vor Ort.