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Feuerwehrmann liefert 112 Gründe, seinen Beruf zu lieben

Feuerwehrmann liefert 112 Gründe, seinen Beruf zu lieben

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Foto: Volker Hartmann
Für den Berufsfeuerwehrmann Jörg Nießen aus Erkelenz ist sein beruf zugleich seine flammende Leidenschaft. Nachdem er zwei Bestseller über sein Leben als Rettungssanitäter geschrieben hat, nun sein drittes Werk: 112 Gründe, die Feuerwehr zu lieben…

Erkelenz. 

Das passt: Auf der Straße zum Domizil des Bestsellerautors Jörg Nießen haben dessen Kollegen großzügig ihr persönliches Konfetti gestreut: „Vorsicht Ölspur!“ steht auf dem Schild neben der Landstraße zum abgelegenen Kloster Hohenbusch. Die Freiwillige Feuerwehr Erkelenz hat Bindemittel gestreut, fast bis vor die Tür von Hauptbrandmeister Jörg Nießen. Der ist zudem Autor und schreibt Blaulicht-Bücher.

Ein junges literarisches Genre, in dem man überraschende Erfolge feiern kann. Ein Jahr stand sein Bestseller „Schauen Sie sich mal diese Sauerei an“ auf der Bestsellerliste. Aus 5000 Exemplaren der Startauflage wurden 150 000. Ein zweiter Band mit weiteren Sauereien verkaufte sich 80 000fach.

Gründe für die Feuerwehr gab es schon in Babylonien

Nun hat Jörg Nießen ein drittes Werk vorgelegt, das zunächst so überflüssig klingt wie ein C-Rohr fürs Löschen der Osterkerze. Wer braucht „112 Gründe, die Feuerwehr zu lieben“? Die Feuerwehr braucht man, weil jemand löschen sollte, wenn’s brennt. Leuchtete schon den Babyloniern ein, 1700 vor Christus. Und den Römern, bei denen Militärsklaven eine äußerst unfreiwillige Feuerwehr bildeten.

Jörg Nießen hat es trotzdem getan. Weil der Verlag Blut geleckt hatte und ein drittes Buch wollte. Nun war aus dem Leben als Rettungsassistent nicht mehr so viel zu holen, also besann sich der Berufsfeuerwehrmann mit dem Einsatzort Köln auf seine flammende Leidenschaft und suchte 112 Gründe, wo die Reihe seines Verlages sonst mit 111 Gründen für alles Mögliche vom Fußballverein übers Fahrrad bis Frankreich publiziert.

Doch bis zur 112 war so mancher Notruf bei Kollegen fällig: „Die ersten 50, 60 Gründe hatte ich ja noch schnell beisammen, aber dann musste ich doch ziemlich grübeln“, räumt Nießen ein. Am Ende aber waren gut 200 Seiten gefüllt, getragen vom typisch raubeinigen rheinischen Grundton, dem nichts Menschliches fremd ist. Dass Blaulicht und Rotlicht schon mal aufeinander treffen, kommt genauso vor wie Leben und Tod, Kalauer und Kinderfeuerwehr.

Aber Nießen ist nicht nur Haudrauf mit Feuerwehrbeil. Dass im Job nicht nur Tränen fließen, wenn auf der Wache Zwiebeln fürs gemeinsame Essen geschnibbelt werden, gehört auch in sein Buch. „Ich kenne Kollegen, die von einem auf den anderen Tag aufhören mussten“, sagt er. „Und bis vor einem Jahr hätte ich bestritten, dass ich mit den Büchern etwas aufarbeite.“

Seitdem aber dämmert ihm: Vor allem Frust über ärgerliche und überflüssige Einsätze, über Schaulustige und Besserwisser musste raus. Dass das jetzt auf Pointe geschrieben in kurzen Kapiteln vor ihm liegt, verdankt sich einem Jahr Arbeit am Schreibtisch in seiner Wohnung im riesigen Klosterkomplex vor den Toren von Erkelenz.

Dass ihm Vögel den Kleinwagen vollgeschissen haben, gehört in dieser Ecke der Welt zu den großen Aufregern. Dass er als Feuerwehrmann die städtische Wohnung im Vorhaus der denkmalgeschützten Klosteranlage bekommen hat, ist kein Zufall. Siehe Grund 89: Feuerwehrmänner sind beliebte Mieter und Nachbarn, Krisenfestes Einkommen als Beamter, rufen nicht beim tropfenden Wasserhahn um Hilfe, wissen wie man improvisiert.

Weil man als Feuerwehrmannin einem Klosterhof wohnen kann

Nach der Lektüre weiß man, warum Balou, ein großer weißer Rüde mit schwarzen Punkten einem um die Beine streicht (Grund 102: Weil Dalmatiner Feuerwehrhunde sind). Lebensgefährtin Marion nach dem Wahrheitsgehalt von Grund 78 (Weil Feuerwehrleute die besseren Liebhaber sind) zu fragen, hieße, die Recherche ein wenig zu übertreiben. Es muss reichen, dass Nießen sagt, sein Lieblingsgrund der 112 Gründe sei, dass die Feuerwehrleute lange Schläuche haben (Grund 104).

Die Wahrheit, so Nießen, ist die Spannung, morgens um halb zehn beim Eintreffen nicht zu wissen, was die nächsten 24 Stunden Dienst als Feuerwehrmann bringen werden. „Ein reiner Bürojob brächte mich um“, sagt Nießen. Lebensgefährlich also, dass er sich immer wieder an den Schreibtisch setzt – und das in seiner Freizeit. Muss an Grund Nummer 83 liegen: „Weil man über sein Berufsleben Bücher schreiben kann.“