Die 12-jährigen Luise aus Freudenberg ist tot. Nicht nur die Kleinstadt in NRW, sondern das ganze Land steht unter Schock. Das Mädchen war am Samstag (11. März) nicht nach Hause gekommen. Am Dienstag teilte die Polizei mit, dass zwei Mädchen (12, 13) gestanden haben, ihre Mitschülerin mit mehreren Messerstichen getötet zu haben.
Da die beiden Mädchen aus Freudenberg (NRW) unter 14 Jahre alt und damit strafunmündig sind, müssen sie trotz ihrer mutmaßlichen Tat keiner Freiheitsstrafe entgegenblicken. Doch ist das auch richtig so? Diese Frage wird aktuell deutschlandweit diskutiert.
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Freudenberg (NRW): Experten überdenken Altersgrenze bei Strafmündigkeit
Erst mit 14 Jahren gilt man in Deutschland als strafmündig und kann für ein Vergehen ins Gefängnis kommen. In anderen Ländern liegt die Grenze teilweise darüber, teilweise aber auch darunter. Der Fall der getöteten Luise wirft nun die Frage auf, ob die Altersgrenze noch zeitgemäß ist.
„Möglicherweise ist es Aufgabe des Gesetzgebers zu gucken, ob der Entwicklungsstand von Kindern oder Jugendlichen heute anders ist als vor 20, 30, 40, 50 Jahren und es deshalb Gründe gibt, darüber nachzudenken, ob man das ändern muss oder nicht.“ Der Bundesjustizminister Marco Buschmann sieht für eine solche Maßnahme allerdings keine Notwendigkeit. Psychologen raten davon sogar vehement ab.
Sondersendung bei RTL
Bei einer RTL-Sonderausgabe erklärte ein Sozialpädagoge am Dienstagabend, dass Kinder unter 14 Jahren noch nicht um die Konsequenzen ihres Handelns wüssten. Diese würden sie erst später begreifen und seien deshalb nicht in gleichen Maßen strafmündig wie ältere Kinder. Doch was könnte Kinder dazu bringen, Gleichaltrige zu töten?
Die Diplompsychologin Dr. Rüya Kocalevent nennt hierzu gleich mehrere „Risikofaktoren“. Unter anderem könnten Gewalt- oder Vernachlässigungserfahrungen innerhalb der Familie in Verbindung mit Verhaltensauffälligkeiten des Kindes eine Rolle spielen. Eine Störung des Sozialverhaltens, eine geschwächte Impulskontrolle oder Emotionsregulation, die sich in „übermäßig aggressivem Verhalten“ äußere, seien beispielweise Indizien.
„Wir sollten genauer hinschauen, wo wir die Kinder begleiten können“, regt die Psychologin an. In dem Zusammenhang bringt sie auch Kinderärzte ins Spiel. Nach den Kindervorsorge-Untersuchungen (U1 bis U9) im Vorschulalter besteht aktuell zwischen dem 6. und 13. Lebensjahr zurzeit eine „große Lücke“, die sie mit mehr vorgeschriebenen Untersuchungen füllen würde. Denn dann würden eventuell auffällige Verhaltensmuster mutmaßlich eher wahrgenommen.
Freudenberg (NRW): Konsequenzen für Täterinnen
In der 20.000-Seelenkleinstadt hatten sich die Bewohner noch am Montag gegenüber den RTL-Reportern ängstlich gezeigt, dass womöglich ein Mörder frei herumlaufe. Heute hätten sie keine Worte mehr für das grausame Geschehen, berichtete ein Reporter am Abend im TV. Für sie sei es so unvorstellbar, jetzt, wo sie wüssten, dass die mutmaßlichen Täter Kinder waren. Für alle Betroffenen und Angehörigen des Opfers stünden nun Seelsorger und Psychologen bereit.
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Für die mutmaßlichen Täterinnen wird es zwar keine Haftstrafe geben, dennoch müssen auch sie mit Konsequenzen rechnen. Sie sind nun an einem geschützten Ort in Obhut des Jugendamts, werden sich bis an ihr Lebensende mit ihrer Tat auseinandersetzen müssen. Den Eltern könnte das Sorgerecht entzogen werden, sodass die beiden Mädchen womöglich in einer Pflegefamilie oder in einem Heim aufwachsen werden.