Die Frauenabteilung der forensischen Klinik in Bedburg-Hau ist plötzlich ausgelastet. Einige Straftäterinnen werden nun in Essen untergebracht. Seit mehr als zehn Jahren verzeichnet man in NRW einen rasch wachsenden Anteil an psychisch kranken Täterinnen.
Essen/Bedburg-Hau.
Die Beschäftigten der Essener Klinik für Forensische Psychiatrie wurden schon etwas nervös. Untergebracht sind hier psychisch kranke Menschen, die im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben, bis die Gerichte ein Urteil gesprochen haben. Doch seit Jahresanfang war das Krankenhaus plötzlich nicht mehr voll belegt: Zuletzt waren nur noch 38 Patienten untergebracht, und bei 54 Plätzen fürchteten einige Beschäftigte schon erste Versetzungen.
Seit gestern aber gibt es wieder zwei neue Patienten: Erstmals sind in das 2009 eröffnete Krankenhaus Frauen eingewiesen worden. Und es könnten durchaus noch mehr werden. Seit mehr als zehn Jahren verzeichnet man in NRW einen rasch wachsenden Anteil an psychisch kranken Straftäterinnen. Die Zahl hat sich von 84 im Jahr 2003 auf 172 im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt – und steigt deutlich schneller an als die Zahl männlicher Täter. Wobei der Anteil immer noch sehr gering ist: Die Zahl der straffällig gewordenen, psychisch kranken Männer stieg im gleichen Zeitraum von rund 1700 auf etwa 2800.
Auch mehr verdächtige Frauen
Klar ist jedoch auch: Wo Gerichte mehr psychisch kranke Frauen in den so genannten Maßregelvollzug einweisen, gibt es auch mehr weibliche Verdächtige. Die mussten bislang in der Rheinischen Landesklinik in Bedburg-Hau untergebracht werden, das dortige Haus für Frauen jedoch ist überbelegt, deswegen wird jetzt auf die Essener Klinik zurückgegriffen. Dabei kommt dem Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug ein Umstand zugute, der bislang eher als Handicap des Essener Hauses gewertet wurde: Die 54 Betten dort verteilen sich auf sechs kleine Stationen mit je neun Plätzen.
So konnte dort jetzt übergangsweise eine Frauenstation mit neun Plätzen eingerichtet werden. Es seien lediglich einige organisatorische Abläufe zu verändern, damit auch in dem Therapieangebot Frauen und Männer bei Bedarf getrennt behandelt werden können. Ob die Essener Klinik dauerhaft eine Frauenstation behält, ist nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums noch offen.
Im Übrigen ist man sich in Düsseldorf sicher: Dass es jetzt kurzfristig so deutlich weniger männliche Patienten in der Forensik gibt, darf noch nicht als Trendwende im Maßregelvollzug gewertet werden. Das bedeutet auch, dass das Land derzeit keinen Anlass sieht, vom geplanten Bau fünf neuer Einrichtungen für den Maßregelvollzug Abstand zu nehmen. Die Häuser mit je 150 Plätzen für psychisch kranke Straftäter sollen, wie berichtet, bis 2020 in Lünen, Haltern, Hörstel, Reichshof und Wuppertal entstehen.