Es geht um Summen von über 200 Millionen Euro und eine Anklageschrift von mehr als 1.000 Seiten.
Am Mittwoch hat am Landgericht Düsseldorf der Prozess gegen sieben Männer aus NRW, Hessen und Baden-Württemberg begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den angeklagten Männern zwischen 33 und 53 Jahren vor, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben.
Außerdem hätten sie systematisch Verstöße gegen das Zahlungsdienstaufsichtsgesetz begangen. Konkret geht es um das sogenannte Hawala-Banking, bei dem Millionensummen international verschoben werden.
NRW: Ermittler mit Großrazzia gegen Hawala-Bande – jetzt startet Prozess
Im November 2019 hatten die Ermittler bei einer Großrazzia in in NRW, Hessen, Hamburg, Berlin, Baden-Württemberg und in den Niederlanden mehr als 60 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt, unter anderem bei einem Juwelier in Duisburg.
NRW: So funktioniert das Hawala-Banking
Es geht um das sogenannte Hawala-Banking: Zahlt Kunde X beispielsweise bei einer Einzahlstelle, etwa einem Lokal oder einem Juwelier in Deutschland, 10.000 Euro ein, kann Kunde Y nur wenig später in der Türkei die 10.000 Euro bei einer Auszahlungsstelle entgegennehmen.
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Staatsanwalt Stefan Willkomm erklärt gegenüber DER WESTEN, wie das möglich ist: „Die Angeklagten haben Geldtöpfe im Ziel -und Auszahlungsland gebildet und ihren Kunden die Möglichkeit gegeben, in einem Topf einzuzahlen und im Ausland das Geld auszuzahlen.“
Das System beruht auf Vertrauen und so sei es möglich, „Gelder nahezu ohne jede Möglichkeit der Rückverfolgung zu transferieren”, heißt es in einer Analyse des Finanzministeriums.
Hans Reinhardt, Verteidiger eines Angeklagten aus Bottrop, macht deutlich: „Das Hawala-Banking ist ein althergebrachtes System, das im Grunde schon seit Jahrhunderten existiert und funktioniert. Es gab letztlich keine Bedenkenträger. Aber Unwissenheit schützt natürlich vor Strafe nicht.“
NRW: Bande soll pro Tag Millionen Euro transferiert haben
Die Transaktionssummen liegen laut Ermittlern bei über 200 Millionen Euro. An guten Tagen sollen bis zu einer Million Euro von der Bande transferiert worden sein. Woher die Gelder stammen, konnte die Staatsanwalt nicht abschließend ermitteln.
Sie war den Angeklagten durch ein anderes Verfahren auf die Schliche gekommen. Der Vorwurf der Geldwäsche bestätigt sich in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aber nicht.
NRW: Verteidiger zieht kuriosen Vergleich zu Jim Knopf
Mustafa Kaplan, Verteidiger aus Köln, vertritt einen der Angeklagten. Er zieht einen kuriosen Vergleich: „Die Anklageschrift ist mit 1.000 Seiten sehr monströs und riesig. Mich erinnert die Anklage an den Scheinriesen von Jim Knopf namens Tur Tur. Je näher man sich das anschaut, desto kleiner wird das Ganze. Und so wird es in der Anklageschrift in der Beweisaufnahme auch verlaufen.“ Sein Mandant aus Meerbusch gilt als Rädelsführer und sitzt als einziger in U-Haft.
Prozess in NRW beginnt nur schleppend
Am Mittwoch begann der Prozess nur holprig. Die Anklage wurde nicht verlesen, da eine Hauptschöffin kurzfristig mit einem positiven PCR-Test in Quarantäne musste.
Das Gericht griff kurzfristig auf einen Ersatzschöffen zurück, was einem Verteidiger missfiel. Er kündigte eine Rüge gegen die Besetzung des Gerichts an. Statt der Anklage zogen sich die Verfahrensbeteiligten also zu einem nicht-öffentlichen Rechtsgespräch zurück. Anfang Mai soll es nun weitergehen. (ms)