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NRW: Neugeborenes ausgesetzt! Expertin spricht Klartext – „Totale Krise“

In Monheim (NRW) setzte eine 16-Jährige ihr Neugeborenes aus. Doch was treibt einen Menschen zu solch einer Tat?

u00a9 imago/Science Photo Library

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Dieser Fall sorgte nicht nur in Monheim (NRW) für Aufsehen: In einem Vorgarten eines Einfamilienhauses fand eine 52-jährige Frau ein neugeborenes Baby. Der gerade einmal wenige Stunden alte Säugling lag völlig hilflos dort. Inzwischen hat die Polizei auch die Mutter des Kindes ausfindig gemacht. Sie ist gerade einmal 16 Jahre alt. Was treibt Menschen zu solch einer Tat?

Über die Mutter des ausgesetzten Säuglings in Monheim (NRW) ist bislang nicht viel bekannt – es war aber wohl nicht die erste Geburt, die die Jugendliche durchmachte. Wie eine Sprecherin der Polizei Monheim auf Nachfrage von DER WESTEN mitteilte, habe sie bereits ein Kind zur Welt gebracht. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Teenagerin möglicherweise ungewollt schwanger war. Wie aus dem Lebenslauf abzuleiten sei, stamme die Kindsmutter „aus schwierigen Verhältnissen“, so die Polizeisprecherin.

NRW: Die Gründe sind vielfältig

„Eine ungewollte Schwangerschaft löst bei Frauen eine totale Krise aus. In dieser Krise geraten sie in Not, es scheint alles erstmal ausweglos. Dann werden Schwangerschaften verheimlicht oder verdrängt“, erklärt Susanne Reslo gegenüber DER WESTEN. Die Diplom-Sozialpädagogin ist im Monheimer Verein „beratungsCentrum“ aktiv und berät dort unter anderem Schwangere in Konfliktsituationen.

Auf die Frage, was Frauen oder Paare dazu bewegt, ihr eigenes Neugeborenes einfach auszusetzen, gebe es keine pauschale Antwort, wie Reslo betont. „Häufig verfügen die betroffenen Personen über keine ausreichenden Problemlösungsstrategien, weil sie die vielleicht nicht gelernt haben oder weil sie psychisch krank sind.“ Zudem werden viele Schwangerschaften auch nicht rechtzeitig bemerkt. In Deutschland darf man regulär bis zur zwölften Woche abtreiben. Ausnahmen gibt es bei sexuellen Übergriffen oder medizinischen Komplikationen.

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Not als Gemeinsamkeit

Es käme auch vor, dass der Partner die Frau dazu dränge, die Schwangerschaft zu beenden beziehungsweise das Kind abzugeben, erklärt die Sozialpädagogin weiter. Man wisse nicht, welchen Hintergrund die 16-Jährige gehabt habe, dass sie diesen drastischen Entschluss fasste und ihr Kind aussetzte. „Die Gründe sind vielfältig, aber was alle Frauen in dem Moment gemeinsam haben, ist eine große Not. Sie haben keine Ressourcen oder Ideen, wie man Hilfsangebote annehmen kann. Wenn eine Frau schwanger ist und das nicht möchte, dann erlebt sie die Schwangerschaft ganz anders, dann ist das eine totale Gefahr, eine Bedrohung. Und wenn Menschen nicht wissen, wie sie sich Hilfe holen können, dann passiert das, was mit dem Mädchen passiert ist.“

Reslo appelliert daran, die 16-Jährige nicht zu schnell vorzuverurteilen – allerdings kann das Aussetzen eines neugeborenen Säuglings natürlich nie eine Option sein. „Es gibt Babyklappen und vertrauliche Geburten. Aber nicht jede Frau hat Kenntnisse von diesen Dingen.“ Zudem sind zum Beispiel Babyklappen nicht für jeden zu erreichen, da nicht jede Stadt eine eigene besitzt.


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Prävention ist ein wichtiger Faktor

Neben der Babyklappe ist die vertrauliche Geburt eine Hilfestellung für Schwangere, die die Schwangerschaft und Geburt geheim halten wollen. Sie ermöglicht es, das Kind anonym und medizinisch sicher zur Welt zu bringen. Danach folgt in den meisten Fällen eine Adoption. Damit es so weit erst gar nicht kommt, sei Reslo die Präventions-Arbeit im Bezug auf ungewollte Schwangerschaften sehr wichtig. Vor allem Jugendliche sollten zum Thema Verhütung rechtzeitig aufgeklärt werden. Bleibt nur zu hoffen, dass sich solch eine Tat wie in Monheim nicht wiederholt.