Diese Familie aus NRW trifft die volle Härte der Abschiebungsbemühungen der Bundesregierung. Mitte März kamen die Beamten, nahmen vier von acht Familienmitglieder mit – spontan auch die Mutter, da der Vater vor Verzweiflung vom Balkon sprang und im Krankenhaus landete. Zurück bleiben nur zwei Schwestern (23, 22) und ihr siebenjähriger Bruder.
Im DER WESTEN-Interview schildert die 22-jährige Nazdar Doğan, wie sie und ihre Familie kämpfen – um die Rückführung der abgeschobenen Familienmitglieder nach NRW, um den Verbleib des Jüngsten und die drohende Abschiebung ihres Vaters.
NRW: 22-Jährige klagt an – „Hauptsache abschieben“
„Dass er überlebt hat, ist ein Wunder“, hatten der Arzt nach dem Sturz des Vaters gesagt. Bei dem Sprung aus zehn Metern Höhe hatte er sich einen Arm, mehrere Rippen und auch den Rücken gebrochen. Mittlerweile sei ihr Vater entlassen worden, erzählt Nazdar. Er mache nun Physiotherapie, Krankengymnastik und bekäme psychische Unterstützung. „Doch er hat immer noch starke Schmerzen.“
Und die drohende Abschiebung sitzt ihm nach wie vor im Nacken. „Das ist für die nicht so wichtig“, wirft seine Tochter den Behörden einen grausamen Umgang mit ihrer Familie vor. „Hauptsache abschieben.“
Das ist die Familie Doğan aus Remscheid: Mutter Saadec (47), Vater Nezir (55) arbeitet als Gärtner, Tochter Mizigin (23) arbeitet als MFA, Nazdar (22) als Pflegekraft in einer psychiatrischen Klinik, Elif (19) macht eine Pflegeausbildung, Azad (17) macht eine Ausbildung zum Bäcker, Melek (13) und Berat (7) gehen noch zur Schule. 2018 kamen die Doğans nach Deutschland, haben sich in den vergangenen Jahren gut in NRW eingelebt und sind nun vollends integriert.
Doch Familie Doğan gibt nicht auf. Der Anwalt ist bereits eingeschaltet, die Hoffnung groß, dass Mutter Saadec und Nazdars Geschwister wieder zurückkommen dürfen. Jetzt heißt es Warten auf den Bescheid. „Das kann schnell gehen oder auch dauern“, weiß die 22-Jährige. Umso froher ist sie über jede Unterstützung, die sie bekommen kann. Wie zum Beispiel über die von Önder Bariscioglu aus Burscheid.
+++ Hier geht es zum ersten Teil des Interviews: NRW: Gnadenlos-Abschiebung! Kleiner Junge (7) von Mutter getrennt +++
NRW: Petition gegen Abschiebung gestartet
Bariscioglu hat nämlich am 20. März eine Petition gestartet, um den Doğans zu helfen. „Meine Familie und ich waren selbst in dieser Situation und dieses tolle Land mit den herzlichen Menschen hat uns die Chance gegeben, doch hier zu bleiben und ein Teil der Gesellschaft zu werden. Daher fühle ich mich hier als Dritter verantwortlich dranzubleiben und der Familie zu helfen,“ erklärte Bariscioglu gegenüber DER WESTEN seine Beweggründe.
„Die Familie trägt einen wichtigen Teil zur gelungenen Gesellschaft bei und ist gut integriert und ist in Berufen aktiv, die dringend benötigt werden und in denen Fachkräftemangel herrscht.“
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Er ist längst nicht der Einzige, der die Entscheidung zur Abschiebung nicht nachvollziehen kann. „Als Kollegin einer der Töchter bin ich fassungslos, wie mit dieser Familie umgegangen wurde“, schreibt eine Nutzerin in einem Kommentar auf der Petitionsseite.
„Wie kann man Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, um hier in Sicherheit und Frieden zu leben, so behandeln, nachdem sie bereits jahrelang ihre Integrationsbereitschaft unter Beweis gestellt haben? Ein siebenjähriges Kind in einer solchen Situation von der Mutter zu trennen, ist besonders unmenschlich und einer Gesellschaft, die sich gern als christlich und sozial bezeichnet, unwürdig.“
NRW: Familie braucht Unterstützung
Bisher haben beinahe 2.000 Menschen die Petition unterschrieben, die direkt an den Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz gehen soll. Etwas über 850 stammen davon aus Remscheid. Zu wenige. „Wir brauchen 1.300 Menschen aus Remscheid, die unterschreiben“, bittet Nazdar um weitere Unterstützung.
Wenn du aus Remscheid kommst und der Familie Doğan helfen möchtest, dann kannst du >>hier die Petition unterzeichnen.