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Pferdesteuer in NRW könnte Millionen Euro bringen

Pferdesteuer in NRW könnte Millionen Euro bringen

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xxx Foto: Archiv/TA, Alexander Volkmann
Kommunen dürfen Pferdesteuer erheben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht jüngst klar gestellt. Reiter sind in Wallung. Womöglich unbegründet.

Essen. 

Das hessische Bad Sooden-Allendorf war früher mal Zonenrandgebiet – unmittelbar am Zaun zur damaligen DDR. 25 Jahre nach der deutschen Einheit bekommt das gut 8500-Einwohner-Städtchen nun bundesweit Aufmerksamkeit: Weil die Stadt erstmals eine Pferdesteuer eingeführt hat. Jüngst hat das Bundesverwaltungsgericht diese Steuer für grundsätzlich okay erklärt. Das bringt Reiter bundesweit in Wallung – und könnte bei Kämmerern auch in NRW für leuchtende Augen sorgen.

Könnte.

200 Euro pro Pferd und Jahr will man in Bad Sooden-Allendorf künftig von Pferdehaltern kassieren. Gut 20.000 Euro jährlich kämmen so zusätzlich ins klamme Stadtsäckel, sagt Bürgermeister Frank Hix. Das städtische Steueramt habe nun begonnen, die vorhandenen Pferde zu erfassen. Die Pferdesteuer sei Teil eines gut 40 Punkte umfassenden Konsolidierungsprogramms, mit der die Stadt bis zum Jahr 2020 endlich wieder Ausgaben und Einnahmen in Einklang bringen will.

Mehr als 15 Millionen Euro Einnahmen durch Pferdesteuern?

Eine Pferdesteuer wäre grundsätzlich auch für Städte und Gemeinden in NRW verlockend. Multipliziert man alle 78.546 zwischen Rhein und Weser registrierten „Einzelhufer“ (Stand: 2010) mit den in Bad Sooden-Allendorf veranschlagten 200 Euro im Jahr, kämen in NRW mehr als 15,7 Millionen Euro mögliche Steuereinnahmen für die Kommunen zusammen. Theoretisch. Denn die Rechnung hat ihre Tücken.

Die kleinste Tücke wäre, aus den „Einzelhufern“ der Statistik erstmal alle Pferde zu filtern und Esel und Zebras herauszurechnen. Denn die sind da mit erfasst. Und für die gilt die Pferdesteuer wohl nicht. Dann wäre da noch die Reiterszene. Die sorgt für den weit größeren Wirbel.

Pferdesteuer kann Reitvereine in Existenznot bringen

Laut Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf, gebe es bis dato bundesweit nur vier Kommunen, die eine Pferdesteuer kassierten; keine davon in NRW. In mehr als 220 Kommunen, die Interesse gezeigt hatten, hatte der Reiterverband seine Einwände zur Diskussion gebracht. NRW ist das bundesweit größte „Pferde-Land“, sagt Lauterbach. Gut 350.000 aktive Reiter werden in NRW geschätzt. Eine Steuer auf Pferde klingt da lohnend, sei jedoch „zu kurz gedacht“, meint Lauterbach. „Das kann Reitervereine in Existenznot bringen“, wie in Bad Sooden-Allendorf bereits geschehen und Kommunen mehr Geld kosten, als sie einnehmen würden. „Weil Reiter sich dann eben einen anderen Stall suchen, im Nachbarort, wo keine Steuern erhoben werden“.

Der Vergleich mit der Hundesteuer verbiete sich zudem, meint Lauterbach: „Die Hundesteuer hat seit je her auch einen ordnungspolitischen Zweck“, bei Pferden ginge es nur ums Geld; Verschmutzung, Lärm und Gefährdungspotentiale seien bei Pferden kein Problem. Auch das Aktionsbündnis „Pro Pferd“, ein aus einer Facebook-Gruppe gewachsener Verein mit nach eigenen Angaben mehreren zehntausend Unterstützern, hat sich mit Argumenten gegen eine Pferdesteuer gewappnet. 75 Prozent der aktiven Reiter seien unter 21 Jahre jung; 86 Prozent der Pferde in Deutschland würden als reine Freizeitpferde gehalten; dass Reiter grundsätzlich finanziell potent seien und eine Pferdesteuer bei ihnen kaum ins Gewicht falle, sei ein Klischee, sagt die Bündnis-Vorsitzende Carola Schiller in Bönen im Kreis Unna.

Steuern bald auch auf Tennisschläger?

Reiter stoßen sich vor allem an der Begründung des Gerichts. Erstmals würde durch die Pferdesteuer „die Ausübung eines förderungswürdigen Sports besteuert“, kritisiert Soenke Lauterbach. Die Argumentation sei damit „ein Einfallstor für noch weitere Steuern“, befürchtet er. Denn laut Gericht sind privat genutzte Pferde ein Luxusgut; Kommunen dürften auf solche Pferde deshalb grundsätzlich Steuern erheben, weil sie „über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus“ gehen. Für Soenke Lauterbach eine „wahnsitzige“ Begründung: „Dann könnte demnächst auch Tennisschläger und Planschbecken besteuert werden“.

Soweit kommt es vermutlich aber nicht. Beim Städte- und Gemeindebund NRW weist ein Referent darauf hin, dass Kommunen neue Steuern erst nach erfolgreicher Prüfung durch das Innen- und Finanzministerium einführen dürfen. Und dabei müsste sich auch erweisen, dass eine Steuer deutlich mehr Geld bringe, als sie an Verwaltungsaufwand koste. Im NRW-Innenministerium habe man bis dato „keinen Antrag einer Kommunen auf Einführung einer Pferdesteuer“ vorliegen, sagt eine Sprecherin. Auch aus der Vergangenheit sei kein Antrag bekannt.

Die Stadt Remscheid hatte vor ein paar Jahren ebenfalls mit einer Pferdesteuer geliebäugelt. 750 Euro pro Pferd und Jahr waren damals im Gespräch. Reiter waren erzürnt. Mit offenbar nachhaltiger Wirkung. Kämmerer Sven Wiertz antwortet auf die aktuelle Anfrage knapp aber deutlich: „Der Rat der Stadt Remscheid hat beschlossen den Vorschlag zur Einführung einer Pferdesteuer nicht weiterzuverfolgen“.