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Ruhrgebiet: Krankheits-Welle rollt – Apotheker rufen Notstand aus! „Katastrophe“

Apotheker aus dem Ruhrgebiet schlagen Alarm. Es mangelt an lebenswichtigen Medikamenten. Selbst Kinder seien „nicht ausreichend“ versorgt.

Ruhrgebiet
© IMAGO/photothek

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Spätestens seit der Corona-Pandemie ist er einer der bekanntesten Politiker Deutschlands. Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Seit sich das Coronavirus immer breiter in Deutschland ausgebreitet hat, war Lauterbach Dauergast in den Talkshows von ARD und ZDF. Wir stellen dir den SPD-Politiker vor.

Apotheker aus dem Ruhrgebiet schlagen Alarm. Schon seit Monaten herrscht Medikamenten-Mangel in Deutschland. Ende vergangenen Jahres betraf dies vor allem Schmerzmittel und Fiebersäfte für Kinder.

Jetzt rufen Apotheker im Ruhrgebiet den Antibiotika-Notstand aus. Über Ostern spielen sich im Ruhrgebiet Dramen ab, berichtet Dr. Christina Lempka gegenüber DER WESTEN. Die Apothekerin aus Dortmund erhebt schwere Vorwürfe gegen die Politik.

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Ruhrgebiet: Antibiotika-Notstand lässt Apotheker verzweifeln

Schon seit Anfang des Jahres seien bestimmte Antibiotika kaum mehr vorrätig. „Man bekommt immer mal wieder was“, sagt die Inhaberin der Paracelsus Apotheke in Dortmund – aber eben nicht ausreichend. Sie selbst habe am Ostersonntag Notdienst gehabt, als das Ruhrgebiet von einer Scharlach-Welle überrollt wurde.

Doch das Mittel der Wahl, ein Penicillin, sei nicht mehr vorrätig gewesen. „Sind bestimmte Medikamente nicht verfügbar, können den Patientinnen und Patienten in bestimmten Fällen nur Ersatzpräparate angeboten werden, die eventuell weniger wirksam sind, aber bisweilen auch nicht vertragen werden“, warnte Ärztekammerpräsidentin Martina Wenker in diesem Zusammenhang. Doch selbst das Ausweich-Antibiotikum (Amoxicillin) sei über Ostern Mangelware gewesen.

Dr. Christina Lempka habe an diesem Tag zehn Säfte von einem Kollegen aus dem Sauerland bekommen – nicht etwa von Großhändlern. Doch am Nachmittag habe sie verzweifelte Eltern nicht mehr bedienen können. In ganz Dortmund seien Kinder danach nicht mehr ausreichend behandelt worden. Teilweise sei es zwar möglich, Präparate selbst als Tabletten herzustellen. Doch dafür bekämen die Apotheker kein Geld, wenn Ärzte die Rezepte nicht ändern.

Dortmunder Apothekerin erhebt schwere Vorwürfe

Als Gründe für die Probleme nannte die Apothekerin noch immer gestörte Lieferketten nach der Corona-Pandemie. Auch der Ukraine-Krieg sei ein Thema, weil in der Folge Verpackungsmaterialien fehlen. Schwere Vorwürfe richtet die Dortmunderin aber auch in Richtung Politik. „Für mich ist das eine Folge verfehlter Gesundheitspolitik.“ Sie problematisierte vor allem die 2007 von der Bundesregierung eingeführten Rabattverträge.

Die sehen vor, dass der Hersteller mit dem niedrigsten Preis quasi ein Monopol für die Lieferung in Deutschland bekommt. Dadurch würden andere Hersteller ihre Produktion in der Regel einstellen. Als Folge gestörterer Lieferketten aus Herstellerländern in Asien beliefern Hersteller zunächst Länder, wo sie ihre Medikamente teurer verkaufen können. Dazu zählt Deutschland nicht. Als Beispiel nannte Dr. Christina Lempka die Zehner-Packung Paracetamol für 1,5 Euro. „Was bekommt man denn sonst noch für 1,5 Euro? Wie sollen die Hersteller daran verdienen?“

Gesundheitsministerium reagiert auf Antibiotika-Mangel

Immerhin hat das Bundesgesundheitsministerium nun auf den Notstand bei antibiotikahaltigen Säften für Kinder reagiert. Der Mangel sei nicht nur als Liefer- sondern jetzt auch als Versorgungsmangel anerkannt. Dadurch könnten Landesbehörden, etwa bei der Freigabe von alternativen Chargen von Arzneimitteln flexibler Entscheidungen treffen.


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„Längst überfällig“, kommentierte der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Hans-Peter Hubmann die Entscheidung, nachdem er die Lage zuvor als „katastrophal“ eingeschätzt hatte. „Die Länderbehörden müssen nun schnell und entschlossen handeln – und ihren gesetzlichen Ermessensspielraum nutzen.“ Es sei notwendig, zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu vermeiden, wenn man auf Ersatzpräparate ausweichen könne – etwa durch Einzelimporte aus anderen Ländern. Zuletzt waren in der Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte 500 Meldungen zu Lieferengpässen von Medikamenten gelistet. (mit dpa)