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Tanken im Ruhrgebiet: Alle regen sich über die Spritpreise auf – doch dieser Wucher ist das wahre Problem

Tanken im Ruhrgebiet: Alle regen sich über die Spritpreise auf – doch dieser Wucher ist das wahre Problem

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Tanken im Ruhrgebiet ist teuer. Doch ein anderes Problem wird dabei sichtbar. (Symbolbild) Foto: imago images / Montage: DER WESTEN

Ruhrpott-Kolumne

Beim Tanken bekommen viele Autofahrer auch im Ruhrgebiet derzeit Schnappatmung. Beim Blick auf die stetig steigenden Benzinpreise an den Tankstellen schnauben viele vor Wut. Doch in der Metropolregion ist ein anderer Wucher-Preis das eigentliche Problem.

Gäbe es gute Alternativen, könnte den Menschen im Ruhrgebiet die rote Anzeigetafel beim Tanken herzlich egal sein. Der Spritpreis steigt – na und? Dann nehme ich eben die Bahn, könnten sich viele denken. Und somit auch gleich etwas für die Umwelt tun.

Tanken im Ruhrgebiet: Dieser Wucher-Preis ist ebenfalls ärgerlich

Nur so leicht ist es damit nicht getan. Denn die Preise für den Öffentlichen Nahverkehr sind immer noch so immens hoch, dass viele lieber auf das Auto zurückgreifen. Nicht nur aus Bequemlichkeit, sondern auch, um Kosten zu sparen – und das, obwohl der Preis pro Liter Benzin an der 2-Euro-Grenze (!) kratzt.

Ein Beispiel: Mit einer Freundin wollte ich am Wochenende eine andere Freundin in Köln besuchen. Nehmen wir die Bahn in Essen oder fahren wir gemeinsam mit dem Wagen? Ein Blick auf die Ticketpreise für die Zugverbindungen ließ unsere Wahl tatsächlich auf das Auto fallen.

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Für die Hinfahrt am Mittag würden wir in der 2. Klasse samstags etwa 44 Euro hinblättern, zurück kostet es uns rund 37 Euro. Pro Person also im Schnitt 40 Euro für die Fahrt in die Domstadt. Ein teurer Spaß!

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Im Ruhrgebiet spricht man „Tacheles“ und redet nicht lange um den heißen Brei herum. DER WESTEN-Redakteurin Julia Scholz beschäftigt sich in der Kolumne „Da sachste, wat Sache ist“ mit aktuellen Themen, die die Menschen im Revier bewegen.

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Beim aktuellen Benzinpreis von 1,74 Euro pro Liter wären es grob überschlagen knapp 60 Euro insgesamt. Hin- und Rückfahrt sind etwa 140 Kilometer. Wenn der Wagen im Durchschnitt sieben Liter auf 100 Kilometern verbraucht, müssten wir für etwas über 17 Euro tanken. Und dann haben wir noch großzügig die Pauschale für die laufenden Kosten wie Steuer, Abnutzung des Fahrzeugs, Versicherung etc. mit 30 Cent pro Kilometer hinzugezogen. Kommen also auf insgesamt 58 Euro. Wir sparen jeder mindestens 10 Euro.

Diese Rechnung sollte so nicht aufgehen. Bahnfahren sollte Anreize mit Schnäppchen schaffen! Sieht es innerhalb des Reviers vielleicht besser aus? Wie teuer ist eine Fahrt im Pott?

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Abends im Bermudadreieck in Bochum etwas trinken gehen? Da sollte das Auto stehen bleiben. In der Preisstufe B zahlst du für Hin- und Rückfahrt 12 Euro ab Essen. Mit dem Auto wären es in derselben Rechnung wie oben erwähnt rund 6 Euro.

Immerhin bieten beispielsweise die Verkehrsunternehmen Zusatztickets oder Gruppenfahrten an, bei denen du sparen kannst. Auch praktisch ist es, wenn dich jemand mit dem Monatsticket kostenlos mitnehmen kann. So müsst ihr euch nicht alle in ein Auto quetschen.

Bahnverkehr muss attraktiver werden

Dennoch: Bevor alle sofort losmeckern, dass die Spritpreise steigen und keiner mehr von A nach B kommen könne bei den Kosten, sollten wir lieber die Augen offenhalten und uns nach günstigen Alternativen umschauen. Denn je mehr Menschen den Nahverkehr nutzen, desto attraktiver könnte er gestaltet werden. Ganz nach dem Motto: Die Nachfrage bestimmt das Angebot.

Und dann könnten wir auch auf die gepfefferten Benzinpreise einen Moment pfeifen. Solange zumindest, bis wir dringend zur Arbeit müssen und merken, dass die Bahnverbindung zu wünschen übriglässt. Aber das ist eine ganz andere Baustelle …