Wer an der Gepäckausgabe vergeblich wartet, muss nicht für die nächsten Tage in derselben Kleidung herumlaufen. Verbraucherschützer erklären, was Urlauber zu Kofferproblemen wissen sollten.
Kehl.
Nach dem Flug ohne Koffer am Flughafen zu stehen, ist ärgerlich. Oftmals kommen die Gepäckstücke zwar noch verspätet beim Besitzer an. In seltenen Fällen bleiben sie aber verschwunden. Und mitunter, ebenfalls ärgerlich, kommen sie zwar mit dem Besitzer am Zielflughafen an, rollen aber beschädigt vom Band.
Das belegen aktuelle Daten des IT-Dienstleisters Sita , der Passagierdaten und Gepäckstatistiken der Airlines auswertet. Demnach wurden 2021 pro Tausend Passagiere 4,35 Gepäckstücke verbummelt oder beschädigt. 71 Prozent davon kamen verspätet an, 23 Prozent waren beschädigt und 6 Prozent sind ganz verloren gegangen.
Der Sita-Report zeigt auch: Bei internationalen Flügen ist das Risiko für Kofferprobleme wesentlich höher als bei Inlandsflügen.
Formular ausfüllen und Fristen beachten
Von Gepäckverlust oder Kofferschäden betroffene Urlauber sollten schon am Flughafen tätig werden und am Schalter der Airline einen sogenannten PIR ausfüllen, einen Property Irregularity Report. Darauf weist das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland hin.
Außerdem muss das verspätete Gepäck binnen 21 Tagen schriftlich der Airline gemeldet werden. Fehle das PIR-Dokument oder werde die Frist versäumt, muss die Airline unter Umständen nichts erstatten, warnen die Verbraucherschützer.
Noch kürzer ist die Frist, wenn der Koffer zwar an der Gepäckausgabe anrollt, aber kaputt ist. Denn im Fall einer Beschädigung des Gepäcks betrage der Meldezeitraum sieben Tage. Zudem muss auch hier ein PIR ausgefüllt werden.
Für Pauschalreisende und Pauschaltouristen
Wichtig für Pauschalreisende: Für sie gelten die gleichen Fristen, sie müssen den Verlust oder den Schaden aber dem Veranstalter melden. Und auch Pauschaltouristen kommen um den Gang an den Airline-Schalter nicht herum. Sie benötigen ebenfalls das PIR-Dokument.
Dieses sei der Nachweis darüber, dass die Airline für die Beschädigung oder den Verlust verantwortlich ist – also, dass der Schaden tatsächlich im Zusammenhang mit der gebuchten Reise entstanden ist, erklärt das EVZ auf Nachfrage.
Ersatz für fehlende Wäsche
Ohne Koffer zu sein, heißt am Urlaubsort in der Regel auch: keine Wechselwäsche. Nach Angaben der Verbraucherschützer dürfen Reisende aber Ersatz kaufen und sei es auch nur, wenn sie für ein paar Stunden ohne ihr Gepäck auskommen müssen. Jedoch müssen sich die Käufe auf das wirklich Notwendige beschränken. Zahnputzzeug, Unterwäsche, Badehose, Shirts und etwa Pyjamas seien unproblematisch.
Die Kassenbons für die Ersatzkäufe müssen Reisende natürlich aufheben. Außerdem sollten sie den Gepäckaufkleber vom Check-in für solche Fälle unbedingt als Nachweis parat haben.
Gut zu wissen: Bei ersatzweise gekaufter Kleidung erstatten die Airlines meist nur die Hälfte der Kosten, so das Verbraucherzentrum. Denn sie könnte danach ja noch weitergetragen werden. Geht der Koffer auf der Rückreise verloren oder kommt erst mit Verspätung zu Hause an, gibt es in der Regel keine Erstattung für Noteinkäufe.
Ausnahmen und Haftungsgrenze
Ausnahmen von dieser Regel können Rückreisen von mehrmonatigen Urlauben sein oder wenn etwa ein besonderes Kleidungsstück verloren wurde, dass man dringend benötigt – ein Smoking beispielsweise.
Die oberste Haftungsgrenze bei Gepäckproblemen liegt laut den Verbraucherschützern aktuell bei knapp 1700 Euro pro Passagier. Zahlen müssen Airlines neben notwendigen Ersatzkäufen die Dinge, die verloren gegangen sind oder beschädigt wurden. Ausgenommen von der Haftung sind aber Wertsachen wie Schmuck, Geld oder Laptops. Sie gehören ebenso ins Handgepäck wie etwa Medikamente.
Bilder vom Kofferinhalt können helfen
Zum Nachweis der verloren gegangenen Gegenstände hilft es, vor der Reise Bilder vom Kofferinhalt zu haben. Bei besonders teuren Sachen wie Designerkleidung kann es darüber hinaus hilfreich sein, wenn man dafür noch die Bons vorlegen kann.
Hinweis: Den Neupreis erstatten Airlines nur für nachweislich neue Gegenstände, so die Verbraucherschützer. Ansonsten gilt der Zeitwert, der individuell berechnet wird. Häufig zahlten Fluggesellschaften auch nur pauschale Tagessätze, die alle Kosten abdecken sollen.
Deshalb ist es umso empfehlenswerter, für den Fall der Fälle möglichst konkrete Nachweise des Kofferinhalts in Form von Fotos und Kaufbelegen zu haben. Denn: „Dass auch bei Vorlage konkreter Nachweise weiterhin auf die Tagessätze gepocht wird, kommt glücklicherweise nicht häufig vor“, schreibt das EVZ auf Nachfrage.
Gepäckversicherung für teure Wertsachen?
Übersteigt der Wert des Gepäcks die Haftungsgrenze der Airline oder hat man besonders schützenswerte Wertsachen auf Reisen dabei, kann sich eine Gepäckversicherung lohnen.
Weil diese laut des Verbraucherzentrums oft nur unter sehr engen Voraussetzungen zahlen, macht es Sinn, die Geschäftsbedingungen (AGB) vor Abschluss der Police genau durchzulesen.
Reisepreis bei Pauschalreise mindern
Interessant für Pauschalreisende: Für den Zeitraum, in dem sie auf das Gepäck verzichten müssen, können sie den Reisepreis mindern.
Laut den Verbraucherzentralen stehen Pauschalurlaubern „meist zwischen 5 und 50 Prozent das Tagesreisepreises pro Tag ohne Gepäck zu“. Bleibt der Koffer während des gesamten Urlaubs verschwunden, sei bis zu der Hälfte des Gesamtreisepreises zu erstatten.
Wer den Reisepreis mindern will, sollte den Veranstalter demnach unverzüglich über das nicht zu Verfügung stehende Gepäck informieren, empfehlen die Verbraucherzentralen – entweder direkt telefonisch oder über den Reiseleiter vor Ort. (dpa)