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Schloss Miramare bei Triest ist ein tragisches Liebesnest

Schloss Miramare bei Triest ist ein tragisches Liebesnest

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Alice Cavinato arbeitet als Kunsthistorikerin im Schlossmuseum. Foto: dpa
Es sollte das Liebesnest für Österreichs Erzherzog Ferdinand Maximilian und seine Frau Charlotte von Belgien werden. Es kam anders. Ein Besuch.

Triest. 

Selbst in der Sonne glitzert es nie – so hat die walisische Reisejournalistin Jan Morris einmal Miramare beschrieben. Und tatsächlich hat das Schloss in der Bucht von Grignano, wenige Kilometer vor der italienischen Hafenstadt Triest, etwas Melancholisches. Jedenfalls, wenn man um die Geschichte des romantischen Schlosses aus weißem Kalkstein weiß.

Ein Rückzugsort für sich und seine Frau Charlotte von Belgien sollte Miramare nach dem Willen von Österreichs Erzherzog Ferdinand Maximilian sein, dem Bruder von Kaiser Franz Joseph I. Als Oberbefehlshaber über die Marine hatte er Gefallen an Triest gefunden und 1855 den Bau von Miramare in Auftrag gegeben.

Charlotte verfällt dem Wahnsinn

Doch das Paar lebte nur vier Jahre dort, von 1859 bis 1863. Dann wurde der Österreicher zum Kaiser von Mexiko berufen, woran die Mexikaner eher weniger Interesse hatten: 1867 wurde der Habsburger hingerichtet, kurz vor seinem 35. Geburtstag.

Seine Frau Charlotte, damals 27, wurde wahnsinnig. Ihre Familie holte sie von Miramare nach Belgien, aber sie erholte sich nicht mehr. 87 Jahre alt wurde sie, fuhr aber nie wieder in das Schloss. Bis heute, so erzählt es die Legende, irre ihr Geist durch den verwinkelten Schlosspark und rufe nach Maximilian. Auch danach schien Miramare, das zur Sommerresidenz der Habsburger umfunktioniert wurde, eher Unglück zu bringen.

Reisejournalistin Morris zählt auf: Kaiserin Elisabeth, Sisi, kam regelmäßig. Und wurde in Genf erdolcht. Österreichs Thronfolger Franz Ferdinand schaute vorbei. Und wurde in Sarajevo umgebracht. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. kam zu Besuch. Und musste bald abdanken. Der Herzog von Aosta, der in den 1930er Jahren im Schloss lebte, brach nach Äthiopien auf – er kehrte nie mehr zurück.

Rund 290.000 Besucher im Jahr

Es gibt noch mehr Fälle. Ein britischer General zog es laut Morris schließlich vor, im Garten zu schlafen, um Unheil abzuwenden. Ist Miramare vielleicht das traurigste Schloss Europas?

Die Direktorin des Schlossmuseums, Andreina Contessa, findet: «Der Ort ist nicht traurig, sondern lebendig, offen und friedlich.» Sie bestätigt allerdings den Aberglauben früherer Zeitgenossen.

Heutige Besucher scheint er nicht abzuschrecken: Rund 290 000 Menschen besichtigen laut Contessa das Schloss im Jahr, die 22 Hektar große Parkanlage, die keinen Eintritt kostet, gar 800 000. «Die Leute kommen, weil sie das Liebesnest von Charlotte und Maximilian sehen wollen, diesen idealen Ort, den er erschaffen wollte», glaubt Kunsthistorikerin Alice Cavinato, die im Schlossmuseum arbeitet. «Es ist immer noch ein romantischer Ort.»

Das Besondere an Miramare: Fast alles ist original. Es stehen vielleicht nicht alle Möbel an derselben Stelle wie zu Zeiten Maximilians und Charlottes. Während des Ersten Weltkriegs wurden Teile des Inventars zum Schutz zeitweilig nach Wien verfrachtet. Aber in den 1920er Jahren wurde alles wieder zurückgebracht.

So stehen Besucher zum Beispiel in Maximilians Bibliothek, deckenhohe Regale, die Bücher darin angeordnet wie zu seiner Zeit. Vier Büsten von Weltschriftstellern – Shakespeare, Dante, Goethe und Homer – zeigen die Liebe des Erzherzogs zur Kunst. Sein Schreibtisch zeigt zur See, er steht mit dem Rücken zur Fensterfront, dahinter das grünblaue Meer. «Ich kann mir gut vorstellen, wie er da gesessen hat», sagt Kunsthistorikerin Cavinato.

Nur das grünweiße Schild, das den Notausgang ausleuchtet, deutet daraufhin, dass mehr als 150 Jahre vergangen sind. Und natürlich die Besuchergruppen auf den Teppichen, die sich den Weg durch die vielen Räume im Erdgeschoss und ersten Stock bahnen. Arbeitszimmer, Schlafzimmer, Ankleidezimmer, Ballsaal. Die orientalischen Salons waren Rauchern vorbehalten, heißt es. Im Sommerspeisesaal steht ein alter Billardtisch.

Rundgang durch das Schloss

Die meisten Besucher sind Rentner, Interesse am Adel scheint eine Generationenfrage zu sein. Niemand macht Selfies vor Maximilians und Charlottes Ehebett. Die meisten Besucher sind eher still, fast ehrfürchtig. In Charlottes Salon ziert blaue Seidentapete die Wand, in einer Glasvitrine stehen Porzellanfiguren, ein Engel, ein Papagei, lachende Chinesen. Das Schloss wirkt wie aus der Zeit gefallen.

Den imposantesten Raum, den rotgoldenen Herrschersaal, hat Maximilian ironischerweise nie selbst zu Gesicht bekommen. Der erste Stock wurde erst 1870 fertig, da war er schon drei Jahre tot.

Von den Wänden blicken heute 16 Regenten von damals auf den Besucher herab. Schon bei Tageslicht haben diese Porträtbilder etwas Gruseliges, auf keinen Fall möchte man nachts in diesem Raum sein. Am Ende steigt noch einer aus dem opulenten Goldrahmen.

Auch der verhängnisvolle Tisch, auf dem Maximilian unterschrieb, Kaiser von Mexiko zu werden, ist zu sehen. Warum ist der Erzherzog eigentlich nicht in Miramare geblieben? «Er wollte vielleicht nicht unbedingt nach Mexiko, aber Kaiser wollte er schon sein – wie sein Bruder», erzählt Cavinato.

Schloss im Besitz der Nazis

Vor allem die Franzosen drängten ihn – und ließen ihn später in dem mittelamerikanischen Land im Stich. Revolutionäre kämpften gegen die Konservativen, Charlotte reiste nach Europa und bat die Franzosen um Hilfe, auch den Papst, England. Queen Viktoria bot ein Schiff an, mit dem man den Österreicher hätte zurückholen können, selbst die Mexikaner, hätten so etwas angeboten, erzählt Cavinato. Der Monarch wählte den Tod. Das galt wohl als heroisch.

Im Zweiten Weltkrieg besetzten die Nazis das Schloss Miramare, danach wurde es zur Militärzentrale der Alliierten. Seit 1955 ist es für Besucher zugänglich. Wenn sie nicht gleich morgens kommen, müssen sie vor allem in den Sommermonaten Schlange stehen. Auch wer sich nicht für den Adel interessiert, dürfte Miramare schön finden. Der Name bedeutet so viel wie Meeresblick. Und der Blick auf die Adria ist ziemlich erholsam. Baden allerdings, heißt es auf der Webseite des Schlossmuseums, ist verboten.

Eine Parkanlage nach Maximilians Wünschen

Dafür lädt der Park zum Verweilen ein. Eine Mischung aus italienischem Garten und englischer Parkanlage sollte er nach Maximilians Wunsch sein. Der half selbst beim Bepflanzen. In Triest kennen viele Bewohner bis heute die Geschichte von Maximilian und Charlotte in Miramare, die nur so kurze Zeit dort wohnten. Eine Stadtführerin sagt: «Wir sagen immer, sie waren glücklich dort.» (dpa)

>>> Info-Kasten: Schloss Miramare

Anreise: Schloss Miramare liegt rund fünf Kilometer vor Triest und ist von der Stadt aus am schnellsten mit dem Auto oder der Buslinie 6 Richtung Grignano (ab Hauptbahnhof oder Piazza Oberdan) zu erreichen.

Öffnungszeiten und Eintritt: Das Schloss ist täglich von 9.00 bis 19.00 Uhr geöffnet und kostet regulär 8 Euro Eintritt. Bei Führungen ist eine Anmeldung erwünscht, ansonsten gibt es Audioguides in verschiedenen Sprachen, auch auf Deutsch. Der Schlosspark ist von Oktober bis Februar von 8.00 bis 16.00 Uhr geöffnet und von März bis September von 8.00 bis 19.00 Uhr. Er ist frei zugänglich.

Informationen: www.miramare.beniculturali.it/en