Waldbrände: Die Siuation in der Sächsische Schweiz
In der Sächsischen und Böhmischen Schweiz tobt der größte Waldbrand der jüngeren Geschichte. Jetzt ruht die Hoffnung auf Regen am Wochenende.
Schmilka.
Die kleine Ortschaft Schmilka an der deutsch-tschechischen Grenze wirkt wie ausgestorben. Ein Großfeuer hält die bei Urlaubern beliebte Region der Böhmischen und Sächsischen Schweiz seit Tagen in Atem.
Touristen können nicht mehr in den Ort reisen, die Straße nach Schmilka ist schon in Bad Schandau gesperrt. Während die Elbe träge dahinfließt und Rauchschwaden über den Wipfeln der steil ansteigenden Hänge wehen, durchdringt ein Geräusch die gespenstische Szenerie: das rhythmische Hacken der Löschhubschrauber. Sie nehmen Wasser aus der Elbe auf und schütten es über dem brennenden Wald aus.
«Aber jeden Tag ist die Situation hier anders»
«Würden Sie hier Urlaub machen, wenn den ganzen Tag die Hubschrauber kreisen?», fragt Frank Demmer, Technischer Leiter des Unternehmens Hitzer, das in Schmilka unter anderem das Biohotel Helvetia, Restaurants, eine Mühle und eine Brauerei betreut. Natürlich würden Gäste nun abreisen oder hätten storniert. «Wir können ja keinen zwingen, hierzubleiben oder herzukommen. Die Urlauber haben Angst um ihre Kinder und dass alles noch schlimmer wird», berichtet Demmer. Er versuche, für die Gäste ein offenes Ohr zu haben und zu beruhigen. «Aber jeden Tag ist die Situation hier anders.»
Das Biohotel Helvetia hat mehrere Beschäftigte aus dem benachbarten Tschechien. «Bei uns sieht es noch viel schlimmer aus», sagt die junge Frau hinter dem Tresen. In Ortschaften wie Hrensko oder Mezná hätten die Bewohner ihre Häuser verlassen müssen. Da habe das Feuer auch vieles zerstört. «Es sieht wirklich schlimm bei uns aus.» Dabei sei der Tourismus auch in Tschechien nach zwei Jahren Corona- Pandemie gerade mal wieder auf die Beine gekommen. Jetzt versuche man, wenigstens in Schmilka die Gäste so gut wie möglich zu betreuen.
Wer dieser Tage in der Sächsischen Schweiz Urlaub macht, braucht aber vor allem eines: Geduld. So wird Wandern etwa unmöglich, weil der Wald nicht betreten werden darf. Ein wichtiges Motiv vieler fällt dadurch für einen Aufenthalt im Elbsandsteingebirge weg. Der Tourismusverband Sächsische Schweiz versucht nun, Urlauber zum Dableiben zu bewegen. «Es gibt so viel, was man hier machen kann und was nicht vom Betretungsverbot betroffen ist», sagt Verbandschef Tino Günther und nennt etwa Dampferfahrten, den Radweg an der Elbe, einen Besuch in der Felsenbühne Rathen oder auf der Festung Königstein.
Regeneration des Waldes könnte ein Jahrhundert andauern
Richter zufolge ist die Situation in der Sächsischen Schweiz zudem differenziert. Viele Gäste, die ihre Unterkunft nicht in der vom Feuer betroffenen Region haben, würden ohnehin bleiben. «Je näher man am Brandgeschehen ist, desto größer ist die Neigung, lieber abzureisen.» Im Tourismusverband würden momentan die Drähte glühen, sagt Richters Stellvertreterin Micaela Lindheimer. Die Gäste wollten wissen, wo sie noch hindürfen. «Wir erklären vor allem, was alles geht. 99,5 Prozent der Freizeiteinrichtungen sind nicht betroffen.»
In der Verwaltung des Nationalparks Sächsische Schweiz sorgt man sich vor allem um die Vernichtung wertvoller Flächen. Denn von dem Feuer ist uralter Baumbestand in Felsrevieren betroffen. Die Steilhänge sind mit vielen Felsspalten durchzogen, Nadelstreu und Laubstreu haben in den vergangenen Jahrhunderten hier eine meterdicke Humusschicht wachsen lassen, erklärt Hanspeter Mayr, Sprecher der Nationalparkverwaltung. «Dort ist das Feuer meist schon tief im Boden. Da hilft auch eine Hubschrauberladung Wasser nicht.» Nötig wäre vor allem eine richtige Durchfeuchtung des Bodens.
Mayer zieht den Hut vor all den Feuerwehrleuten, die nun im Steilhang – mitunter angeseilt – den Brand löschen müssen. Es gebe Untersuchungen alter Brandflächen, wie sich ein Wald nach dem Feuer regeneriert: «Wir haben im Elbsandsteingebirge sandigen Boden. Er ist von Natur aus wasserarm und nährstoffarm. Hier wird die Regeneration deshalb langsamer ablaufen als in fruchtbareren Gebieten.» Frank Denner in Schmilka hat von Prognosen aus Tschechien gehört, denen zufolge sich der Wald dort erst in etwa 100 Jahren von den Schäden erholen werde.
Waldbrände im Elbsandsteingebirge hatte es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gegeben. Doch noch nie war das Ausmaß so groß wie jetzt. Der bisher größte nachgewiesene Brand wütete 1842 so ziemlich genau in jenem Gebiet, in dem das Feuer jetzt wieder ausbrach. Damals waren 236 Hektar betroffen, jetzt sind es allein auf sächsischem Gebiet 250 Hektar und in Tschechien rund 1000 Hektar. «Eine solche Dimension gab es hier noch nie», sagt Mayr. (dpa)