Krefeld. „Darüber lacht ganz Deutschland“, sagt Ailton über seinen Vetrag mit dem KFC Uerdingen. Auf einer skurrilen Pressekonferenz in Krefeld erklärt der 36-jährige brasilianische Torjäger, warum er sich trotzdem entschieden hat, künftig in der sechsten Fußball-Liga zu kicken.
Es ist erst Anfang Dezember, aber beim KFC Uerdingen gab es jetzt bereits das erste dicke Geschenk. Für 15 Uhr am Mittwoch war eine Pressekonferenz angekündigt worden. Und schon eine Dreiviertelstunde vorher tummelten sich die ersten Fans des ehemaligen Fußball-Bundesligisten, der heute allenfalls als ambitionierter Niederrheinligist gilt.
Die Fans kamen mit Schals, Trikots und Fotokameras zum Stadion an der Grotenburg und warteten. Sie warteten im Regen bei acht Grad. Sie warteten auf den Mann, der es 2004 schaffte, als erster Ausländer zum deutschen Spieler des Jahres gewählt zu werden: Ailton.
Und dann ist er – um 15.20 Uhr – endlich da. Ailton, inzwischen 36 Jahre alt, wird in einem schicken schwarzen Mercedes bis vor das Stadion gefahren. Die rund 150 KFC-Anhänger, die so lange ausgeharrt hatten, begrüßen ihn freundlich. Sie klatschen Applaus, als er aus dem Wagen steigt. Sie rufen laut seinen Namen.
Kuriose Szenerie in den Katakomben
Pressesprecher Marc Peters stellt den früheren Bremer, Schalker, Duisburger (u.a.) den Journalisten dann sogleich als „einen der größten Fußballspieler Deutschlands“ und als „Herr Ailton“ vor. Die Fotografen knipsen, was ihre Batterien hergaben, bei den Kamerateams leuchten längst die roten Lichter. Eine kuriose Szenerie in den Katakomben der Grotenburg.
Überrascht wäre wohl niemand gewesen, wenn endlich Hape Kerkeling um die Ecke gekommen wäre und das Spektakel breit grinsend aufgelöst hätte. Wie damals, als er sich für Sat1 als neuer Trainer des Grazer AK ausgegeben hatte und den Spielern Purzelbäumen anordnete und sie nach ihrer Automarke fragte. Aber in Krefeld kommt kein Kerkeling. Kein Gag. Ailton ist da. Und er bleibt. Zumindest zeigt er die Absicht – und hat einen Vertrag bis zum Sommer 2011 unterschrieben.
In fünf Jahren in der dritten Liga
Agissilaos Kourkoudialos, genannt Lakis, der Vorsitzende des KFC, ist stolz auf seinen Transfer. „Diese Medienpräsenz ist für die sechste Liga einzigartig. Die Verpflichtung von Ailton ist kein PR-Gag. Wir haben hier eine Vision – in fünf Jahren wollen wir in der dritten Liga spielen.“ Und Ailton, einst gefürchteter Bundesliga-Torjäger, zuletzt allerdings nur noch als fußballspielender Tourist in der Ukraine, Österreich, Brasilien und China unterwegs, soll dem KFC dabei helfen. Die Homepage des Krefelder Clubs, zu dessen Heimspielen knapp 1200 Zuschauer kommen, war den Tag über überlastet. Ein ganzer Verein träumt von alten, besseren Zeiten.
„Ailton hier bei uns in Uerdingen – das war unvorstellbar“, staunt Lakis selbst ein wenig über sich. „So einen Transfer gab es in den letzten hundert Jahren hier nicht und wird es in den nächsten hundert Jahren auch nicht wieder geben.“
In China muss es schlimm gewesen sein
Am Dienstagabend landete Ailton mit seiner Frau Rosalie in Düsseldorf, eine Delegation des Niederrheinligisten holte das Paar feierlich ab. Danach wurde beim Griechen gegessen, der Vertrag zwischen dem früheren Star und dem früheren Erstligisten klar gemacht. „Ich bin sehr zufrieden, wieder zurück nach Deutschland zu kommen“, sagte Ailton. „Ich war bei Topklubs in Deutschland, bei Werder, bei Schalke, beim HSV – doch zuletzt war ich lange unterwegs.“
Es muss im fremden China sehr schlimm für ihn gewesen sein. So schlimm, dass er nun sogar den Schritt in den Amateurfußball macht. „China? Ich hatte zwar einen guten Vertrag – aber das war alles nix für Ailton“, so der Brasilianer. Und die sechste Klasse, die Niederrheinliga – ist die was für Ailton? „Ganz Deutschland lacht darüber“, sagt der extravagante Stürmer. „Aber mein Vater hat gesagt, dass das egal ist. Ich danke für diese Situation. Ich muss für Uerdingen ein paar Tore schießen und dann kommt der Klub wieder nach oben.“
Wülfrath ist erster Ailton-Gegner
Ab dem 1. Januar 2010 ist er für den KFC spielberechtigt, erster Ailton-Gegner in der Niederrheinliga ist der 1.FC Wülfrath am 14. Februar. Anstatt gegen Bayern München kickt der 36-Jährige nun eben gegen den SV Hönnepel-Niedermörmter, den TV Jahn Hiesfeld oder Wülfrath. „Ich habe mich noch nicht mit den Gegnern in der Liga vertraut gemacht“, sagt Ailton. „Ich bin ja aber auch erst seit Dienstag hier. Ich habe den deutschen Fußball zuletzt nicht so sehr verfolgt.“
Uerdingens Trainer Wolfgang Maes und sein Co Ralf Kessen freuen sich selbstverständlich über ihren neuen Stürmer. „Er wird der Mannschaft gut tun. Es ist klasse, so einen super Mann dazu zu bekommen“, sagt Kessen, der aber auch erwähnt: „Eigentlich haben wir gar kein Sturmproblem.“ Der KFC liegt in der Tabelle der Niederrheinliga fünf Punkte hinter Spitzenreiter Turu Düsseldorf auf Platz fünf, hat dazu noch ein Hachholspiel in der Hinterhand. Wolfgang Maes: „Die Verpflichtung von Ailton ist der absolute Hammer!“
Beinahe wäre Ailton sogar per Hubschrauber zur Pressekonferenz direkt ins Stadion eingeflogen worden. Wie DerWesten erfuhr, hatte allerdings Wolfgang Dreßen, Geschäftsführer des Krefelder Zoos, Sorge um die Tiere und daher einen guten Grund gegen den Plan des KFC-Vorsitzenden Lakis. Der Zoo grenzt unmittelbar an das Stadiongelände.
Aber auch so war die Vorstellung von „kleines dickes Ailton“ ein Spektakel.