Buenos Aires/Kapstadt.
Die Argentinier feiern Weltfußballer Lionel Messi als neuen Diego Maradona, aber sie lieben und verehren „El Apache“, Carlitos Tevez: Der 26 Jahre alte Wusel vom englischen Premier-League-Klub Manchester City, der mit seinen beiden Toren beim 3:1 im Achtelfinale gegen Mexiko demonstrierte, dass er nicht nur mit dem Mundwerk gut umgehen kann, ist der Krieger aus dem Volk.
Geboren im verruchten Viertel Fuerte Apache von Ciudadela vor den Toren Buenos Aires, aufgewachsen inmitten von Arbeitslosigkeit, Drogen und Kriminalität, ist er ein klassischer Straßenfußballer, dem nichts in den Schoß gefallen ist. Messi ist das Gegenstück beim deutschen WM-Viertelfinalgegner. Virtuos am Ball bewegt er aber mit seiner Schüchternheit nicht die Herzen und Gemüter der Gauchos. Dafür haben die Fans am Rio de la Plata ihren Carlos Tevez, der sich alles im Leben selbst erstreiten musste.
Auch seinen Stammplatz im argentinischen WM-Team, wo er im Sturm neben Goalgetter Gonzalo Higuain den Vorzug vor Bayern Münchens Champions-League-Albtraum Diego Milito und Maradonas Schwiegersohn in spe, Sergio Agüero, erhält. „Diego kam auf mein Zimmer und sagte mir, ich weiß, dass du hier einschlagen wirst“, berichtet der Liebling der Massen.
Die Narbe bleibt
Denn nicht nur beim Trainer steht der Stürmer hoch im Kurs. Eine Umfrage unter Argentiniens Frauen ergab, dass 80 Prozent Tevez bei der WM dabei haben wollten. Nicht einmal der zweitplatzierte Messi (75 Prozent) konnte da mithalten. Schönheit kann aber nicht das Kriterium gewesen sein.
Eine Narbe, die sich vom rechten Ohr bis zur Brust herunter schlängelt, markiert sein Gesicht. Eingebrannt durch kochendes Wasser, als er ein zehn Monate altes Baby war. Eine kosmetische Operation lehnt er kategorisch ab. „Ich möchte, dass die Leute mich so mögen, wie ich bin und wie ich sie behandle“, erklärt einer, der in jungen Jahren den Hunger am eigenen Leib spürte.
Heute verdient er Millionen, dank seiner Tore für die Boca Juniors, bei Corinthians Sao Paulo sowie auf der britischen Insel bei West Ham United, Manchester United und jetzt bei den Citizens.
„Ich bin für den Fußball geboren. Wenn es nicht geklappt hätte, wüsste ich gar nicht, was ich sonst aus meinem Leben gemacht hätte“, bemerkt Tevez, der zugibt, auch über eine Musiker-Karriere nachgedacht zu haben.
Liebenswerter Giftzwerg
Seine Laune und sein Lächeln stecken an. Doch wehe, er fühlt sich ungerecht behandelt. Maradona bekam das ungezügelte Temperament zu spüren, als er gegen Mexiko seinen besten Mann auswechselte. Der 1,73 m große Giftzwerg schimpfte gestenreich, weil er sich in dem Moment als Schuldiger gefühlt habe.
Tevez ist in all seinen Klubs Titelsammler. Eine Trophäe fehlt aber noch. „Ich träume jede Nacht davon, Weltmeister zu sein“, gibt der Torschützenkönig des Olympiaturniers 2004 zu. Einen Traum, den er mit 40 Millionen Landsleuten teilt. SID