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Die Kehrseite der funkelnden Bundesliga-Medaille

Die Kehrseite der funkelnden Bundesliga-Medaille

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Duisburg. 

Ein 3:2-Erfolg gegen die Zweite von Schalke: Für die vereinslosen Spieler des VDV-Trainingscamps geht es nach dem Ende der ersten Wechselperiode erst richtig los, denn sie können auch jetzt noch verpflichtet werden.

„Im Profifußball kann manchmal alles ganz schnell gehen“ – das weiß auch Torwart Nico Pellatz, der in diesem Sommer am Trainingcamp für vereinslose Fußballspieler an der Sportschule Wedau teilnimmt. Egal ob Verletzungen, Abstieg oder Leistungsdefizit – für Profispieler kann es viele unerwartet Gründe geben, warum sie plötzlich ohne einen Verein da stehen. Und das ist eben die Kehrseite des glanzvollen Milliardengeschäfts Bundesliga. Für diese Spieler veranstaltet die Spielergewerkschaft VDV (Vereinigung der Vertragsfußballspieler) seit 2003,jedes Jahr ein Sommertrainingscamps und sorgt mit professioneller Betreuung dafür, dass die Spieler fit bleiben und sich weiterhin für Vereine empfehlen können. Wichtig für sie ist, dass sie auch noch über das Ende der Transferphase hinaus verpflichtet werden können.

Mehr als 70 Prozent der Campteilnehmer finden einen neuen Verein

Während viele Bundesligaklubs am 31. August noch einmal tief in die Geldbörse griffen, konnte sich das Team der VDV im Testspiel gegen die zweite Mannschaft vom FC Schalke 04 mit einem 3:2-Erfolg beweisen. Diese Testspiele, zu denen auch regelmäßig Scouts von Fußballvereinen kommen, sind ein wichtiger Teil des Camps.

Für 26 Spieler hat die VDV

Kapazitäten, viele Spieler haben aber die Chance nachzurücken. Dabei absolvieren die Teilnehmer in der Zeit vom 12. Juli bis zum 17. September ihre Trainingseinheiten und halten sich von Dienstag bis Freitag am Standort der VDV

, der Sportschule Wedau,

auf. Dort werden sie auf Kosten der Spielergewerkschaft untergebracht und verpflegt. Mit Lizenztrainern, Ärzten und Physiotherapeuten werden sie optimal fit gemacht.

Mit Erfolg, denn erfahrungsgemäß finden 70 bis 80 Prozent der Teilnehmer danach einen neuen Verein, meistens in Deutschland, unter Umständen bis in die fünfte Liga hinunter, aber auch im Ausland, wie der Schweiz, Portugal oder in Skandinavien. Die Herausforderung für das großes Trainerteam ist dabei, dass die Spieler bunt zusammengewürfelt sind: Unterschiedliche Spielklassen, unterschiedliche Kulturen – und für viele ist dieser Schritt ins Camp nicht einfach. „Anfangs hatte das Camp keinen guten Ruf, aber jetzt ist der Andrang groß“, so der VDV-Präsident Florian Gothe. In diesem Jahr gab es über 80 Anmeldungen. Mit Duisburg liegt das Camp für VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky „im Herzen der Region“ in der Nähe zu den Traditionsklubs, dem Düsseldorfer Flughafen und mit optimalen Trainingsbedingungen an der Sportschule Wedau.

„Das Gesamptprojekt Bundesliga aufrecht erhalten“

Nicht jeder Profispieler ist auch gleich ein Topstar, der für lange Zeit finanziell ausgesorgt hat: „Es gibt ja nicht nur die Weltstars, die nach ihrer Karriere nie wieder arbeiten müssen“ – das sagte Christian Seifert, Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung, bei der Pressekonferenz anläßlich seines Besuches im Trainingscamp. Seit 2006 besteht eine Kooperation zwischen der VDV und der Deutschen Fußball Liga (DFL). Die unberfristete Zusammenarbeit zwischen DFL und VDV hat laut Seifert das Ziel, „das Gesamtprojekt Bundesliga aufrecht zu erhalten“. Tatsächlich haben nur 10 Prozent der Fußballprofis nach ihrer Karriere finanziell ausgesorgt. „Aber das Leben geht nach dem Fußball ja weiter“, so Florian Gothe. Aus diesem Grund setzt sich die VDV für die Rechte der Fußballspieler ein: Neben dem Trainingscamp bietet die Spielergewerkschaft auch sportpsychologische Betreuung, Beratungen zu Weiterbildungsmöglichkeiten, welche rund um den Sport organisiert sind, Training im Umgang mit den Medien, juristische Beratung und medizinische Untersuchungen.

Delron Buckley und Francis Kioyo in der VDV-Startelf

In der Anfangsforamtion der VDV-Elf von Camp-Cheftrainer Uwe Fuchs gegen Schalkes U23 traf man auf zwei bekannte Gesichter aus der Bundesliga: VDV-Kapitän war Delron Buckley, der unter anderem im Trikot vom VfL Bochum, Arminia Bielefeld, Borussia Dortmund und hierzulande zuletzt in den Farben vom FSV Mainz 05 aufgelaufen ist. Auch Francis Kioyo, der ehemals auch für den 1.FC Köln und Rot Weiß Essen aktiv war, stand auf dem Platz. Beide erzielten für das VDV-Team in der ersten Hälfte einen Treffer. Das Spiel gewann der VDV mit 3:2.

Defensivspieler Quiron Löppert hatte zuletzt für den FC Vaduz in der ersten Liga der Schweiz gespielt:: „Der Schritt ins Ausland war richtig, aber dann habe ich mich im März verletzt und musste operiert werden, sodass ich fast die gesamte Rückrunde ausfiel“. Das war für ihn der Knackpunkt und so stand er ab dem 1. Juli ohne einen Vertrag da. Sein Glück: Ein Jahr zuvor hatte er bereits von der Spielergewerkschaft VDV gehört und war Mitglied geworden. „Für den Fall das man mal nichts hat. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es ein Jahr später schon Wirklichkeit werden würde“. Daher ist Löppert froh, im Camp unter Wettkampfbedingungen spielen zu können und sich Spielpraxis zu verschaffen.

Auch Nico Pellatz ist Mitglied im Trainingscamp und stand beim Testspiel gegen Schalke zwischen den Pfosten: Er ist ebenfalls seit diesem Jahr vereinslos und hat zuvor im Ausland gespielt. „Thomas von Heesen war Trainer bei meinem früheren Verein Apollon Limassol. Wegen ihm bin ich nach Zypern gegangen, doch als er aufgehört hat, hab ich meinen Vertrag vorzeitig aufgelöst“. Der 24-Jährige hatte daraufhin gute Aussichten von Mainz 05 verpflichtet zu werden. Als sich aber Stammkeeper Heinz Müller am Knie verletzte, griffen die Mainzer mit Martin Pieckenhagen auf einen erfahrenen Torwart zurück. „Schade, denn Mainz wäre topp gewesen, aber so kann es im Fußball halt gehen“. Auch für ihn ist das Trainingscamp ein Glücksfall, denn so etwas gibt es nicht überall: „Freunde von mir, die professionell Basketball spielen, haben diese Möglichkeit nicht, wenn sie keinen Verein mehr haben“.

Im Moment ist Nico Pellatz noch in Duisburg. Wohin ihn seine Karriere als nächstes führt, weiß er noch nicht ganz genau. Aber der Torwart hat schon einen Verein in Aussicht – und schließlich weiß er ja auch, dass im Fußball alles ganz schnell gehen kann.