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Die Wunden sind nicht verheilt

Die Wunden sind nicht verheilt

Essen. 

Nein, die Wunden sind nicht alle verheilt. Der Hass gedeiht weiterhin im Sumpf des Nationalismus. Der kroatische Sportminister Zeljko Jovanovic sei „eine Beleidigung des kroatischen Geistets“, gab Zdravko Mamic, Präsident des kroatischen Fußball-Klubs Dinamo Zagreb, jüngst zu Protokoll. Jovanovic habe das „Lächeln eines Schlächters“. Das Vergehen des Ministers: Er ist serbischer Abstammung.

Die Verhältnisse im Vielvölkerstaat Jugsolawien waren historisch immer schwierig, nach dem Ende des Tito-Reichs, dem Bürgerkrieg und dem Zerfall aber wurde jedes sportliche Duell, egal, in welcher Disziplin, zum Politikum, hochgejazzt zum Krieg mit anderen Mitteln.

Am gestrigen Abend standen sich in der WM-Qualifikation die Fußball-Nationalteams aus Kroatien und Serbien gegenüber. Es war eine Premiere. Sie endete mit einem 2:0-Erfolg für die Kroaten. Es war aber mehr Hoffnung als Gewissheit dabei, dass es ein sportliches Ereignis bleiben würde. Zu belastet sind die Protagonisten, zu belastet ist auch der Austragungsort. Die beiden Nationaltrainer Igor Stimac (Kroatien) und Serbiens Sinisa Mihajlovic trafen bereits als Aktive aufeinander, im Endspiel des jugoslawischen Pokals 1991 zwischen Hajduk Split und Roter Stern Belgrad. Es kam zur Eskalation, es war ein wüste Treterei – und beide Spieler flogen vom Platz. „Dieses Spiel ist keine Fortsetzung des Krieges“, gemahnte Mihajlovic seine Landsleute nun. Doch die Erinnerung daran ist allgegenwärtig – präsent auch am Austragungsort. Das gestrige Bruderduell fand im Zagreber Maksimir-Stadion statt – eben jener Arena, in der am 13. Mai 1990 ein Fußballspiel zum Mitauslöser des Krieges wurde, der den Südosten Europas ein halbes Jahrzehnt nicht loslassen sollte. Das damalige Aufeinandertreffen von Dinamo Zagreb und Roter Stern Belgrad wurde eine regelrechte Schlacht abseits des Rasens. Es gab schon weit vor Anpfiff wüste Prügeleien der verfeindeten Fangruppen, die Polizei schlug brutal zurück. Dinamo-Spieler Zvonimir Boban trat einen (vermeintlich serbischen) Polizisten in Kung-Fu-Manier um – und wurde zum kroatischen Volkshelden. Es gab Dutzende Verletzte, die Spieler von Roter Stern mussten ausgeflogen werden, das Spiel fand nie statt. Doch der Hass hatte sich Bahn gebrochen.

Auf dem Denkmal neben dem Maksimir-Stadion steht geschrieben: „Allen Fans von Dinamo, für die der Krieg am 13. Mai 1990 im Maksimir-Stadion begonnen hat und mit der Hingabe ihres Lebens am Altar der Heimat Kroatien endete.“