Samstag startet die Tour de France mit dem unter Doping-Verdacht stehenden Vorjahressieger Alberto Contador. Die Radrennfahrer werden wieder übermenschliche Leistungen zeigen, und sie werden es mit Hilfe von Doping tun. Kein Grund, sich künstlich aufzuregen, findet Monika Idems – ein Kommentar.
Essen.
Kokain, Chloroform und eine Pille, die sie ,Dynamit’ nannten: Diese Substanzen zeigten Radrennfahrer dem Journalisten Albert Londres, als er einen Artikel über das Doping bei der Tour de France recherchierte. 1924 war das. Samstag startet die Tour 2011, und wieder wird es einen Aufschrei geben, sobald die ersten Dopingfälle bekannt werden. Warum eigentlich?
Dass wir uns nicht falsch verstehen: Doping ist schlecht, für die Sportler und den Sport, muss illegal sein und geahndet werden. Und wie all die anderen schlechten Dinge wird es nicht zu verhindern sein: Wenn es um Geld, Ruhm, Ehre und noch mal Geld geht, versuchen Menschen eben, sich Vorteile zu verschaffen. Älteste Geschichte der Welt.
So alt wie die 108-jährige Tour de France ist sie sowieso, sagen Experten. Wer weiß, ob nicht noch mehr Energie darauf verwendet wird, die Doping-Methoden zu verfeinern als darauf, die Räder schnittiger und schneller zu machen? Dass sich aber irgendjemand empört gibt, dass bei einem der wichtigsten Sport-Ereignisse der Welt gedopt wird, ist überflüssig.
Man muss nicht mal was vom (Rad-)Sport verstehen. Man muss sich nur mal eine Bergetappe ansehen: Diese Leistung ist einem menschlichen Körper ohne Unterstützung nicht abzuringen, auch nicht, wenn der bis zum Limit trainiert ist. Wenn man also solche Leistungen sehen will, wenn man sehen will, wie sich Männer in Hochsommerhitze schinden, um Berge in Geschwindigkeiten raufzurasen, die die meisten Menschen auf ebenen Strecken kaum erreichen, und wenn man so was drei Wochen am Stück sehen will, darf man sich nicht wundern, dass diese Männer, ihre Betreuer und Sponsoren nachhelfen.
Wer vor der Leistung dieser Spitzensportler, vor ihrer Disziplin und ihrer Bereitschaft, sich zu quälen, Respekt hat, muss auch sehen, dass es krank ist, wenn der unbedingte Wille zum Sieg dazu führt, dass sie versuchen, mit Wachstumshormonen, EPO oder Blutdoping noch besser zu sein.
Eine Tour de France ohne Doping wird es nie geben
Schade eigentlich. Auch ohne Doping wären die Leistungen der Rad-Profis nahezu übermenschlich. Schade, dass so viele Hochleistungssportler ihren Körper so malträtieren müssen, um eine entfernte Chance darauf zu haben, wahrgenommen zu werden. Oder um in der Riege der Gedopten konkurrenzfähig zu sein. Schade auch, dass so viele die Notwendigkeit sehen, dabei mitzumachen.
Eine Überraschung ist das allerdings nicht. Auch nicht, dass nicht hinzugucken (erstmal) nichts ändern wird – weil es immer genug geben wird, die hingucken. Aber vielleicht könnten sich die dann bei der Empörung ein bisschen zurückhalten. Eine Tour de France ohne Doping wird es nie geben.