Veröffentlicht inFussball

14-Jähriger soll nach Foul 2000 Euro Schmerzensgeld zahlen

2000 Euro Schmerzensgeld nach Foul von 14-Jährigem

36638418--543x199.jpg
Ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach hat die Jugend- und Amateurfußball-Szene aufgeschreckt. Ein 14-jähriger Jugendfußballer wurde nach einem Foul zu 2000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Funktionäre fürchten eine Klagewelle.

Essen. 

Müssen Amateur- und Jugendfußballer künftig Angst haben, dass sie nach einem Foulspiel vor Gericht landen? Ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach sorgt derzeit für viel Wirbel bei den Breitensportlern. Ein 14-jähriger Jugendfußballer des TuS Grevenbroich wurde nach einem Foul im Oktober 2008 zu 2000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Durch die Aktion hatte sich der Gegenspieler von der Spielvereinigung Odenkirchen das Bein gebrochen.

Der Schiedsrichter ahndete das Foul lediglich mit einer gelben Karte und einer Zeitstrafe. Dieser Beurteilung schloss sich der Richter keineswegs an. Die Anzeige wegen Körperverletzung wurde zwar fallengelassen, die Schmerzensgeldklage hatte dagegen Erfolg. Das Einsteigen des Jungen wurde als „überhart, brutal und in keinster Weise regelkonform“ gewertet, erklärte ein Sprecher des Gerichts.

Familie legt Berufung ein

Der Gefoulte unterstellt dem Verursacher klare Absicht und hat auch heute noch mit den Folgen zu kämpfen. In einem Interview erzählt er, dass er innerlich blockiert sei und das Fußballspielen aufgegeben hat. Die Eltern des verurteilten 14-Jährigen halten die Entscheidung des Gerichts für ein Unding. Der Vater sagte, bei dem Foul habe es sich um einen normalen Zweikampf gehandelt. Die Familie hat nun Berufung eingelegt. Damit wandert der Fall vor das Oberlandesgericht Düsseldorf.

Angst vor dem Zweikampf?

Das Urteil hat die Amateur- und Jugendfußball-Szene aufgeschreckt. Funktionäre befürchten eine bundesweite Klagewelle. „Wenn man künftig nach jedem Foul, durch das eine Verletzung entsteht, verklagt wird, dann würde das ja abschrecken, überhaupt in Zweikämpfe zu gehen“, erläutert Peter Hambüchen, Sprecher des Fußballverbandes Niederrhein, die Konsequenzen. Und das betreffe dann nicht nur den Fußball, sondern auch viele andere Sportarten.

„Das Urteil kann so nicht stehen bleiben“

„Jeder Fußballer weiß doch, worauf er sich einlässt. Beim Boxen gibt es auch was auf die Nase, und der Gegner wird nicht gleich verklagt“, sagt Wolfgang Jades, Vorsitzender des Fußballausschusses im Fußball-Verband Niederrhein (FVN). Die Rechtsabteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) beschäftigt sich bereits mit dem Thema, wollte aber noch keine Stellungnahme dazu abgeben. Peter Frymuth, Präsident von Fortuna Düsseldorf, sagte in seiner Rolle als Vorsitzender des DFB-Jugendausschusses: „Dieses Urteil kann nicht so stehen bleiben“. Zudem kündigte Frymuth an, notfalls den verurteilten Spieler vor dem Oberlandesgericht zu unterstützen.

DerWesten bat den Sportjuristen Dr. Jochen Fritzweiler um eine Einschätzung: „Ohne den Fall nebst Akten genau zu kennen, ist es schwer, die Rechtslage zu beurteilen. Schließlich kann es sich auch um ein Fehlurteil handeln, welches in der Berufungsinstanz aufgehoben wird“. Eine Klageweille drohe allerdings nicht, ist der Rechtsanwalt überzeugt.

Derartige Urteile seien nichts Neues – auch wenn Jugendliche hier beteiligt sind. Der Richter stehe immer vor der Frage, zu beurteilen, ob kampfbetonte regelkonforme Härte vorliege oder eine unzulässige Unfairness – letzteres ist schuldbegründend. „Hatte der Spieler noch eine realistische Chance den Ball zu erreichen und verletzt er dann den Gegner trotzdem, muss der Verletzte das in Kauf nehmen“, so Fritzweiler.

Mahnwirkung für alle nicht versicherten Jugendlichen

In der Regel hätten derartige Klagen aber keine großen Erfolgschancen, weil oftmals der Verletzte nicht beweisen kann, dass der Gegner schuldhaft gehandelt hat. „Oft werden dann mehrere Zeugen gehört, von denen ein Teil die Partei des Verletzten einnimmt, der andere Teil sich auf die Seite des Verursachers schlägt“, sagt das Vorstandsmitglied der ARGE Sportrecht des Deutschen Anwaltsvereins. Falls es zu einer Verurteilung kommt, zahle in jedem Falle die Haftpflichtversicherung der Eltern. Die Jugendlichen sollten sich deshalb darum kümmern, dass sie wirklich haftpflichtversichert sind und die Einzelheiten mit ihrem Verein und ihren Eltern besprechen – „insofern hat das Urteil für alle nicht versicherten Jugendlichen eine Mahnwirkung“, betont Fritzweiler. (mit dapd)